Weil die Norm nicht für alle passt
18.11.2025 Muri, SchuleKarin Zumbühl und Daniel Schwenter eröffneten in Muri die Privatschule «Dein Lernweg»
Sie leben seit über zehn Jahren in Geltwil. Ihr Sohn besucht die Schule, hat wegen seiner Epilepsie aber eine Lernbeeinträchtigung. «In der Regelschule ...
Karin Zumbühl und Daniel Schwenter eröffneten in Muri die Privatschule «Dein Lernweg»
Sie leben seit über zehn Jahren in Geltwil. Ihr Sohn besucht die Schule, hat wegen seiner Epilepsie aber eine Lernbeeinträchtigung. «In der Regelschule werden nicht die Bedürfnisse aller abgedeckt», betont Karin Zumbühl. Darum lancierten sie eine eigene Privatschule. Am Samstag ist Tag der offenen Tür.
Annemarie Keusch
Keine Konkurrenz. Auch keine Kritik. Das betonen Karin Zumbühl und Daniel Schwenter immer wieder. Dass sie eine Privatschule gründen, solle nicht heissen, dass sie die Volksschule als Modell nicht gut finden. «Auch unsere Schule basiert auf dem Lehrplan 21 des Kantons Aargau.» Vielmehr sehen sie «Dein Lernweg» gar als mögliche Entlastung für die Regelschule. «Vor allem aber für die Kinder und für die Familien. Denn am Schluss sollen möglichst alle Kinder auf eine tolle Schulzeit zurückschauen. Und es gibt nun mal viele, die das nach neun Jahren Regelschule nicht tun könnten.» Wieder betont Daniel Schwenter, dass das kein Vorwurf sei. «Es fehlen nun mal die Ressourcen.» Besonders mit der integrativen Beschulung. Von Hochbegabten bis zu solchen, die dem Unterrichtstempo nicht folgen können. «Alle sind beisammen. Allen gerecht zu werden mit den jetzigen Ressourcen, das geht schlicht nicht», findet Daniel Schwenter.
Eigentlich ist Karin Zumbühl Pflegefachfrau, Schwerpunkt Kinder, und Daniel Schwenter arbeitete im Rettungsdienst. Seit vielen Jahren sind sie beruflich gemeinsam unterwegs. Vor 18 Jahren gründeten sie Kindertagesstätten und -horte im Limmattal und in Aarau. «Huetiberg» heisst ihre Firma, die mittlerweile 90 Mitarbeitende beschäftigt. Zumbühl und Schwenter nahmen zuerst als Pflegefamilie Kinder bei ihnen auf, eröffneten später eine Kindertagesstätte. «Warum? Weil der Bedarf dafür da war. Genau wie jetzt eigentlich», sagt Karin Zumbühl.
Noch ist ihr Sohn der einzige Schüler
Dass sie in Muri eine Privatschule gründeten, erfolgt genau deshalb. «In unserem Freundeskreis ist es ein grosses Thema, dass die Regelschule eben nicht für alle passt», sagt Karin Zumbühl. Sie spricht von Bedürfnissen, die nicht abgedeckt werden, «nicht abgedeckt werden können». Und sie spricht auch von ihrem eigenen Sohn.
Lernbeeinträchtigung als Folge einer Epilepsie. Zwei Jahre wurde er integrativ beschult. «Alle gaben sich grosse Mühe, aber es ist ein Problem der Ressourcen.» Ihr Sohn drohte zwischen Stuhl und Bank zu fallen.
Sonderschule und Regelschule – beides passt nicht. «Das kann nicht sein, das sollte keinem Kind passieren», ist Daniel Schwenter überzeugt. Eine Privatschule, das schien für sie die beste Lösung zu sein. «Wir hätten einen Platz gefunden. Aber morgens 1,5 Stunden hin- und abends wieder 1,5 Stunden zurückzufahren, das wollten wir ihm nicht antun.» Vor rund eineinhalb Jahren fassten sie den Entschluss: «Wir gründen selber eine Privatschule.» Seit August nun wird im ersten Stock an der Luzernerstrasse 15 unterrichtet. Dazwischen brauchte es viel Organisation, viele Abklärungen, Anfragen, Bewilligungen. Und die Räumlichkeiten wurden eingerichtet. «Sie waren vorher im Rohbau», erzählt Karin Zumbühl. Wieso sie ihre Privatschule in Muri lancierten? Die beiden leben seit über zehn Jahren in Geltwil. «So ist alles in der Nähe, und es gibt in Muri bisher kein ähnliches Angebot», sagt Daniel Schwenter. Dennoch, das erste Schuljahr startete mit erst einem Schüler – ihrem Sohn. «Noch geniesst er es», sagen die beiden und lachen. Aber er freue sich, wenn bald Gspänli dazukommen. «Er kennt unser Ziel und weiss, dass es Zeit braucht», fügt Daniel Schwenter an. Mit einer Privatschule einen schnellen Erfolg erzielen, das sei nicht realistisch. «Es wird einen langen Atem brauchen. Den haben wir aber auch.»
Vision langfristig auch für Oberstufe
Sein Kind in einer Privatschule unterrichten zu lassen, das sei schliesslich kein Entscheid, der spontan gefällt wird. Fragen gibt es viele. Karin Zumbühl und Daniel Schwenter versuchen offen zu informieren. Darüber, dass auch ihr Unterricht dem Lehrplan 21 angepasst ist. Dass natürlich Lehrpersonen angestellt seien und das Konzept erarbeitet haben. Dass der Kanton ihre Privatschule bewilligt hat und die Zusammenarbeit bestens sei. Dass in den kleinen Klassen genau das geboten wird, was Regelschulen oft nicht können: «Unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden.»
Zwei Klassen à je acht Schülerinnen und Schüler der Primarstufe, das ist aktuell die maximale Auslastung. «Die Vision sieht so aus, auch Oberstufe anbieten zu können», erklärt Daniel Schwenter. Durchschnittlich rund 2000 Franken kostet die Privatschule monatlich. «Dass sich das ganz viele Familien nicht leisten können, dessen sind wir uns bewusst.» Auch hier suchen die beiden Lösungen, etwa mittels Sponsoring. Und sie hoffen auf gesetzliche Veränderungen. «Schliesslich geben wir den Kindern eine Chance, in dieser Welt zu bestehen, die sie ohne solche Angebote nicht hätten», so Zumbühl.
Tag der offenen Tür am 22. November
Sich zeigen – die Räumlichkeiten, das Konzept, die Personen dahinter. Das wollen Karin Zumbühl und Daniel Schwenter tun. Dafür haben sie einen Tag der offenen Tür am Samstag, 22. November, 14 bis 18 Uhr, lanciert. «Wir hoffen auf viele Interessierte.» Weil sie von vielen Gesprächen in ihrem privaten und beruflichen Umfeld wissen, dass das Bedürfnis da ist. «Und weil wir felsenfest davon überzeugt sind, dass jedes Kind später auf eine tolle Schulzeit zurückschauen soll. Egal ob es spezielle Bedürfnisse hat, beeinträchtigt oder lernschwach ist.» Natürlich seien auch normal begabte Kinder willkommen. «Einfach alle, die eine Alternative suchen.»
Mehr Informationen unter: www.deinlernweg.com.

