Verantwortung beginnt oben
11.11.2025 Muri, LeserbriefeDas Spital Muri wird von einer Spitalleitung und einem Stiftungsrat geführt, deren Mitglieder wiederum von der Stifterversammlung gewählt werden. Diese besteht aus 36 Delegierten der Gemeinden der Bezirke Bremgarten und Muri, die die Interessen der Bevölkerung vertreten sollen. ...
Das Spital Muri wird von einer Spitalleitung und einem Stiftungsrat geführt, deren Mitglieder wiederum von der Stifterversammlung gewählt werden. Diese besteht aus 36 Delegierten der Gemeinden der Bezirke Bremgarten und Muri, die die Interessen der Bevölkerung vertreten sollen. Der Stiftungszweck ist klar: die medizinische Grundversorgung der Freiämter Bevölkerung sicherzustellen. Die jüngste Entscheidung, die Geburtshilfe aufzugeben, wirft daher grundlegende Fragen auf. Die Geburtshilfe ist Teil der Grundversorgung – und mit fast 20 Prozent der stationären Fälle zeigt sich deutlich, dass das Angebot einem realen Bedürfnis entspricht. Dass dieses Angebot nun gestrichen werden soll, steht für viele Bürgerinnen und Bürger im Widerspruch zum ursprünglichen Auftrag der Stiftung. Wieso setzt sich die Stifterversammlung nicht für die Bevölkerung ein?
Auch die wirtschaftlichen Argumente überzeugen kaum. Das Spital Muri erzielte in den letzten Jahren solide Resultate: eine EBITDA-Marge von 11,2 Prozent im Jahr 2021 und überdurchschnittlichen 7,3 Prozent im Jahr 2024. Mit einer Eigenkapitalquote von 71,4 Prozent gilt das Spital als finanziell sehr stabil – weit über dem Richtwert von 50 Prozent, der bereits als gesund gilt. Unter diesen Umständen wäre es nachvollziehbar gewesen, vor einer solch weitreichenden Entscheidung die Wirkung der neuen ambulanten Tarife, die ab 2026 gelten, abzuwarten und fundierte Simulationen durchzuführen. Beim Strategiewechselentscheid, wie auch heute, sind Simulationen mit dem neuen Tarif nicht abschliessend möglich. Den Fokus auf die Orthopädie zu setzen, lässt vermuten, dass finanzielle Interessen über Bevölkerungsbedürfnis und Indikationsqualität gestellt werden.
Die Reduktion von Ausbildungsplätzen in der Gynäkologie und Geburtshilfe (Assistenzärzte und Hebammen) betrifft nicht nur das Spital selbst, sondern hat auch Auswirkungen auf die gesamte regionale Gesundheitsversorgung. Der Kanton ist sich das bewusst, aber begründet seine Gleichgültigkeit damit, dass auch in anderen Kantonen Mangel an Ausbildungsplätzen herrsche. Auch bei der Umsetzung des Stiftungszwecks sieht sich die kantonale Stiftungsaufsicht nicht in der Verantwortung – respektive nur, wenn zu viel gemacht würde, nicht zu wenig. Diese verweist zudem auf den Regierungsrat, der in der Verantwortung stehen soll. Dieser delegiert die Verantwortung wiederum an die Stiftungsaufsicht. Wer soll so den politischen Behörden noch Glauben schenken?
Aus der Bevölkerung und von Mitarbeitenden sind in den letzten Monaten mehrere Rückmeldungen und Beschwerden eingegangen – auch über externe Stellen wie die Schweizerische Patientenorganisation. Viele davon betreffen die interne Kommunikation und die Art und Weise, wie Entscheidungen gefällt und vermittelt werden. Inwieweit diese
Beschwerden überhaupt bearbeitet werden, wenn sie an die Verursachenden gerichtet werden, steht offen.
Es liegt nun an der Stifterversammlung und den politischen Vertreterinnen und Vertretern, die Verantwortung wahrzunehmen und sicherzustellen, dass die Führung des Spitals dem Stiftungszweck und dem Wohl der Region verpflichtet bleibt. Das Freiämter Spital war stets der Anker der regionalen Gesundheitsversorgung – und sollte es auch bleiben.
Linda Meier, Wohlen
