Ohne Wenn und Aber
16.09.2025 Boswil, Region Oberfreiamt, Schule, FinanzenBoswil sagt einstimmig Ja zu 8,6 Millionen Franken für ein neues Schulhaus
Ohne Gegenstimme, ohne Enthaltung. Die Boswiler Stimmbevölkerung genehmigt den Baukredit für ein neues Schulhaus. Auch wenn die Perspektiven so aussehen, dass dies Folgen auf den ...
Boswil sagt einstimmig Ja zu 8,6 Millionen Franken für ein neues Schulhaus
Ohne Gegenstimme, ohne Enthaltung. Die Boswiler Stimmbevölkerung genehmigt den Baukredit für ein neues Schulhaus. Auch wenn die Perspektiven so aussehen, dass dies Folgen auf den Steuerfuss haben wird.
Annemarie Keusch
Kein kritisches Votum. Keine kritische Frage. Stattdessen gingen ausnahmslos alle Hände in die Höhe, als Gemeindeammann Michael Weber die Stimmbürger anfragte, ob sie dem Baukredit für das neue Schulhaus zustimmen. «Damit gehen wir in diesem Projekt einen riesigen Schritt vorwärts», betonte Weber. Er freue sich, auf das Projekt und schon jetzt auf die Einweihung des neuen Schulhauses. Bis dahin muss sich das Dorf aber noch gedulden. Laut Terminplan ist der Bezug des neuen Schulhauses auf Frühjahr 2028 vorgesehen. Auf drei Geschossen entsteht Platz für fünf Klassenzimmer, samt Gruppenräumen, für die Bibliothek, die Heilpädagogik, ein Lehrerzimmer, samt Vorbereitungsraum, und das Sekretariat. «Hinzu kommt, dass der Eingangsbereich vielseitig nutzbar sein wird», betonte Michael Weber. Mit dieser künftigen Raumnutzung werden Zimmer in bestehenden Schulhäusern frei. «Diese werden wir natürlich andersweitig nutzen zur Umsetzung des Lehrplans 21.»
Seit Boswil letztmals ein neues Schulhaus baute, sind viele Jahre vergangen: über 40. Ammann Weber tauchte aber noch viel tiefer in die Historie ein. 1852 sei das erste Schulhaus im Dorf gebaut worden. Das Gebäude direkt an der Zentralstrasse ist immer noch in Betrieb. «Stete Sanierung garantiert ein langes Leben», so Webers Kommentar. Während heute das ganze Gebäude als Schulhaus dient, war es ursprünglich auch Heimat für die Gemeindeverwaltung – und enthielt eine Wohnung. 1250 Einwohner zählte das Dorf damals. 1957 folgte das Schulhaus 2, samt Turnhalle, Pausen- und Sportplatz. «Boswil zählte rund 1600 Einwohner, war nicht mehr nur ein Bauerndorf, die Anzahl Vereine nahm zu», blickte Weber zurück. Schon elf Jahre später, 1969, wurde das Schulhaus 2 angebaut. Im neuen Trakt, dem Schulhaus 3, wurden unter anderem das Textile Werken, eine Aula und eine Schulküche untergebracht. Das Dorf wuchs weiter. 1984 folgte das Schulhaus 4, samt Mehrzweckhalle, Pausenplatz und Zivilschutzanlage. «Eine weitreichende Vision, die die Bedürfnisse für viele Jahre abdecken sollte.»
Schule hat andere Bedürfnisse
Nur, Boswil ist nicht nur gewachsen. Auch das Bildungswesen hat sich stark verändert. Ein Bild einer Sek-Klasse aus dem Jahr 1968 zeigts. 36 Kinder in einer Klasse. «Heute unvorstellbar», sagte auch Ammann Michael Weber. Die Lehrmethoden und der Lehrplan sind anders, die schulischen Bedürfnisse wachsen. Aber auch das Dorf, das mittlerweile über 3100 Einwohner zählt. Und diese Zahl wird weiter steigen. Viele Jahre hat der Gemeinderat an der Schulraumerweiterung getüftelt. Verschiedene Ideen und Projekte wurden vom Stimmvolk abgelehnt. Erst der Neubau eines Schulhauses direkt neben der Unterführung, anstelle der jetzigen Parkplätze, überzeugte das Volk – beim Entwicklungskonzept, beim Architektur-Wettbewerb, bei der Projektierung und jetzt beim Baukredit.
Michael Weber informierte an der ausserordentlichen «Gmeind» über weitere Details. Etwa, dass der Brunnen beim Eingang zum Foyer versetzt werde und noch mehr ins Zentrum der Schulanlage rücke. Und dass während der Bauphase nicht immer alle Parkplätze auf dem Schulareal für ausserschulische Grossanlässe genutzt werden können. Laut Terminplan erfolgt der Baustart übrigens im dritten Quartal des nächsten Jahres.
Von vielen Faktoren abhängig
Dass der Schulhausneubau für über 8,6 Millionen Franken auch finanzielle Folgen hat, erläuterte Gemeinderat Thomas Guggisberg. Samt Projektierung, Wettbewerb und Entwicklungskonzept belaufen sich die Kosten auf knapp 9,5 Millionen Franken. Über 35 Jahre müssen diese abgeschrieben werden. Obwohl dafür Geld aus einer mit gut 2,1 Millionen Franken geäufneten Vorfinanzierung verwendet werden darf, wird dies wohl Einfluss auf den Steuerfuss haben. Mit Abschreibungen, Betriebs- und Zinsfolgekosten sowie Personalkosten – für das neue Schulhaus genehmigt der Souverän an der «Gmeind» 50 Stellenprozente für Reinigung und Unterhalt – ergeben sich jährliche Kosten von rund 500 000 Franken. Teilt man diese Summe durch ein Steuerprozent – aktuell beträgt dieses in Boswil 74 600 Franken, mit einem linearen Wachstum sind es 2029 80 700 Franken – ergibt sich die Prozentzahl, um die der Steuerfuss steigen müsste: um über sechs Prozent. Guggisberg relativierte. «Es gibt verschiedene Szenarien, die das beeinflussen können.» Die Vorfinanzierung kann weiter gefüllt werden. Die Bevölkerung wird wachsen, was das einzelne Steuerprozent weiter ansteigen lässt, die Betriebskosten sind anfänglich tiefer. Neben positiven Szenarien kann es aber auch negative geben. Etwa, wenn die Zinsen steigen. «Rechnet man die positiven ein, ergibt sich eine Erhöhung des Steuerfusses um 3,7 Prozentpunkte», führte Guggisberg aus. Wie viele es tatsächlich sein werden, ist Zukunftsmusik.
Nicht letztes Grossprojekt
Aber Guggisberg betonte, dass Boswil deswegen nicht unattraktiv werde. «Mit 101 Prozent sind wir aktuell auf dem sechsten Platz im Bezirk Muri. Und selbst mit 107 Prozent wären wir nicht das Schlusslicht.» Zudem erwähnte er auch, dass der Steuerfuss vor 15 Jahren noch bei 109 Prozent stand und 1984, als das letzte Schulhaus gebaut wurde, gar bei 130 Prozent. Aber Ammann Michael Weber wies die Bevölkerung nach dem Ja zum Schulhausneubau darauf hin, dass das Entwicklungskonzept für öffentliche Bauten weitere Grossprojekte enthielt. Eine neue Turnhalle zum Beispiel. Fortsetzung folgt also.