Mehr als eine klassische Spedition
17.05.2024 Region Unterfreiamt, VillmergenDer Handwerker- und Gewerbeverein Villmergen war zu Gast bei der Planzer AG
Einmal im Jahr besichtigen die Mitglieder des Handwerker- und Gewerbevereins Villmergen das Unternehmen eines Vereinsmitglieds. So statte man diese Tage der Planzer AG einen Besuch ab. Und dabei ...
Der Handwerker- und Gewerbeverein Villmergen war zu Gast bei der Planzer AG
Einmal im Jahr besichtigen die Mitglieder des Handwerker- und Gewerbevereins Villmergen das Unternehmen eines Vereinsmitglieds. So statte man diese Tage der Planzer AG einen Besuch ab. Und dabei stellte man erstaunt fest, dass neben der klassischen Transport- und Lagerlogistik noch viele andere Dienstleistungen getätigt werden.
Britta Müller
Fast jeder kennt die blau-grünen LKWs mit dem roten Planzer-Aufsatz und weiss: Sie transportieren Güter von A nach B und lagern diese auch temporär ein. Aber gerade am Standort Villmergen passiert noch viel mehr. So werden hier etwa Waren aus der Foodsowie auch der Pharma-Branche konfektioniert und kommissioniert. Was das konkret heisst, zeigte Marco Haller, der den Planzer-Standort in Villmergen leitet, den Vereinsmitgliedern.
Gleich im ersten Stock des imposanten Gebäudes herrscht an diesem Abend geschäftiges Treiben. Bekannte Produkte wie Schoko-Riegel, Chips, aber auch Suppen, Wein und Tierfutter werden hier nach den Vorgaben der jeweiligen Kunden zum Verkauf im Einzelhandel aufbereitet. Zum Beispiel konfektioniert eine grosse, ratternde Maschine die bekannten Mini-Toblerone. Automatisiert transportiert sie die kleinen Schokoriegel über mehrere parallel laufende Fliessbänder, wiegt diese ab und verpackt sie in die bekannten gelbbeigen Tüten. Am Ende des Arbeitsprozesses passt eine Mitarbeiterin auf, dass das Arbeitsergebnis den Vorgaben entspricht. Alles andere läuft voll automatisch.
«Was wir hier machen, gibt es nur in der Schweiz»
Daneben kleben geduldig und routiniert drei Frauen kleine Stichcode-Aufkleber auf Glace-Becher. «Dieser ist für das Einscannen an der Kasse des jeweiligen Supermarktes nötigt», erklärt Haller. «Was wir hier machen, gibt es nur in der Schweiz. Weder in Deutschland noch in Österreich wird dieser Service angeboten», sagt Haller. Der Einzelhandel bekommt dann auf digitalem Weg alle notwendigen Informationen zum Preisschild und Strichcode, womit er das jeweilige Kassensystem programmieren kann.
An anderer Stelle werden Verkaufselemente aus Karton aufgebaut und mit Chips-Tüten bestückt. Genau so, wie man sie beim Einkaufen im Supermarkt neben den Verkaufsregalen oft vorfindet. Planzer nimmt also neben der Warenlogistik auch einen Teil des Verkaufsmarketings ab und liefert die fertiggestellten Warenpräsentationen an den Einzelhandel POS-gerecht aus (Point of sales). «Bei uns ist Ende Sommer Hochsaison, da kommt das Weihnachtsgeschäft und daher wissen wir auch, welche Leckereien die Kundschaft erwarten wird», erzählt Haller.
Täglich werden in Villmergen durch rund 50 LKW-Ladungen zirka 1500 Paletten angeliefert und 3500 Paletten ausgeliefert – wie kann das sein? Haller erklärt, dass dies an den kommissionierten Paletten für den Einzelhandel liegt. Hier in Villmergen werden die Waren nicht nur angeliefert und konfektioniert, sondern anschliessend je nach individueller Bestellung mit den unterschiedlichsten Produkten bestückt. Haller zeigt auf bereits fertigbepackte Paletten, bei denen die HGVV-Vereinsmitglieder klar erkennen können, dass neben Gewürzgurken, Essig und diversen Saucen auch andere Produkte zusammengestellt sind.
Vielfältiges Angebot
Marco Haller leitet als Filialleiter den Planzer-Standort in Villmergen. Er ist von der Region – in Dottikon aufgewachsen hat er die Lehre in Dintikon absolviert und war aktiver Fussballer beim FC Wohlen und FC Muri. Als er vor 20 Jahren zu Planzer kam, hat er die Transport- und Logistikbranche von der Pike auf gelernt. «Planzer ist ein Familienunternehmen», berichtet Haller. «Die Hierarchien sind schlank und die Führungskultur und das Miteinander machen manche Entscheidung sehr viel einfacher als in anderen Unternehmen.» Dadurch kann Planzer neben dem klassischen Transport- und Logistikgeschäft weitere Dienstleistungen anbieten, die unter anderem von Paket-, Fitness- bis hin zur Möbellogistik reicht. Rund 450 Mitarbeiter und auch Lernende arbeiten für Planzer am Standort Villmergen. Teilweise im Zwei- und Drei-Schicht-Betrieb. Ob in der Disposition, der Kommissionierung, der Konfektion, im Lager oder in der Fakturierung – Planzer Villmergen ist ein eigenständiges Unternehmen in der Firmengruppe. «Wir sind ein Profitcenter und somit auch für unsere Zahlen und Entscheidungen selbst verantwortlich», erklärt Haller.
Beeindruckender Einblick
Seit Anfang der 90er-Jahre gibt es den Standort Villmergen. Dieser umfasst heute eine Lagerfläche von 70 000 Quadratmetern – davon allein 59 000 Quadratmeter Lagerfläche in einem vollautomatischen Hochregal. Sechs sogenannte Regalbediengeräte (RBG), also grosse Gabelstapler, zischen zwischen den 30 Meter hohen Lagerregalen und sammeln gezielt die bestellten Waren der Kunden zusammen. Sie werden über die IT bedient – in den Fahrzeugen sitzt niemand. «Unser Personal steuert vom PC die jeweiligen Ladeprozesse», erklärt Haller, «und wenn einer dieser RGBs ausfällt, können wir selbst für die Reparatur sorgen.» Staunend und beeindruckt stehen die Vereinsmitglieder in den Gängen der Lagerbereiche, darunter auch Ruedi Walder. Er ist heute pensioniert und war einst selbst für die Transportbranche tätig. «Früher habe ich für die Oskar Setz AG und später dann die Postlogistics AG in Dintikon gearbeitet», sagt er stolz und berichtet: «Vieles ist mir bekannt und ich finde es immer noch ein enorm spannendes Geschäft.» Losgelassen hat ihn das einstige Berufsleben nicht, heute ist er immer noch aktiv und fährt für Rüebliland. Parallel organisiert er für den HGVV die Seniorenausflüge.
Die Vereinsmitglieder stellen viele Fragen, zu den jeweiligen vorgestellten Prozessen, dem Personaleinsatz, zu einem möglichen Stromausfall und auch zur Nachhaltigkeit von Planzer. Marco Haller nimmt sich Zeit und antwortet auf jede Frage – auch zum Umweltaspekt. «Viele sehen oftmals nur unseren grossen Fuhrpark und wissen nicht, dass Planzer 60 Prozent seiner Transporte über die Schiene über Zürich-Altstetten abwick elt – nachhaltiger gehts fast nicht mehr.» Und eindrücklicher, was das Leistungsangebot des Unternehmens in Villmergen betrifft, ebenfalls nicht. «Ich freue mich, dass wir heute eines unserer jüngsten Vereinsmitglieder besuchen», sagte André Hoffmann, Präsident des HGVV, und führt staunend fort: «Man sieht von aussen nicht, das hier in den grossen Gebäuden mehr als nur das klassische Speditionsgeschäft passiert.»
Und mit diesem Eindruck sprach er sicherlich für alle rund 40 Teilnehmer, die sich im Anschluss den offerierten Apéro schmecken liessen.