Geht die SVP aufs Ganze?
03.10.2025 Wohlen, Parteien, Wahlen, PolitikIn Wohlen ist nach den Wahlen vor den Wahlen – Manfred Breitschmid als Zünglein auf der Waage
Wohlen hat am Sonntag fünf Personen in den Gemeinderat gewählt. Weil er aber nicht mehr länger Ammann ist, wird Arsène Perroud das Amt nicht ...
In Wohlen ist nach den Wahlen vor den Wahlen – Manfred Breitschmid als Zünglein auf der Waage
Wohlen hat am Sonntag fünf Personen in den Gemeinderat gewählt. Weil er aber nicht mehr länger Ammann ist, wird Arsène Perroud das Amt nicht antreten. Somit ist ein weiterer Wahlgang nötig. Und auch die Frage, wer nächstes Jahr Vizeammann wird, ist noch offen.
Chregi Hansen
In den meisten Gemeinden ist nach dem Wahlsonntag Ruhe eingekehrt. Nicht so in Wohlen. Hier laufen die Drähte heiss. Innerhalb der Parteien. Aber auch zwischen ihnen. Denn in Wohlen gibt es noch zwei grosse Fragezeichen. Wer wird die Nummer 5 im Gemeinderat, nachdem Arsène Perroud die Wahl nicht annimmt? Und wer wird zum Vizeammann gewählt?
Vor allem die erste Frage hat es in sich. Denn mit Perrouds Rücktritt noch vor Amtsantritt ist der innere Ring des Parlaments plötzlich nicht mehr in der Regierung vertreten. Ohne den noch amtierenden Ammann besteht der Gemeinderat aus zwei Vertretern der SVP, einem aus der FDP und einer Vertreterin der Mitte. SP und Grüne fehlen ebenso wie die GLP, welche sich im ersten Wahlgang Hoffnung gemacht hatte auf den erstmaligen Einzug.
SVP sieht sich noch nicht am Ziel
Natürlich musste der Verzicht von Perroud vom Kanton erst abgesegnet werden, dies war aber eine Formsache. Klar ist aber auch, dass nicht einfach die Nummer 6 vom Sonntag nachrutscht (das war Olivier Parvex), sondern dass es einen neuen Wahlgang braucht. Klar ist auch, wann der Wahlgang stattfindet (siehe Kasten). Unklar ist, wer dazu abtritt. Zudem stellt sich die Frage: Überlassen die Bürgerlichen diesen Sitz einfach dem inneren Ring? Und tritt dieser geschlossen auf oder kommt es wieder zu einer Auswahl?
Bis Mittwochabend hielten sich die meisten Parteien noch bedeckt. Dann folgte die Überraschung. Die SVP Wohlen-Anglikon ist zwar stolz auf das Resultat der Wahlen, welche die Wahl von Roland Vogt zum neuen Ammann und die Wahl von Claudia Hauri als neue Gemeinderätin brachte. Doch damit hat die Partei noch nicht genug. «Die SVP Wohlen-Anglikon will weiterhin an ihrem Dreierticket festhalten und bei einer möglichen Ersatzwahl mit Manfred Breitschmid antreten», schreibt der Präsident in einer Medienmitteilung, in der er auch allen Wählern dankt. Breitschmid sei unerschrocken, führungserfahren, gut vernetzt, kenne die Vorlagen und sei somit bestens geeignet, heisst es weiter. Zudem habe er am Sonntag ein sehr gutes Resultat erhalten.
Der innere Ring im direkten Austausch
Die SVP greift also nach der Macht im Gemeinderat, könnte dann quasi im Alleingang regieren. Einziges Problem: Breitschmid selbst hat sich noch nicht entschieden, seine Kandidatur ist daher noch offen. Er will sich noch Gedanken machen, sein Entscheid wird in den nächsten Tagen erwartet. Ob die Partei bei einem Nein von ihm nach weiteren Kandidaten sucht, lässt die SVP derzeit offen.
Bei der SP allerdings geht man davon aus, dass Manfred Breitschmid antritt. «Sobald der Termin für die Ersatzwahl feststeht, wird die SP das Gespräch mit den anderen Parteien und Kandidierenden suchen – denn wir müssen jetzt Kräfte bündeln. Andernfalls droht ein dritter SVP-Sitz im Gemeinderat, was keine ausgewogene Vertretung mehr wäre», erklärt Präsidentin Laura Pascolin. Sie selbst hat der Partei bereits ihr Interesse mitgeteilt, noch einmal anzutreten. «Endgültig entscheiden wollen wir jedoch nach den Gesprächen mit den anderen Parteien», fügt sie an.
Ob die Grünen wieder antreten, ist aktuell unklar. «Wir sind im Moment im Austausch mit den anderen Parteien. Wir prüfen verschiedene Optionen und werden zeitnah eine Entscheidung präsentieren, welche Wohlen am ehesten vorwärtsbringen wird», erklärt Co-Präsident Patrick Schmid, der am Sonntag den Sitz der Partei nicht verteidigen konnte. Auch in der GLP heisst es, dass man Gespräche führe über das weitere Vorgehen. Ihr Kandidat Olivier Parvex hat am Sonntag das sechstbeste Resultat erreicht, nur ganz knapp hinter Arsène Perroud.
Mitte erteilt SVP Absage
Positioniert hat sich bereits die Mitte. «Wir sind der Meinung, dass so viele Wählerinnen und Wähler wie möglich im Gemeinderat vertreten sein sollen. Aus diesem Grund würde es die Mitte Wohlen sehr begrüssen, wenn der innere Ring eine Kandidatur für den freien Sitz im Gemeinderat stellen würde», so die Co-Präsidentin Stefanie Dietrich. Eine Unterstützung ihrer Partei für Breitschmid schliesst sie aus.
FDP wartet ab
Für die FDP wiederum ist klar, dass sie sich an der Ersatzwahl nicht mit einer Kandidatur beteiligt. «Es freut uns sehr, dass Thomas Geissmann mit einem Glanzresultat von mehr als 2000 Stimmen in den Gemeinderat gewählt wurde. Dies ist eine Bestätigung von Thomas als Person, aber auch der Werte, die wir als FDP in Wohlen vertreten», erklärt Präsident Lionel Zingg. Die Ersatzwahl für den fünften Sitz sollten die Kandidaten unter sich ausmachen, die im ersten Wahlgang nicht gewählt wurden. «Wir werden zu gegebener Zeit entscheiden, ob wir allenfalls eine Kandidatur einer anderen Partei unterstützen würden oder nicht. Die Bedingung dazu ist ein Bekenntnis zu einer nachhaltigen Finanzpolitik und das Mittragen des Kurswechsels im Gemeindehaus», so Zingg.
Vizeammann: Isler tritt an, Geissmann verzichtet
Offen ist auch weiterhin die Frage, wer in den kommenden vier Jahren als Vizeammann tätig ist. Am Sonntag hat keiner der drei Kandidaten das absolute Mehr erreicht. Zwei von ihnen haben die Wahl in den Gemeinderat geschafft und könnten zum zweiten Wahlgang antreten, wobei Sonja Isler (Mitte) deutlich vor Thomas Geissmann (FDP) lag. Für die Mitte ist klar: Sonja Isler hatte im 1. Wahlgang sowohl für das Vizeammann-Amt wie auch als Gemeinderätin das beste Ergebnis. Darum ist logisch, dass sie antritt. Thomas Geissmann winkt hingegen ab: Er tritt nicht mehr an. Er sehe keine Chance, gegen die rot-grün-schwarze Phalanx anzukommen. Damit scheint der Weg für Sonja Isler also frei. Ausser, Claudia Hauri kandidiert plötzlich ganz überraschend. Das wäre dann quasi der totale SVP-Angriff.
Ersatzwahl am 30. November
Anlässlich der Wahl vom Sonntag schaffte Arsène Perroud zwar die Wiederwahl in den Gemeinderat, wurde jedoch als Gemeindeammann für die Amtsperiode 2026/2029 abgewählt. Das Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau bewilligte mit Datum vom 29. September das Gesuch von Arsène Perroud um Entlassung aus dem Amt als Gemeinderat per 31. Dezember.
Am Sonntag, 30. November 2025, finden bereits die nächsten Abstimmungen und Wahlen (unter anderem auch Einwohnerrat und Vizeammann) statt. Es bietet sich dementsprechend an, die Ersatzwahl eines Mitglieds des Gemeinderates (1. Wahlgang) für die Amtsperiode 2026/2029 ebenfalls an diesem Tag durchzuführen. Die entsprechende amtliche Publikation mit Informationen und Details zum Anmeldeverfahren wird am Freitag, 10. Oktober, veröffentlicht.