Zwischen Freude und Bürde
07.10.2025 Jonen, Kelleramt, KunstZukunft für die Trotte Jonen
Einzig als Lagerraum dient sie noch. Mehr ist aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich. Und das Dach ist kaputt. Der Trotte in Jonen drohte das Ende. Doch das darf nicht geschehen, schliesslich steht sie unter Bestandesschutz. ...
Zukunft für die Trotte Jonen
Einzig als Lagerraum dient sie noch. Mehr ist aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich. Und das Dach ist kaputt. Der Trotte in Jonen drohte das Ende. Doch das darf nicht geschehen, schliesslich steht sie unter Bestandesschutz. Besitzerin Martina Schiffer spricht über das Dilemma und über ihre Projekte mit der Trotte. --ake
Die Trotte im Herzen Jonens ist geschützt – Martina Schiffer nimmt sich des Werterhalts an
Einst war es wirklich eine Trotte, zuletzt wurden darin Kerzen gezogen. Seit geraumer Zeit aber steht die Trotte leer. Aus Sicherheitsgründen. Seit Jahren beschäftigt sich Eigentümerin Martina Schiffer mit möglichen Projekten. Nur, das Gebäude ist geschützt. Nun wagt sie sich an ein erstes Projekt.
Annemarie Keusch
Sie möchte nicht jammern. Und sie möchte auch niemanden anprangern. Martina Schiffer will einfach aufzeigen, wie es einem als Besitzerin eines denkmalgeschützten Objektes gehen kann. Mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen hat. Und sie will aufklären darüber, wie wichtig es ist, sich bei solchen Themen gut zu informieren. Denn genau das hat sie nicht gemacht, damals. 2002 hat sie mit ihrem damaligen Mann das «Löwen»-Gebäude in Jonen gekauft. Die Trotte nebenan gehörte dazu. Nur ein paar Monate später folgte die Revision der Bau- und Nutzungsordnung im Dorf. «Wir haben schlichtweg nichts gewusst, uns nicht informiert. Wir waren jung und hatten keine Ahnung vom Thema.» Sie wussten also auch nicht, dass mit der Rechtskraft der BNO-Revision die Trotte unter Schutz gestellt wird.
Vor zwei Jahren folgte das gleiche Szenario mit dem «Löwen»-Gebäude. Natürlich wusste Martina Schiffer jetzt viel mehr. Sie versuchte, sich dagegen zu wehren, ebenfalls beantragte sie, dass die Trotte und der Spycher aus dem Schutz entlassen werden. «Ohne Chance.» Jonen habe einen der schützenswertesten Dorfkerne im Kanton Aargau. Ihre drei Gebäude gehören dazu.
Ist ihr ans Herz gewachsen
Um 1700 wurde der Spycher gebaut, um 1750 der «Löwen», um 1790 die Trotte. Der «Löwen» war bis vor wenigen Jahrzehnten ein Restaurant. Im Spycher wurde lange Zeit Getreide gelagert, zuletzt diente er als Notschlachthaus. Und in der Trotte wurde einst wirklich Fruchtsaft gewonnen. «Ich habe recherchiert. Es gab einst Rebberge in Jonen», sagt Martina Schiffer. Vor allem aber fanden in der Trotte Feste statt – Stubeten. Und auch eine Kegelbahn gabs. «Wir haben Zeichnungen am Boden gefunden, die anzeigen, wie die Kegel standen.» Als sie das Gebäude kaufte, veranstaltete auch Martina Schiffer private Feste in der Trotte. Sie stellte sie auch für das Kerzenziehen zur Verfügung. «Seit die ersten Ziegel vom Dach fielen, geht das alles nicht mehr.» Die Trotte ist ein Lagerraum geworden, der Spycher ein grosses Gartenhaus.
Mit der Zukunft der Trotte beschäftigt sich Martina Schiffer seit rund zehn Jahren. Das Gebäude steht unter Substanzschutz. Es darf also nicht einfallen. «Natürlich, ich könnte eine Blache darüberspannen, damit es nicht weiter hineinregnet», sagt sie. Aber sie wohnt direkt daneben. «Will ich jeden Tag eine Blache anschauen?» Und sie weiss, dass die Probleme mit der Feuchtigkeit nicht nur von oben kommen, sondern auch via Fundament, was die untersten Balken morsch und faul werden liess. Kommt hinzu, dass ihr die Trotte ans Herz gewachsen ist. Einfach nichts tun, das will sie nicht. Das war nie ihr Plan.
Finanzieller Ruin drohte
Trotzdem, einfach ist es nicht. Martina Schiffer liebäugelte damit, in die Trotte ein Atelier mit Seminarraum zu bauen. Kostenpunkt: 1,2 Millionen Franken. Sie plante, ein Haus im Haus zu bauen. Die Fassade zu belassen und darin ein kleines Haus zu bauen. «Wenig Licht und kaum Wohnfläche im Dachgeschoss», nennt sie die Herausforderungen. Und die Kosten: 1,8 Millionen Franken. «Ich hätte mich mit solchen Projekten in den Ruin gestürzt», gibt sie zu. Aber eben, nichts tun, das war keine Option. Seit Ende letzter Woche nun ist die Trotte eingerüstet. Das aktuelle Projekt gilt vor allem der Erhaltung der Trotte. Im Dachstock Balken ersetzen, ein Unterdach einbauen, Biberschwanzziegel verlegen, auch im Fundament wo nötig morsche Balken ersetzen. «Nur das Nötigste», sagt Martina Schiffer. Nur schon das kostet sie 220 000 Franken. Die Trotte in den Urzustand zurückzuversetzen, war auch mal ein Thema, aber die Kosten beliefen sich auf über 620 000 Franken – ohne Innenausbau.
Schritt für Schritt – es ist ihre Taktik, um der Trotte und sich selber gerecht zu werden. Ideen für eine spätere Nutzung sind da. Dass aus dem grossen, leeren und kalten Raum vielleicht doch ein Ort für private Feste oder Seminare wird. «Aber eben, zuerst müsste ich die Finanzierung wieder sicherstellen.» Martina Schiffer weiss, dass die Gemeinde Jonen an der letzten «Gmeind» einen Fonds für genau solche Projekte errichtet hat. «Natürlich werde ich entsprechende Fördergelder beantragen.» Finanzielle Unterstützung seitens Denkmalpflege darf sie keine erwarten. «Die Trotte nur erhalten zu müssen, ist der tiefste Schutz. Dafür erhält man keine Beiträge.»
Wird Liebhaberobjekt bleiben
Aber eben, Martina Schiffer will weder jammern noch jemanden anprangern. Sondern einfach aufklären. «Damit die Leute vielleicht an die Menschen denken, die hinter einem alten Haus stehen, wenn es gegen aussen nicht immer schön aussieht.» Aufklären darüber, dass es ihre Aufgabe ist, ein Gebäude zu erhalten, weil die Öffentlichkeit dies so will. «Ich als Privatperson bin zuständig dafür, ein kulturelles und historisches Bauwerk zu erhalten», fasst sie es zusammen. Auch sie würde es bedauern, würde die Trotte verschwinden. «Natürlich.» Aber es gelte, realistisch zu sein. «Ich habe das mit Architekten besprochen. Ein selbsttragendes Projekt wird hier nie realisierbar sein. Die Trotte wird immer ein Liebhaberobjekt bleiben.» Eines, das sie lieb haben muss, seit sie es 2002 gekauft hat.
Bis Ende Jahr soll das Dach saniert sein, sofern alles gut und nach Plan läuft. Dann ist ein erster, wichtiger Schritt getan. Weitere werden kommen.
Mehr Infos: www.trottejonen.ch
Kunst für die Trotte
Martina Schiffer ist Künstlerin. «Als Kreative musste ich kreativ denken», sagt sie. Dass sie mit ihren Bildern einen Teil der Trotten-Sanierung mitfinanziert, das war die Idee. Das Konzept ist einfach. Wer eine gewisse Geldsumme spendet, erhält im Gegenzug eines von Schiffers Bildern. Schon Anfang September fand ein solcher Anlass statt. Am 12. Oktober folgt der nächste. Von 10 bis 18 Uhr können Interessierte im Estrich des «Löwen»-Gebäudes mit Martina Schiffer in Kontakt treten, ihre Kunst und ihr Trotten-Projekt kennenlernen – und spenden.
Mehr Infos: www.martinaschiffer.ch.