Zu Fehlern stehen
02.07.2024 WohlenBerufsbildungszentrum Freiamt Lenzburg diplomierte 127 kaufmännische Berufsleute
Gleich zweimal durfte das Berufsbildungszentrum Freiamt Lenzburg (BBZ) im Casino seine frisch qualifizierten kaufmännischen Lehrabgänger feiern. Die 127 jungen Leute erhielten ...
Berufsbildungszentrum Freiamt Lenzburg diplomierte 127 kaufmännische Berufsleute
Gleich zweimal durfte das Berufsbildungszentrum Freiamt Lenzburg (BBZ) im Casino seine frisch qualifizierten kaufmännischen Lehrabgänger feiern. Die 127 jungen Leute erhielten ihre Diplome in zwei Gruppen. Rektor Philippe Elsener richtete in humorvoller Art ernst gemeinte Worte an sie.
Roger Wetli
«Ausreden prägen den Alltag», stellte BBZ-Rektor Philippe Elsener an der Diplomfeier fest. «Sie sind sehr bequem, aber verhindern die Problemlösung.» Noch schlimmer seien sie, wenn sie mit Lügen gepaart sind. «Dann zerstören sie das Vertrauen. Am BBZ lernen wir vieles, etwa, dass die Schüler zu ihren Fehlern stehen sollen, wenn sie etwas verbockt haben. Das ist für das Vertrauen fundamental.» Zuvor zählte der Rektor verschiedene gängige Ausreden auf: «Ich komme zu spät, weil ein Traktor vorgefahren ist, bedeutet zum Beispiel, dass man generell zu spät oder zu knapp losgefahren ist», so Elsner. «Und wenn man sich im Beruf damit herausredet, dass diese Aufgabe nicht zu seinem Aufgabenbereich zählt, heisst das, dass einem ausserhalb der Kernaufgabe nichts interessiert.» In eine ähnliche Richtung gehe «Frage doch jemand anders». «Mit anderen Worten: Ich will nicht», so der Rektor. Für ihre Zukunft als ausgebildete und diplomierte Berufsleute gab er den frisch Diplomierten auf Schweizerdeutsch den Tipp: «Stand für dini Fehler grad, denn bisch ufem richtige Pfad.»
Noch höhere Bestehensquote erhofft
Elsener, sein Lehrerkollegium und die Ausbildungsverantwortlichen der Lehrbetriebe konnten am Freitagnachmittag im Casino 127 kaufmännische Berufsleute diplomieren. Während 39 die Prüfungen zum Kaufmann und zur Kauffrau mit Berufsmaturität bestanden, waren es 88 ohne Berufsmaturität. «Die Bestehensquote lag bei rund 93 Prozent. Wir hatten eigentlich noch auf mehr gehofft», gestand Prorektor Richner mit Bezug auf die acht Personen, welche durchgefallen waren. «Es waren faire, ausgewogene Prüfungen», stellte er fest. «Ihr habt ganz viel investiert.» Neben dem Diplom noch zusätzlich qualifiziert wurden zwei Kauffrauen ohne Berufsmaturität und sieben Personen mit Berufsmaturität. Valentina Calandrino schloss ihre Lehre auf der Gemeindeverwaltung Wohlen mit einem Notenschnitt von 5.8 ab und erreicht damit das mit Abstand beste Resultat des BBZ.
Cool bleiben trotz Kritik
Die Leistungen der jungen Berufsleute würdigte der Wohler Gemeinderat Roland Vogt mit seiner Ansprache: «Die Politik forciert zwar den Weg über das Gymi und die Kantonsschule. Sie haben sich dagegen für eine Berufslehre entschieden.» Er sei überzeugt, dass die Schweiz in den letzten Jahrzehnten wirtschaftlich so erfolgreich unterwegs gewesen sei, weil es über ein duales Bildungssystem verfüge. «Die Berufslehre ist mit ein Grund, wieso unser Land durch eine so tiefe Arbeitslosigkeit geprägt ist.»
Als Vater von drei erwachsenen Kindern wandte sich Vogt an die Eltern der Diplomanden und erinnerte diese an die letzten 18 Jahre zurück. Er betonte dabei die immer wiederkehrenden Unsicherheiten, was den Nachwuchs und das eigene Verhalten angeht.
«Heute sitzen Sie hier im Casino ganz entspannt und sind stolz auf Ihre Tochter oder Ihren Sohn. Vieles ist vergessen. Ihr Kind wird bald volljährig. Damit haben Sie noch weniger Einfluss, aber die Sorgen bleiben. Geniessen Sie aber jetzt den heutigen Tag und zeigen Sie Ihrem Kind, wie sehr sie sich freuen.» Die frisch diplomierten Berufsleute motivierte er, ihren Weg zu gehen. «Was Sie zukünftig machen, spielt keine Rolle. Machen Sie es richtig und aus Überzeugung und halten Sie an Ihren Zielen fest», so Vogt. «Und bleiben Sie cool, wenn sich die Politik und Wirtschaft zwischendurch etwas abschätzig über die Z-Generation äussert. Sie werden Ihren Weg machen. Sie sind die Zukunft in unserem Land.»



