Wieder vollgetankt mit Motivation
22.12.2023 Boswil, Region OberfreiamtNach langer Pause besuchten Franziska Schiltknecht und Reinhard Strickler ihr Hilfswerk wieder
Seit 2006 haben insgesamt 280 junge Männer in Matale, Sri Lanka, das Schreinerhandwerk gelernt. Und das dank dem Hilfswerk «Bridge» der Boswiler Reinhard ...
Nach langer Pause besuchten Franziska Schiltknecht und Reinhard Strickler ihr Hilfswerk wieder
Seit 2006 haben insgesamt 280 junge Männer in Matale, Sri Lanka, das Schreinerhandwerk gelernt. Und das dank dem Hilfswerk «Bridge» der Boswiler Reinhard Strickler und Franziska Schiltknecht. Nach vier Jahren Unterbruch konnten sie kürzlich wieder bei einer Abschlussfeier dabei sein.
Annemarie Keusch
Alles verziert. Alles geputzt. Blumen rund um das Willkommensschild. Die Werkstatt ausgeräumt, damit dort die Zeremonie stattfinden kann. Die schönsten Kleider angezogen. Die Frisur sitzt. Wie man sich eben vorbereitet, wenn hoher Besuch kommt. «Für sie sind wir wie Könige. Manchmal ist es fast zu viel», sagt Reinhard Strickler. Aber die jungen Männer, die nun ihr Schreinerlehrjahr abgeschlossen haben, wissen eben, wem sie das zu verdanken haben. Und das Diplom in der Hand ist der Weg in eine vielversprechende Zukunft. Reinhard Strickler und Franziska Schiltknecht wissen: «Einige sind selbstständig, einige sind angestellt, andere arbeiten in anderen Berufen. Die Quote jener, die es schaffen, ist gross.» Selbstverständlich sei das nicht. Denn schliesslich sind es die Ärmsten, die hier in den Genuss einer Schreinerausbildung kommen. Oder jene, die bisher den Weg ins Leben nicht wirklich gefunden haben. «Drogen, Alkohol, Gewalt. Auch solchen Männern eine zweite Chance zu geben, das ist uns wichtig», sagt Franziska Schiltknecht.
Auch für diese Abschlussfeier seien wieder einige Ehemalige gekommen, um von ihrem weiteren Weg zu berichten. «Das ist für uns wichtig und es motiviert. Was wir hier machen, hat Zukunft und ermöglicht für die jungen Männer und ihre Familien Zukunft.»
Qualität massiv verbessert
Dass dem wirklich so ist, das haben sie nun wieder mit eigenen Augen gesehen. Nach vierjährigem Unterbruch – vor allem pandemiebedingt – reisten Strickler und Schiltknecht wieder nach Sri Lanka. «Trotz Fotos, trotz schriftlichem Kontakt fehlte vorher etwas», sagt Reinhard Strickler. Einmal jährlich reisten er und seine Frau vorher immer nach Matale. «Schliesslich steckt unser Herzblut in diesem Projekt und viele Leute vor Ort sind unsere Freunde geworden», ergänzt Franziska Schiltknecht. Vor Ort, wenn sie den Stolz in den Augen der Lehrabsolventen und ihrer Eltern sehen, wird ihnen bewusst, wofür sie Jahr für Jahr Spenden sammeln und immer am Ball bleiben. «Zu sehen, was möglich ist, das ist die grösste Motivation, weiterzumachen.»
Schön, herzlich, bereichernd sei die Woche an der Schreinerschule gewesen. Voller Stolz hätten die Lernenden ihnen ihre Abschlussarbeiten präsentiert. «Der Stil ist anders als bei uns, aber das ist auch gut so. Und die Qualität hat sich mit den Jahren massiv verbessert», meint Reinhard Strickler, der selber als Schreiner tätig war. Mit der ganzen Schule unternahmen sie einen Ausf lug zu den Veddas, den Ureinwohnern Sri Lankas. «Viele der Lernenden kannten diese Region überhaupt nicht. Sie stammen aus derart armen Familien, dass Reisen auch innerhalb des Landes kein Thema ist», weiss Reinhard Strickler.
Imposante Rhetorikkultur
Seit 2006 gibt es die Schreinerschule in Matale und das Hilfswerk Bridge der beiden Boswiler. 280 Lernende haben das Lehrjahr bisher abgeschlossen. «Die Nachfrage ist nach wie vor riesig», sagt Reinhard Strickler. Gleiche Lernstätten für andere Berufe wären mehr als willkommen. Wie gut es vor Ort, auch dank der Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation «Sarvodaya», läuft, zeigt auch die Tatsache, dass der Lehrmeister von Anfang an dabei ist und auch trotz Pensionierung nicht ans Aufhören denkt.
Und es wird deutlich, wenn Schiltknecht und Strickler von der Stimmung an der Abschlussfeier erzählen. Von den vielen Ansprachen, die teilweise gar gesungen werden. «Sri Lanka hat eine grosse Rhetorikkultur», betont Franziska Schiltknecht. Von den stolzen Eltern und Söhnen, wenn diese ihr staatlich anerkanntes Zertifikat in den Händen halten. Vom stolzen Lehrmeister. Und natürlich hielten auch Strickler und Schiltknecht eine Rede. «Sie wurde übersetzt, denn Englisch versteht fast niemand.» Der Versuch, an der Schule neben dem Schreinerhandwerk auch die englische Sprache zu vermitteln, wurde schnell abgebrochen. «Die Sprachbarriere ist schade, aber in vielen Situationen versteht man sich auch ohne Worte. Ein Lächeln, ein Blick, eine Umarmung – da braucht es keine Worte.»
Treue Spender
Fast ein Jahr dauert die Ausbildung an der Schreinerschule. Neben dem Handwerk wird ihnen auch sonst einiges auf den Lebensweg mitgegeben. «Sie schlafen etwa alle im selben Zimmer, müssen lernen, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Fleiss, Ehrlichkeit, Respekt, das sind Werte, die ihnen vermittelt werden.»
Von 2006 bis 2023, verändert habe sich einiges. Der Unterricht, die Qualität, der technische Fortschritt – dank «Bridge» können auch immer wieder neue Werkzeuge und Maschinen angeschafft werden. «Aber im Grundsatz ist es noch immer das Gleiche, jungen Männern einen Start in ein Berufsleben zu ermöglichen», betont Reinhard Strickler. Von Konstanz sprechen er und seine Frau auch, wenn sie über Spenderinnen und Spender reden. «Es gibt viele, die uns seit dem ersten Jahr unterstützen. Dafür sind wir sehr dankbar.» Und nicht einen einzigen Franken dieses Spendengelds haben Schiltknecht und Strickler für ihre Reise nach Sri Lanka gebraucht. «Das zahlen wir alles selbst, vom Flug bis zu den Hotels», betonen sie. Der einen Woche in der Schreinerschule im Herzen der Insel hängten sie zwei Ferienwochen an. «Wir waren auf Safaris und genossen die Vielfalt an Natur und Tieren», sagt Strickler. Das Fotografieren ist eine seiner grossen Leidenschaften, die Faszination für andere Kulturen teilt er mit seiner Frau.
Mehr Informationen und Spendendaten: www.bridge-sl.ch.