Sabrina Salm, Redaktorin.
Ich bin eine überzeugte Anhängerin der kurzen, herzlichen Drückung. Keine Serienumarmerin, die wildfremde Menschen auf der Strasse anspringt – obwohl zugegeben, manchmal bin ich regelrecht in einem ...
Sabrina Salm, Redaktorin.
Ich bin eine überzeugte Anhängerin der kurzen, herzlichen Drückung. Keine Serienumarmerin, die wildfremde Menschen auf der Strasse anspringt – obwohl zugegeben, manchmal bin ich regelrecht in einem Umarmungsrausch. Doch meist habe ich mich im Griff. Selbstverständlich auch bei der Arbeit. Spätestens seit Corona hat die Umarmung in meinem Privatleben aber an Bedeutung gewonnen. Früher waren es bei der Begrüssung von Familie, Freunden und Bekannten die drei Küsschen linksrechts-links (meistens mit leichtem Nasenrempler), heute greife ich lieber direkt zu den Armen. Es ist wärmer als ein Händedruck und trotzdem diskreter als die Küsschen, weniger formell und geht schneller, ohne an Herzlichkeit zu verlieren. Sie ist universal und kann sowohl tröstend wirken als auch Freude ausdrücken.
Die Wissenschaft bestätigt ebenfalls, dass die kleine Geste grosse Wirkung hat: Beim Umarmen schüttet der Körper Oxytocin aus – das sogenannte «Kuschelhormon». Das Hormon fördert Vertrauen und Verbundenheit. Das gilt nicht nur für romantische Beziehungen, sondern auch für Freundschaften, Eltern-Kind-Bindungen oder Teamgeist. Neben der Ausschüttung von Oxytocin haben Forschungen noch einige weitere spannende Wirkungen von Umarmungen gefunden. Manche klingen fast nach Zauberei, sind aber belegt. So aktivieren sie den Parasympathikus – den «Ruhenerv». Sie kann Endorphine freisetzen und damit ein natürliches Schmerzmittel sein. Studien der Carnegie Mellon University in Pittsburgh zeigten, dass Menschen, die regelmässig umarmt werden, seltener krank werden oder milder erkältet sind. Die Erklärung: Körperliche Nähe reduziert Stresshormone, und ein entspannter Körper kann sich besser gegen Viren und Bakterien wehren. Es erhöht Serotonin und Dopamin und macht so einfach glücklicher und gelassener.
Ja, nicht alle mögen sie. Manche fühlen sich bedrängt. Das respektiere ich – würde behaupten, merke ich auch – und komme gar nicht auf die Idee, meine Arme auszustrecken. Aber für mich bleibt sie ein kleiner Luxus im Alltag. Ein bisschen Wärme, ein Stück Nähe, ein Lächeln ohne Worte – ein kostenloses, nebenwirkungsfreies Multivitaminpräparat für Körper und Seele.