«Wenn sie uns sehen, sind sie weg»
10.11.2023 WohlenRegionalpolizei Wohlen: Kontrolle der E-Scooter im Mittelpunkt der Aktion «Electra»
Die E-Scooter-Welle rollt heran. Dabei werden ziemlich viele Vorschriften von den Jugendlichen missachtet. Nun startete die Repol Wohlen die zweiwöchige Aktion ...
Regionalpolizei Wohlen: Kontrolle der E-Scooter im Mittelpunkt der Aktion «Electra»
Die E-Scooter-Welle rollt heran. Dabei werden ziemlich viele Vorschriften von den Jugendlichen missachtet. Nun startete die Repol Wohlen die zweiwöchige Aktion «Electra». Erster Brennpunkt war das Schulhaus Bünzmatt.
Daniel Marti
«Eigentlich», sagt Einsatzleiter Christian Heinzer auf dem Weg zum Einsatzort, «ist das ein richtig schöner Morgen.» Die ersten Sonnenstrahlen blinzeln durch die dicken Wolken. Sonnenaufgang am Montagmorgen. Aber insgesamt vier Repolmitglieder, aufgeteilt auf zwei Patrouillenfahrzeuge, haben keine Zeit für die überraschend schönen Landschaftsbilder. Der Auftrag wurde morgens um 6.30 Uhr nochmals kontrolliert, kurz vor 7 Uhr ist Abfahrt. Der Weg ist kurz. Vom neuen Repolposten an der Wilstrasse zum Schulhaus Bünzmatt. Am Mattenhofweg und am Sorenbühlweg, bei den beiden Veloständern des Schulzentrums Bünzmatt, werden die Posten bezogen. Die Aktion «Electra» ist angelaufen.
Diese Zeitung durfte bei «Electra» exklusiv dabei sein, Einblick gewinnen in die Problematik der E-Scooter, die im Verkehr überhandnehmen und ein echtes Problem darstellen. «Sie sind ein grosses Ärgernis», sagte Marco Veil, Chef der Regionalpolizei Wohlen, kürzlich (siehe Ausgabe vom 10. Oktober).
Dann sind sie sofort weg …
Es ist kurz nach sieben Uhr. Die Schulhäuser erwachen langsam, die ersten Lehrpersonen kommen zur Arbeit. Ein leises «Grüezi» am frühen Morgen zum Wochenstart. Das Repol-Fahrzeug ist leicht versteckt, aber man darf die Polizisten durchaus sehen. Auch polizeiliche Präsenz bewirkt etwas.
Stille und Ruhe. Vorerst. Manchmal passiert es, dass halt nichts geschehe, sagt der Einsatzleiter. Kaum gesagt, fährt ein junger Lenker mit einem Elektroroller zu, 100 Meter entfernt vom Polizeiwagen, er parkt sein Gefährt und marschiert sofort weg vom Geschehen, nur weg von den Gesetzeshütern. Der Einsatzleiter zügig hinterher. Erwischt, gestellt, befragt, kontrolliert. Kurzes freundliches Gespräch mit Belehrung. Alles okay. Ausnahmsweise.
Und der nächste E-Scooter rollt auf der Allmendstrasse heran. Die Leuchtweste des Polizisten wirkt wohl wie ein Alarmzeichen. Der junge Mann wendet, biegt ab in die Badi und kommt wenig später gemütlich und spazierend zur Schule. «Den stellen wir», sagt ein Polizist. Gemeinsam geht es zurück zur Badi, dort wird der E-Scooter entdeckt und kontrolliert. Aber es ist das eingetroffen, wovor Einsatzleiter Heinzer vor dem Übungsstart gewarnt hat. «Wenn sie uns sehen, sind sie sofort weg und warnen ihre Kollegen auf allen möglichen Kanälen.» Das digitale Netzwerk läuft heiss an diesem Montagmorgen rund ums Bünzmatt.
Zu jung, zu schnell und ohne Ausweis
Und es sind fast alles männliche Jugendliche, die mit ihren E-Scootern, Elektrotrottinetts und Elektrorollern, der Repol ins Netz gehen. Und was macht Probleme oder was wird nicht beachtet? Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 20 km/h. E-Scooter dürfen generell erst ab 14 Jahren gefahren werden. Und zwischen 14 und 16 Jahren ist der Führerausweis der Kategorie M, der Töff li-Führerausweis, erforderlich. Viele E-Scooter-Lenker sind zu jung oder haben keinen Führerausweis. Und kurven trotzdem dort herum, wo es ihnen gerade passt, in der Regel erst noch zu schnell. Auf dem Trottoir haben sie beispielsweise nichts zu suchen. Die Schulhäuser und der Bahnhof sind in Wohlen die Hotspots.
Zurück zum Einsatzort am Mattenhofweg. Dort herrscht eine grössere E-Scooter-Frequenz als am Sorenbühlweg. Auf einen Schlag werden gleich vier Jugendliche von der Repol gestoppt. Das ganze Programm: Fahrzeugkontrolle, Personalien aufnehmen, Belehrung, E-Scooter auf die Rolle, Verstoss aufzeigen, Eltern benachrichtigen. Kaum haben die ersten beiden ihre Personalien angegeben, hängen sie schon am Handy. Kollegen warnen, das Bünzmatt-Gebiet meiden.
Broschüre gibt Auskunft
Auch wenn sich die Jugendlichen oft unwissend stellen, haben sie mit dieser Masche bei der Regionalpolizei keine Chance. «Ausreden ziehen nicht», sagt Einsatzleiter Christian Heinzer, «alle Schulen in unserem Einzugsgebiet haben die kleinen Broschüren bekommen.» Dort steht alles Wesentliche drin über die E-Scooter. «Keiner soll mir sagen, er wisse nicht Bescheid.»
Auch das wird in den persönlichen Gesprächen mit den Jugendlichen erwähnt und ausdiskutiert. Wenn es sein muss, dann auch in einer Fremdsprache. Kommt es zur Anzeige, dann hat jedoch die Jugendanwaltschaft in Aarau das entscheidende und letzte Wort.
Die Aktion «Electra» hat am Montagmorgen die Schülerinnen und Schüler, welche in die ersten beiden Schulstunden starten, ins Visier genommen. Später am Morgen macht es keinen Sinn mehr. Dann sind alle gewarnt. Und die beiden Patrouillen können den Rückweg angehen. Erste, wohlverdiente Pause. Zeit für eine erste Analyse.
«Nur schon die Präsenz ist wichtig»
Am ersten Einsatzmorgen der Aktion «Electra» wurden rund ums Schulhaus Bünzmatt 15 E-Scooter samt Lenker kontrolliert. Es kam zu vier Anzeigen bei der Jugendanwaltschaft und zu diversen Telefongesprächen mit Eltern. Fahren ohne Berechtigung, also ohne Töffli-Führerschein, ist der Grund für die Anzeigen. Und ganz viele Belehrungen wurden von den Mitgliedern der Regionalpolizei getätigt. Diesen Umfang habe er ungefähr erwartet, sagt Repolchef Marco Veil. «Wir haben in diese Richtung relativ lange nichts unternommen. Darum ist auch unsere Präsenz wichtig.»
Die Übung «Electra» hat zudem auch ihren wertvollen präventiven Charakter. «Die jungen Leute wissen nun, dass wir E-Scooter vermehrt kontrollieren.» Auch das werde Wirkung zeigen.
Die Repol Wohlen war betreffend «Electra» am Montagmorgen und am Mittwochmittag unterwegs. Und sie wird in dieser Sache auch nächste Woche Präsenz markieren.
Noch ein Wort von Repolchef Marco Veil zu den diversen Jungs, die sofort die Flucht ergriffen haben. «Auch das ist ein Zeichen. Denn sie wissen, dass sie illegal unterwegs sind.»
Sinnvoll und unterstützend
Knapp eineinhalb Stunden war das Schulzentrum Bünzmatt der Zielort der Regionalpolizei Wohlen. Bei der Aktion «Electra» wurden verschiedentlich Schülerinnen und Schüler angehalten und kontrolliert. Es sei der eine oder andere Jugendliche dann zu spät zur Schule gekommen oder habe gleich den gesamten Schulmorgen streichen lassen, hiess es auf dem Gerüchteweg. Roman Bucher, Schulleiter Oberstufe Bünzmatt, sieht jedoch keinerlei Probleme. «Wir begrüssen als Schule die Kontrollen der Polizei und nehmen sie als sinnvoll und unterstützend wahr», sagt Bucher auf Anfrage. Der Einsatz der Regionalpolizei Wohlen sei in der Schule kein grosses Thema gewesen. «Und allfällige Absenzen oder das Zuspätkommen einzelner Schülerinnen und Schüler wurden nach den bei uns geltenden Regeln behandelt.» --dm