Weil das Bedürfnis da ist
03.10.2023 Kelleramt, OberlunkhofenBei der Jugendarbeit Kelleramt gehört der Graffiti-Workshop zum festen Programm
Sich kreativ austoben mit einer Spraydose. Und das unter den Augen eines Graffiti-Künstlers. Das ermöglicht die Jugendarbeit Kelleramt regelmässig. Valentina Maksimovic ...
Bei der Jugendarbeit Kelleramt gehört der Graffiti-Workshop zum festen Programm
Sich kreativ austoben mit einer Spraydose. Und das unter den Augen eines Graffiti-Künstlers. Das ermöglicht die Jugendarbeit Kelleramt regelmässig. Valentina Maksimovic erklärt, wie wichtig dies ist, um illegale Schmierereien zu verhindern. Denn im Workshop wird nicht nur gesprayt, sondern auch über Regeln gesprochen.
Annemarie Keusch
In Lösungen denken, anstatt in Problemen. So formuliert es Valentina Maksimovic, Sozialpädagogin in Ausbildung und Mitarbeiterin bei der Jugendarbeit Kelleramt. Graffiti-Workshops anzubieten, das ist eine dieser Lösungen. «Prävention», nennt es Valentina Maksimovic. «In solchen Kursen wird den Jugendlichen erzählt, was Graffiti überhaupt sind. Viele kennen nur das Wort, aber die Geschichte dazu nicht», weiss sie. Und diese Hintergründe liefern jene, die in der Graffiti-Szene unterwegs sind, anerkannte Künstler. Stefan heisst jener an diesem Workshop. Mehr will er über sich nicht verraten. «Noch immer werden wir polizeilich observiert», sagt er.
Und genau da ist die Grenze zu dem, was für viele ein Problem ist. Graffiti sind nicht nur dort angebracht worden, wo das legal ist. Güterwaggons, Schallschutzmauern, Brückenpfeiler – gesprayt wird an vielen Orten auch illegal. Im Kelleramt kennt man diese Thematik auch, weiss Valentina Maksimovic. «Gerade in den letzten Wochen und Monaten waren diese Schmierereien wieder sehr aktuell.» Das spüre man auch im Jugendtreff, wenn die Jugendlichen vermehrt darüber sprechen. «Entsprechend war für uns klar, dass wir wieder einen Graffiti-Workshop durchführen», sagt sie. Diesen organisiert die Jugendarbeit regelmässig, mindestens einmal jährlich. «Es ist unsere Aufgabe, die Jugendlichen dort abzuholen, wo ihre Interessen liegen», betont sie.
Pumphäuschen ist sehr wichtig
Und diese liegen offensichtlich im Kreativsein, darin, sich künstlerisch auszuleben. «Mit dem Workshop wollen wir ihnen Platz dafür geben, ihnen aber auch die Regeln der Szene vermitteln.» Respekt ist dabei ein wichtiges Wort. Valentina Maksimovic weiss: «Gesprayte Bilder, die mit einem Datum versehen sind, dürfen rund drei Monate nicht übersprayt werden.» So wird es auch beim Pumphäuschen in Rottenschwil gehandhabt, wo die Jugendarbeit eine Wand als «Hall of Fame», als Ort, wo legal gesprayt werden kann, nutzen darf. Die Voraussetzungen sind niederschwellig: einen Workshop besuchen und sich mit der Jugendarbeit absprechen. Für Valentina Maksimovic ist klar: «Es ist wichtig, dass es solche Orte gibt, wo legal gesprayt werden kann. Dafür sind wir sehr dankbar. Und die Erfahrungen sind fast ausschliesslich positiv.» Ab und zu komme es vor, dass Bilder zu früh übersprayt werden. Die Jugendlichen nur zu vertreiben, ihnen das Sprayen zu verbieten, das könne die gegenteilige Wirkung haben, als man sich wünsche.
Aber eben, das Sprayen ist an vielen Orten illegal. «Auch das wollen wir den Jugendlichen vermitteln», sagt die Sozialpädagogin in Ausbildung. Bevor an diesem Mittag zuerst zum Bleistift und nachher zur Spraydose gegriffen wird, wird also informiert. «Auch darüber, was es für Folgen haben kann, wenn sie sich nicht an Regeln halten, etwa für die Lehrstellensuche», erklärt Valentina Maksimovic.
Türen stehen am 18. November offen
Fünf Jugendliche sprayen an diesem Mittag vor dem Jugendtreff in Oberlunkhofen auf grosse Platten. Alle arbeiten an einem Buchstaben. Das Wort, das daraus entsteht, haben sie selber definiert. «Gar nicht einfach, weil es für alle passen musste», weiss Valentina Maksimovic. Mit «Respect» konnten sich alle identifizieren. Alle wählten einen Buchstaben aus, skizzierten diesen und sprayten ihn unter Anleitung des Graffiti-Künstlers auf die Platten. «Das Bild wird im Jugendtreff aufgehängt», sagt Maksimovic. Zudem konnten sich die Jugendlichen in kleinen Bildern selber ausprobieren. «Lost in paradise» steht am Schluss auf einem der Bilder, ein anderes ziert eine Blume.
Der Graffiti-Workshop ist eine von vielen Aktivitäten, die die Jugendarbeit auf die Beine stellt. Seit zwei Jahren gehört Valentina Maksimovic zum Team. «Es läuft bestens», sagt sie. Diesen Sommer habe man viel in die Öffentlichkeitsarbeit investiert, sich an den Dorffesten in Arni und Unterlunkhofen präsentiert, Jugendliche zur Partizipation motiviert. Und der nächste Anlass ist bereits geplant. Am 18. November öffnet die Jugendarbeit ihre Türen, auch um die neuen Räumlichkeiten zu zeigen. «Alt und Jung soll sich begegnen», wünscht sich Valentina Maksimovic. Und dort wird auch ersichtlich, weshalb die Jugendarbeit aktuell Regenschirme sammelt. Ebenso kann man das Schlussbild «Respect» des Graffiti-Workshops bestaunen.