Walderlebnis und Gemeinschaft
10.09.2024 Waltenschwil, Region OberfreiamtDer Waldumgang wird in Waltenschwil besonders zelebriert
Den Apéro gibt es in Waltenschwil bereits vor dem Waldumgang. Die Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger erhielten zudem ein Bild von der Vielfalt der Vereine.
Thomas ...
Der Waldumgang wird in Waltenschwil besonders zelebriert
Den Apéro gibt es in Waltenschwil bereits vor dem Waldumgang. Die Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger erhielten zudem ein Bild von der Vielfalt der Vereine.
Thomas Stöckli
Er thront auf einem Hügel, mitten in einer neuen Lichtung, der Acht-Tonnen-Forstbagger. Zum Schutz vor Bäumen und allfälligen Felsen ist der Führerstand mit einem Gitter und Sicherheitsglas doppelt abgesichert. Nico Küng, Junior und Stellvertreter von Revierförster Leonz Küng, zeigt, was die Maschine alles leisten kann, er hebt den Rechen senkrecht nach oben, lässt die Kabine um 360 Grad rotieren und recht dann in effizienten Zügen das nach der Rodung herumliegende Astmaterial zusammen.
Von der Fichten-Monokultur zum vielfältig-robusten Mischwald
Dass Flächen komplett gerodet werden, ist eigentlich nicht das Ziel. Dass man es trotzdem tun musste, liegt am Borkenkäfer, der hier gewütet und den Fichten den Garaus gemacht hat. Die Rinden-Schädlinge mögen es grundsätzlich, wenn Hitze und Trockenheit die Abwehrkräfte der Bäume geschwächt haben. Aktuell sei die Population allerdings so gross, dass der Forstbetrieb, dem nebst Waltenschwil auch die Gemeinden Bremgarten, Wohlen, Dottikon und Hägglingen angehören, selbst im laufenden, eher niederschlagsreichen Jahr bereits 60 000 Kubikmeter Käferholz nutzen musste.
Jetzt rächt sich, dass die Forstwirtschaft vor 30, 40 Jahren stark auf Fichten gesetzt hat. Befallen werden nämlich vor allem diese Bäume. «Erste Anzeichen sind jeweils dürre Nadeln am Boden», wissen die Forst-Fachleute. Die befallenen Bäume werden dann markiert und mit dem Vollernter gefällt. Dieser hat den Vorteil, dass seine Walzen bereits im ersten Durchgang bis eine Hälfte der lästigen Schädlinge zerdrücken.
Keimbedingungen fördern
Probleme bereiten allerdings auch die Nadeln der gefällten Bäume. Mit ihrem hohen Säuregehalt beeinträchtigen sie die Keimfähigkeit der Gehölzsamen. Liesse man sie liegen, würde hier nur Dornengestrüpp wachsen, aber keine Bäume. Entsprechend müssen nach dem Roden die obersten paar Zentimeter des Bodens abgetragen werden. Dann siedeln sich im besten Fall von selber Buchen, Eschen und Birken an. «Eine solche Naturverjüngung ist besser als eine Pflanzung», erklärt Revierförster Leonz Küng, «was von selbst kommt, ist für den Standort geeignet.»
In der Regel reicht es allerdings nicht, nur das wachsen zu lassen, was von selbst kommt. Entsprechend hilft der Forstbetrieb nach. Statt auf eine Monokultur, wie das eine Zeit lang üblich war, setzt man dabei heute auf eine gesunde Mischung. Dazu gehören etwa Eichen, Nussbäume und Douglasien, aber auch Haseln, Erlen und Kastanien, die mit der zunehmenden Hitze und Trockenheit besser auskommen als die traditionelle Mittelland-Vegetation. Um die gewünschten Bäume zu fördern, gilt es, alle paar Jahre gezielt auszulichten und so für genügend Platz zu sorgen. «Wenn wir rausroden, bekommen die ‹guten› Bäume mehr Wasser und können so stark werden, dass sie auch heftige Stürme überleben», erklärt Leonz Küng.
Auch für den Zusammenhalt
Was den Waldanteil anbelangt, ist Waltenschwil ein bescheidener Teil des Forstbetriebs, der sich um insgesamt 1000 Hektaren Ortsbürgergemeindeund 500 Hektaren Privatwald kümmert. «Dafür finden sich zum Waldumgang nirgends so viele Leute ein wie hier», freut sich Leonz Küng. Damit alle seine Ausführungen verstehen, fährt ein Quad mit Lautsprecheranlage dem stolzen Tross voran. Zwischen den Posten bietet sich Gelegenheit, sich auszutauschen. Der gesellige Aspekt ist denn auch mit ein Ziel der Veranstaltung, die mit einem Apéro gestartet ist.
Schon vor den Alteingesessenen durfte Gemeindeammann Simon Zubler die Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger der letzten zwei Jahre begrüssen. «Rund 25, 30 Leute haben sich dazu angemeldet», verrät er. Für sie haben die Dorfvereine Informationsstände aufgebaut, allen voran der Natur- und Vogelschutzverein, der sich auch um die Festwirtschaft kümmerte. So machte etwa die Juma-Kongri Werbung für ihr aktuelles Theaterprojekt und die Vierbeiner aus der Hunde-Auffangstation «New Graceland» zeigten sich selbst von der einnehmenden Seite. Der Feuerwehrverein nutzte die Gelegenheit, Ideen einzuholen: Nach der Restaurierung des ersten motorisierten Einsatzfahrzeugs suchen die Enthusiasten im Hinblick auf die Fahrzeugtaufe vom 2. November noch einen Spitznamen für ihren bis dann 60-jährigen Ford.
Fest für die ganze Familie
Nach dem Waldumgang startete der eigentliche Festbetrieb erst richtig, die Musikgesellschaft spielte für die Gäste auf. Um die Unterhaltung der jüngsten Gäste kümmerte sich derweil die Pfadi. Anouk Hess, Pfadiname «Sesam», und Laura «Grease» Würsch aus Waltenschwil sowie Mariana «Elajra» Ferreira haben sich dazu einiges einfallen lassen, von typischen Waldspielen über Malen und Armbänderknüpfen bis zu einer Tanzchoreografie – Laura Würsch trägt ihren Pfadinamen «Grease» nicht ohne Grund –, um der Dorfjugend tolle Erlebnisse in der Natur zu ermöglichen.
Faszination Wald, heisst es an diesem Nachmittag – generationenverbindend für Jung und Alt.