«Tanzen macht mich frisch»
24.02.2023 Mutschellen, BerikonDomenica Bühler aus Berikon ist mit ihren 90 Jahren die älteste Tanzkursteilnehmerin
Im November feierte sie ihren runden Geburtstag. Das hohe Alter hindert sie nicht daran, das zu tun, was sie mag. Domenica Bühler ist immer in Bewegung. Wöchentlich ...
Domenica Bühler aus Berikon ist mit ihren 90 Jahren die älteste Tanzkursteilnehmerin
Im November feierte sie ihren runden Geburtstag. Das hohe Alter hindert sie nicht daran, das zu tun, was sie mag. Domenica Bühler ist immer in Bewegung. Wöchentlich besucht sie unter anderem den Tanzkurs der Pro Senectute.
Sabrina Salm
Domenica Bühler versucht in Worte zu fassen, was ihr das Tanzen bedeutet. Sie schliesst die Augen, bewegt die Finger mit trommelnden Bewegungen über ihr Gesicht und sagt dann: «Tanzen gibt mir ein Wohlgefühl, das mir richtig guttut. Danach bin ich frischer.» Am liebsten mag sie Tänze, in die sie ihre Gefühle voll reinlegen kann. Tänze mit runden, weichen Bewegungen. «Zackige Tänze zu schwungvoller Musik gefallen mir auch. Nur sind mir die gefühlsbetonenden lieber», meint sie lachend. Im Tanzkurs im Beriker Bürgisserhus werden internationale Tänze erlernt. «Das geht vom Walzer über Cha-Cha-Cha bis hin zu Tänzen aus dem Balkan oder aus dem Norden», erzählt Bühler. Im Kurs sind die Teilnehmer alle über 60 Jahre alt. Domenica Bühler ist dennoch mit Abstand die Älteste.
Bewegung spielt eine wichtige Rolle in ihrem Leben
Doch das ist ihr nicht fremd. Bei ihren Aktivitäten ist sie oft die älteste Teilnehmerin. So auch, als sie mit knapp 70 Jahren eine Wandertour in den Anden machte. «Ich und zwei jüngere Frauen schafften es bis zur Spitze», berichtet sie und schwelgt mit leuchtenden Augen in Erinnerungen. Heute, zwanzig Jahre später, würde sie diese Wanderung zwar nicht mehr machen. «Aber das hat mehr mit Sicherheitsgründen zu tun.» An der Fitness und Vitalität liegt das nicht. «Ich bin vorsichtiger geworden.» Bewegung spielte im Leben von Domenica Bühler schon immer eine grosse Rolle. Als sie vor 38 Jahren mit ihrem Mann Christian, ehemaliger reformierter Pfarrer in den Kirchgemeinden Bremgarten-Mutschellen und Kelleramt, nach Berikon kam, übernahm sie das hiesige Altersturnen der Pro Senectute. Über 20 Jahre war sie als Leiterin aktiv. Auch heute noch ist sie immer in Bewegung. Vielleicht ist das das Geheimnis ihrer körperlichen und geistigen Vitalität.
Ein Leben voller Bewegung
Die Berikerin Domenica Bühler wirbelt auch mit ihren 90 Jahren übers Tanzparkett
90 Jahre alt und voller Elan – diese kurzen Worte beschreiben Domenica Bühler auf den Punkt. Sei es beim Wandern, Schmuckherstellen oder beim Tanzen – die Berikerin ist gut im Schuss. Mit Abstand ist sie die älteste Teilnehmerin im Seniorentanzkurs der Pro Senectute und ist gewillt, immer neue Tänze zu erlernen.
Sabrina Salm
«Schritt, Schritt, Wechsel, Schritt.» 12ein Senior hören Kursleiterin Monika Hofer konzentriert zu und befolgen ihre Anweisungen. Die Teilnehmenden der Seniorentanzgruppe der Pro Senectute lernen im Bürgisserhus internationale Tänze. Es ist eine bunt zusammengewürfelte Truppe. Einige von ihnen sind schon länger dabei, einige erst seit Kurzem. Mittendrin ist Domenica Bühler. Die 90-Jährige besucht seit gut zehn Jahren den Kurs, den Hofer leitet. In der Gruppe fühlt sie sich wohl und lobt die Leiterin: «Sie trifft eine gute Auswahl an verschiedenen Tänzen aus aller Welt. Wir lernen jedes Mal einen anderen Tanz. Das gefällt mir.»
Bühler gehört zu den erfahrenen Tänzerinnen. Schon bevor sie bei der Tanzgruppe in Berikon aktiv wurde, besuchte sie Tanzkurse der Pro Senectute in der Region. Sie selbst hat sogar in jüngeren Jahren eine Ausbildung zur Leiterin für Kreistanzen gemacht. Noch heute ist sie auch an Tanztagen in Zürich anzutreffen oder begibt sich für eine Tanzwoche ins Tessin. «Tanzen gibt mir sehr viel», sagt sie. «Tanzen und Musik belebt den ganzen Körper.» Nach dem Tanzen sei sie wacher und frischer.
Das Turnen war der Anfang
Ortswechsel. «Zu einem Teil sind es die Gene. Und der zweite Teil ist, was man daraus macht», sagt Domenica Bühler in ihrem Wohnzimmer und lächelt. Ein Geheimnis habe sie nicht, weshalb sie noch im Alter von 90Jahren so fit ist. Sie trägt einen selbst genähten Rock, der aus alten Krawatten ihres Ehemanns besteht. Um den Hals hängt eine Kette mit einem Stein. Diesen Stein hat sie selbst geschliffen und ihn in ein Schmuckstück verwandelt. Die Augen und die Hände machen noch gut mit. Dafür habe sie etwas Mühe mit dem Hören. «Vielleicht hat meine Fitness etwas mit der Bewegung zu tun», sinniert sie. Denn diese war in ihrem Leben immer von grosser Bedeutung. Aufgewachsen im Prättigau, Graubünden, turnte sie schon als Kind. Sie absolvierte die Handelsschule und liess sich als Turnleiterin in verschiedenen Kursen ausbilden. Unter anderem auch für Mädchen. Diese unterrichtete sie dann in ihrem Heimatdorf. Später gab sie auch Schwangerschaftsturnen und anderes.
Mit dem Umzug nach Trimmis, wo ihr Mann Christian (85 Jahre) eine Stelle als reformierter Pfarrer antrat, baute sie Schritt für Schritt das Angebot des Altersturnens auf. «Das war damals gar nicht bekannt», erinnert sie sich. Nach einem harzigen Start wurden ihre Altersturnstunden immer beliebter. Durch den Erfolg ihrer Turnstunden wurde sie angefragt, ob sie bei der Baukommission des neuen Schulhauses, insbesondere der Turnhalle, ihre Erfahrung einbringen könnte. «Das hat mich sehr geehrt. Doch leider habe ich nie in der Turnhalle meine Stunden gegeben», erzählt die dreifache Mutter und siebenfache Grossmutter. Der Grund dafür war der Umzug nach Berikon.
Viel Überzeugungsarbeit gefragt
«Ein Jahr lang habe ich meinen Mann mit meiner Entscheidung, die Stelle auf dem Mutschellen anzunehmen, warten lassen», erzählt Domenica Bühler mit Schalk in den Augen. Sie wollte nicht in den Aargau. Sie war gut verankert in Trimmis. «Ich wollte nicht alles aufgeben», gibt sie zu. Doch die Verantwortlichen der reformierten Kirchgemeinde Bremgarten-Mutschellen wollten unbedingt Christian Bühler als Pfarrer und blieben hartnäckig. «Irgendwann waren sie sich bewusst, dass sie mich überzeugen müssen. Sonst wird das nichts.» Die Berater mussten die starke Frau an Pfarrer Bühlers Seite regelrecht auf den Mutschellen locken. «Wir wurden eingeladen, uns die Gemeinden anzuschauen, in denen Christian tätig sein sollte, und wir verbrachten hier einen interessanten Abend.» Einen überzeugenden, wie es scheint, denn Domenica Bühler gab ihr Einverständnis, nach Berikon zu ziehen. «In Trimmis machten wir ein grosses Abschlussfest. Meine Turnstunden konnte ich einer Nachfolgerin übergeben und so war ich dann frei und frisch für einen neuen Ort.»
Das war vor 38 Jahren. Damals wollte sie anfangs gar keine Kurse mehr geben. Doch wie es der Zufall wollte, kam es anders. «Ich wurde von Pro Senectute angefragt, ob ich das altersgerechte Turnen in Widen übernehmen möchte.» Sie nahm an. Und weil die Gruppenteilnehmerzahl so schnell wuchs, wurde schon bald anstatt im Gemeinschaftsraum der katholischen Kirche in der Turnhalle geturnt. Parallel dazu leitete sie auch im Altersheim eine entsprechende Turnstunde. Zwanzig Jahre war sie als Kursleiterin des Pro-Senectute - Altersturnens in Berikon tätig.
Etwas vorsichtiger geworden
Auch wenn sie die Turnleitung mit gut 73 Jahren abgab, blieb die Bewegung in ihrem Leben weiterhin eine Konstante. Auch eine Hüftoperation in dieser Zeit konnte sie nicht aufhalten, weiter sportlich aktiv zu sein. «Nach der Operation an der Hüfte habe ich das Gehen noch viel mehr genossen», schmunzelt Domenica Bühler. Sie unternimmt gerne Wanderungen in den Bergen und nimmt auch an Wanderwochen, wie 2021 auf der Insel Elba oder letztes Jahr im Südtirol, teil. Weitere Aktivitäten, die sie mag, sind Spaziergänge in der Umgebung, Singen und Gärtnern. Sie sei zwar vorsichtiger geworden und etwas langsamer, doch das alles gehe noch ganz gut.
Für das Mentale hält sie sich neben dem Nähen und der Schmuckherstellung mit Lesen und Bildermalen fit. «Für die geistige Vitalität trägt sicher auch ein Mann, mit dem man diskutieren kann, bei», fügt sie augenzwinkernd hinzu. Die Bühlers feiern im kommenden Herbst ihre Diamanthochzeit (60Jahre). Konkretes hätten sie für ihren grossen Tag noch nichts geplant.
Für das Gefühl und die Freude
Zurück zum Tanzkurs im Holzbirrlisaal im Bürgisserhus. Nach der Reise zu den portugiesischen Tänzen folgt ein Volkstanz aus Mazedonien. Hingebungsvoll wird getanzt. Wenn Domenica Bühler beim Tanzen einmal einen Schritt daneben tritt oder aus dem Rhythmus kommt, ärgert sie sich nicht. «Ich kann das locker nehmen. Tanzen ist keine sture Sache. Es ist für das Gefühl und die Freude.» Die Freude ist bei den Kursteilnehmenden nicht zu übersehen. In einer kurzen Pause nach einem Tanz meint eine Teilnehmerin: «Das Ziel ist, mit 90Jahren noch so gut zu tanzen wie Domenica.» Es hoffen alle, ihr dies nachmachen zu können. Domenica Bühler schmunzelt ein wenig verlegen und winkt ab.
Mit ihren Hobbys, wie auch mit dem Tanzen, mache sie so lange weiter, wie sie spüre, dass es ihr guttue. Bisher sprüht sie noch vor Energie. «Aber wer weiss, vielleicht wird das mit dem Alter anders», meint sie ernst und beginnt dann herzhaft zu lachen.