So authentisch wie nur möglich
22.08.2023 Hilfikon, Region UnterfreiamtWikinger- und Mittelalterspektakel (WUMS) vom 1. bis 3. September in Hilfikon
Die Fläche noch grösser, auch die Zahl der Teilnehmenden nochmals gestiegen, dazu Verbesserungen im Programm. Ein Besuch des Wikinger- und Mittelalterspektakels, kurz WUMS genannt, ...
Wikinger- und Mittelalterspektakel (WUMS) vom 1. bis 3. September in Hilfikon
Die Fläche noch grösser, auch die Zahl der Teilnehmenden nochmals gestiegen, dazu Verbesserungen im Programm. Ein Besuch des Wikinger- und Mittelalterspektakels, kurz WUMS genannt, lohnt sich in diesem Jahr noch mehr als sonst.
Chregi Hansen
Drei Tage lang leben einige Hundert Menschen in Lagern, wie es sie vor vielen Jahren wirklich gegeben hat. Sie schlafen in Zelten, kochen über dem Feuer, stellen einfache Werkzeuge her, trinken Met, musizieren auf alten Instrumenten und stürzen sich dann und wann in die Schlacht. Sie tauchen ein Wochenende lang komplett ein in die Vergangenheit. «Die Szene wächst, die Begeisterung für das Mittelalter und die Kultur der Wikinger ist gross», sagt Yves Hayoz alias Höiu.
Zusammen mit seiner Frau Nadine alias Jera steht er an der Spitze des OKs, welches bereits zum 6. Mal ein grosses Festival in Hilfikon organisiert. Hinter dem Spektakel steht der Verein Corvus Nidum, den die beiden vor Jahren gegründet haben. «Ein Treffen in dieser Grösse und mit so vielen Heerlagern gibt es wohl nirgends sonst in der Schweiz», ist das Ehepaar überzeugt. Alle, die hier teilnehmen, geniessen es, während mehrerer Tage aus dem gewohnten Alltag auszubrechen und in ihre zweite Identität zu schlüpfen. Und so zu leben, wie es ihre Vorfahren vermutlich taten. «Es gibt einige, die kommen schon Anfang Woche, während der Aufbau noch läuft. Sie wollen möglichst lange auf diese Art leben», erzählt Nadine Hayoz.
Ansprechen erwünscht
Doch das WUMS ist nicht nur für die Teilnehmenden ein Ereignis, sondern auch für das Publikum. Während drei Tagen wird ganz viel geboten. «Wir wollen aufzeigen, wie das Leben damals wirklich war. Denn unser Blick auf das Mittelalter ist meist durch Hollywood-Filme verklärt», macht Yves Hayoz deutlich. Die Besucher sind in Hilfikon ganz nah am Geschehen und dürfen gerne Fragen stellen. «Man darf uns jederzeit ansprechen. Auch wenn manche von uns etwas gefährlich aussehen, sind wir im Grunde alle harmlos», lacht Yves Hayoz.
Die sechste Ausgabe wird dabei noch grösser und spektakulärer. So konnte das Areal vergrössert werden und umfasst jetzt auch die Fläche auf den Hügeln. «Wir erleben hier ganz viel Unterstützung. Sei es von den Bauern, sei es von der Gemeinde», freut sich das Ehepaar. Ausgebaut wurde auch das Programm des Freitags, der in der Sprache von damals «de glorriichi Friitig» genannt wird und der letztes Jahr erstmals durchgeführt wurde. Beatus der Sagenhafte wird über die Geschichte des WUMS berichten, Schlachttraining, ein erstes Geplänkel, ein königliches Schlachtmahl, ein Feuerumzug und vieles mehr sorgen schon am ersten Tag für viel Abwechslung. «Wir haben gemerkt, dass der Anlass Potenzial hat. An diesem Abend kann man viel lernen und auch einiges über die Hintergründe des WUMS erfahren», ist Yves Hayoz überzeugt. Dabei werde alles von Laien vorgetragen. «Und trotzdem ist das Niveau der Vorführungen hoch», verspricht Nadine Hayoz.
Kämpfen nur bei schönem Wetter
Der Samstag und Sonntag locken dann wieder mit einem grossen Markt, mit der Demonstration der damaligen Handwerkskünste, mit verschiedenen Künstlern, dem Auftritt des Falkners und vielem mehr. Höhepunkt ist an beiden Tagen die grosse Schlacht um das Königreich Lotharingen. «Das ist auch für uns immer etwas ganz Besonderes», sagt denn auch Yves Hayoz, der sich jedes Jahr ebenfalls in die Schlacht stürzt. Allein das Anlegen der Rüstung und das Aufstellen benötigen viel Zeit.
Der Kampf selber läuft nach klaren Regeln ab. Auch wenn es nicht um Leben und Tod geht wie bei den Vorfahren, so wird doch mit grossem Einsatz gekämpft. «Es geht um Ruhm und Ehre. Diejenige Seite, die verliert, kriegt das bei allen weiteren Treffen wieder zu hören», schmunzelt der Organisator. Wobei nur bei schönem Wetter gekämpft wird – was aber auch im Mittelalter meist der Fall war. Sich mit dieser schweren Rüstung durch Morast zu bewegen, das ist fast unmöglich. Damals wie auch heute.
«Percival» als Headliner
Besonders freuen sich Yves und Nadine Hayoz, dass dieses Jahr auch wieder Konzerte möglich sind. Headliner ist dabei die polnische Folk-Band Percival. Die Gruppe spielt akustischen Folk auf Instrumenten der Wikingerzeit. «Sie sind in der Mittelalterszene sehr bekannt», weiss Nadine Hayoz. Dies nicht zuletzt, weil die Band den Soundtrack zum Computerspiel «The Witcher 3: Wild Hunt» lieferte. Die Konzerte sind mehr oder weniger der einzige Zeitpunkt, an dem Technik zum Einsatz kommt. «Ansonsten wollen wir so leben, wie es damals war. Das macht den Aufwand gross, aber wir leisten diesen Effort gerne», sagt Yves Hayoz.
Trotz vieler Waffen immer friedlich
So authentisch wie möglich, dieses Motto zieht sich durch das ganze Wochenende. Und betrifft natürlich auch die Verpflegung – auch wenn hier die heutigen Lebensmittelgesetze gewisse Einschränkungen nach sich ziehen. Und trotz Schlacht ist der ganze Anlass immer sehr friedlich. «Das ist schon erstaunlich. Fast alle Teilnehmer sind bewaffnet, aber es passiert nie etwas», sagt der Organisator. Er freut sich, dass das Interesse am Mittelalterleben so stark zunimmt. «In unserer digitalen Welt suchen die Menschen wieder analoge Erlebnisse», ist er überzeugt. Und letztlich gründe unsere heutige Kultur auf den Ereignissen von damals, was ebenfalls zur Faszination beitrage.
In Kürze wird in Hilfikon mit dem Aufbau begonnen. Rund eine Woche braucht es, bis alles steht. «Wir müssen jedes Jahr wieder bei null anfangen, denn es gibt an diesem Ort keinerlei Infrastruktur», erklärt Nadine Hayoz. Alle Mitglieder des Clans und ganz viele Freiwillige helfen mit, den Teilnehmern und dem Publikum ein unvergessliches Wochenende zu bereiten. Inzwischen gibt es sogar Helfer, die sich freiwillig verdingen, so wie das früher der Fall war. «Das WUMS wächst und gedeiht. Und damit auch die Arbeit. Aber wir tun das gerne, weil wir mit viel Leidenschaft und Herzblut für diese Sache brennen. Und die vielen positiven Rückmeldungen motivieren uns jedes Mal von Neuem», versichern die beiden.
Wikinger- und Mittelalterspektakel: 1. bis 3. September. Infos: www.wums.ch.