Sich weiterhin wehren
11.06.2024 Bremgarten, Hermetschwil-StaffelnKampf gegen Strommasten
In Hermetschwil-Staffeln beginnt sich der Widerstand gegen die geplanten Freileitungen im Ortsteil wieder zu formieren. In den kommenden Monaten sind Veranstaltungen und Aktionen gegen die Pläne von Swissgrid und Bund geplant. Mit der neuen ...
Kampf gegen Strommasten
In Hermetschwil-Staffeln beginnt sich der Widerstand gegen die geplanten Freileitungen im Ortsteil wieder zu formieren. In den kommenden Monaten sind Veranstaltungen und Aktionen gegen die Pläne von Swissgrid und Bund geplant. Mit der neuen Hochspannungsleitung kämen massiv höhere Strommasten auf Ortsgebiet zu stehen. Ein Vorgehen, das die Hermetschwil-Staffler weder für nachhaltig noch für zumutbar halten. Auch die Stadt Bremgarten wehrt sich gemeinsam mit weiteren Gemeinden weiterhin gegen die Pläne. --huy
Neuer Widerstand gegen Strommasten angekündigt
Vor knapp einem Jahr hat der Bundesrat bekräftigt, an der überirdischen Hochspannungsleitung zwischen Niederwil und Obfelden festzuhalten. Der geplante Korridor führt bekanntlich auch durch Hermetschwil-Staffeln. Dort formiert sich nun neuer Widerstand. Auch an der «Gmeind» diese Woche wird das Politikum wieder zum Thema.
Marco Huwyler
Schon fast 20 Jahre dauert die Debatte rund um die neue Starkstromleitung zwischen Niederwil und dem zürcherischen Obfelden, welche von 240 kV auf 380 kV ausgebaut werden soll. Vor 15 Jahren wurde der Verein «Verträgliche Starkstromleitung Reusstal» (VSLR) gegründet, der seither für eine vollständige Verlegung der 17 Kilometer langen Leitung in den Boden kämpft. Doch vor rund zwei Jahren hat der Bundesrat sich gegen eine Erdverkabelung entschieden – und diesen Entscheid vor Jahresfrist noch einmal bestätigt.
Mit Argusaugen verfolgt wird das Ganze jeweils auch in Hermetschwil-Staffeln – ist doch der Bremgarter Stadtteil mit seinem Stromtrassee einer der von den Auswirkungen der Entscheide Hauptbetroffenen. Sechs der geplanten Strommasten beeinträchtigen das Ortsbild teilweise massiv. Die Leitung führt über den Wald, was gemäss den Plänen der Swissgrid eine Masthöhe von gewaltigen 80 Metern und mehr bedeutet. Einer der Masten steht zudem wenige Meter vor dem Wald in freiem Gelände – also in direktem Blickfeld der Staffler Bevölkerung. Und im Morental, in nächster Nähe zur Abzweigung nach Besenbüren, ist ein Umspannwerk geplant.
Das Forum will am Ball bleiben
Logisch also, dass man den Plänen von Swissgrid auch in Hermetschwil-Staffeln schon lange kritisch gegenübersteht. Die einen unterstützen den Widerstand passiv. Andere wiederum engagieren sich seit Jahren an mehreren Fronten – zum Beispiel als aktives Mitglied beim VSLR. Dazu gehört etwa die frühere Hermetschwil-Staffler Gemeinderätin Ursula Vanal. Sie brachte das Thema jüngst an der Generalversammlung des «Forums Hermetschwil-Staffeln» (die politische Stimme der einstigen Gemeinde nach der Fusion mit Bremgarten) wieder auf die Agenda der heimischen Bevölkerung. Und erfuhr von den anwesenden Hermetschwil-Stafflern breite Unterstützung. Gemeinsam hat man sich darauf geeinigt, am Ball zu bleiben und den Widerstand gegen die Hochspannungsleitung in Hermetschwil-Staffeln und Bremgarten aufrechtzuerhalten – auch wenn es nach dem Bundesratsentscheid nicht mehr sonderlich vielversprechend aussieht.
Forderungen in Bremgarten deponiert
An der GV des Forums wurden deshalb drei Prioritäten vorgestellt. 1. Erdverkabelung auf der gesamten Leitungsführung, 2. Erdverkabelung bis mindestens im Bereich Wald/ Spannhölzli und 3. Umplatzierung von Mast 25 vom Feld in den Wald. Letzteres wäre für die Hermetschwiler die absolute Minimalforderung. «Nichts weniger als unsere Lebensqualität steht auf dem Spiel», sagt Vanal, die seit Jahren auch als Vorstandsmitglied des Forums Hermetschwil-Staffeln fungiert.
Gemeinsam hat man diese Forderungen beim Stadtrat Bremgarten deponiert. Dieser äusserte sich bislang in der Öffentlichkeit weniger dezidiert als die Hermetschwil-Staffler. Zwar hat man sich mit umliegenden Gemeinden zusammengeschlossen, um sich «für Optimierungen einzusetzen». Mit forschen Forderungen hielt man sich im Bremgarter Rathaus bislang aber noch zurück. Und sah bisher auch davon ab, sich den Forderungen des VSLR anzuschliessen beziehungsweise mit dem Verein gemeinsame Sache zu machen. «Ich finde es schade, dass es bislang nicht gelungen ist, die Kräfte zu bündeln und mit einer geeinten Stimme gegenüber dem Bund und der Swissgrid aufzutreten», sagt Vanal dazu. Gespannt wartet sie nun auf die nächsten Schritte der Gemeinden – und hofft auf Klarheit und Unterstützung.
Nicht einspracheberechtigt
Ein Stück weit sind ihr, dem Forum und dem VSLR nämlich die Hände gebunden. Wenn voraussichtlich Ende 2024 das Baugesuch von Swissgrid öffentlich aufliegt, werden nur Gemeinden und direkt betroffene Grundstückeigentümer einspracheberechtigt sein. Der Ortsteil Hermetschwil-Staffeln und der VSLR müssen sich daher auf eine unterstützende und beratende Funktion beschränken. Doch das will man in Hermetschwil-Staffeln tatkräftig tun. «Das Forum wird rechtzeitig, bei Baugesuchsauflage, eine Infoveranstaltung organisieren und allenfalls eine Unterschriftensammlung in unserem Ortsteil durchführen, um den Druck hoch zu halten», sagt Vanal. Auch eine Aktion mit Flyern ist geplant. Darüber hinaus werden sowohl Forum als auch VSLR eine Privatperson in Hermetschwil-Staffeln in ihrem Rechtskampf unterstützen, die aufgrund eines Masts auf ihrem Land einspracheberechtigt ist. An der «Gmeind» in Bremgarten diese Woche wird das Thema zudem unter «Verschiedenes» von Vertretern aus Hermetschwil-Staffeln angesprochen. Die Hochspannungsleitung soll auch im politischen Bremgarten und dessen Bevölkerung auf der Agenda sein und bleiben.
Gegen Mensch und Natur
Das Forum mit Ursula Vanal hofft, dass all dies eines Tages doch noch genügt, um den Bund beziehungsweise Swissgrid zum Einlenken zu bewegen. Wenns sein muss, vor Bundesgericht. «Letztlich ist es nämlich einfach unverständlich, weshalb man die Leitung partout nicht in den Boden verlegen will. Hochspannungsfreileitungen sind weder zukunftsgerichtet noch menschen- und schon gar nicht naturfreundlich», sagt die ehemalige Hermetschwil-Staffler Gemeinderätin. Das letzte Wort in der schier unendlichen Stromleitungsgeschichte sei daher noch nicht gesprochen. «Es lohnt sich, hier zu kämpfen. Davon bin ich überzeugt.»
«Planen eine Einsprache»
Die Stadt Bremgarten hat einen Rechtsanwalt engagiert
Bremgartens Stadtammann Raymond Tellenbach betont, dass man im Rathaus ebenfalls weiterhin «not amused» sei über die geplanten Freileitungen. Man konzentriere sich momentan aber auf das offizielle Verfahren.
Der Stadtrat hat beschlossen, dass rechtliche Massnahmen ergriffen werden sollen mit dem Ziel möglichst flächiger Verlegung der Kabel in den Erdboden. «Wir haben entschieden, uns von einem unabhängigen und fachlich versierten Rechtsanwalt begleiten und vertreten zu lassen», sagt Tellenbach. Sich mit dem VSLR diesbezüglich koordinieren und gemeinsam vorgehen will man im Rathaus aber nach wie vor nicht. «Das Vorhaben braucht keine Unterstützung von einem Verein, welcher bisher ausser medialer Präsenz keine besonderen Ergebnisse erzielt hat. In offiziellen Kreisen ist man über den VSLR nicht besonders erfreut und da möchten wir uns nichts verbauen», findet der Stadtammann klare Worte.
Im Namen der Gemeinden
Es habe sich gezeigt, dass eine rechtliche Einsprache durch die betroffenen Gemeinden die einzige erfolgsversprechende Möglichkeit sei, dem vom Bundesrat beschlossenen Sachplan entgegenzuwirken. An einem von Bremgarten organisierten Informationsanlass haben sich die betroffenen Gemeinden abgesprochen, ein weiteres Vorgehen skizziert und einen möglichen Kostenverteiler für die Rechtskosten diskutiert. «Die Gemeinden haben dabei grosse Solidarität gezeigt und Kostengutsprache für das gemeinsame Vorgehen geleistet», berichtet Tellenbach.
Noch vor dem Baugesuch gibt es ein Planungsgenehmigungsverfahren. Die Gemeinden werden bereits dort aktiv mit einer Einsprache. «Wir werden versuchen, zu erreichen, dass die Freileitungen in den Boden kommen – zumindest beim Siedlungsgebiet», verspricht der Bremgarter Stadtammann. --huy