Seltene Storys – tolle Menschen
21.11.2023 Region Unterfreiamt, BüttikonIn der «Linde» in Büttikon: Rotary Freiamt verleiht den 1. Berufsbildungspreis für aussergewöhnliche Leistungen
Das duale Bildungssystem der Schweiz ist für die Wirtschaft ein Erfolgsfaktor. Und verdient es, gestützt zu werden. Das ...
In der «Linde» in Büttikon: Rotary Freiamt verleiht den 1. Berufsbildungspreis für aussergewöhnliche Leistungen
Das duale Bildungssystem der Schweiz ist für die Wirtschaft ein Erfolgsfaktor. Und verdient es, gestützt zu werden. Das findet auch Rotary Freiamt. Deshalb wurde der Berufsbildungspreis lanciert. Eine gute Idee – dies zeigt auch die Preisverleihung an drei junge Persönlichkeiten.
Daniel Marti
Einzigartig, ungewöhnlich, selten und erfolgreich. Das sind die Auswahlkriterien, die beim Berufsbildungspreis von Rotary Freiamt zu erfüllen sind. Nur dann kommen Lehrlinge in den Genuss des speziellen Preises, der seine Premiere erlebte. Rotary Freiamt verlieh heuer bereits zum 18. Mal den Kanti-Preis für die besten Maturarbeiten an der Kanti Wohlen. «Nun wollten wir Jugendliche für ihren erfolgreichen Lehrabschluss würdigen», sagte Toni Notter aus Villmergen, der zusammen mit Thomas Geissmann (Wohlen) und Robert Barrer (Muri) das Projekt Berufsbildungspreis vorangetrieben hat.
Über 600 Lehrabschlüsse im Freiamt
Vorweggenommen: Die Premiere ist sehr gelungen. Mit Natacha Debelak (Muri), Lea Schondlowski (Mühlau) und Dominik Karich (Boswil) wurden drei junge Persönlichkeiten ausgezeichnet.
In diesem Jahr haben in den Bezirken Bremgarten und Muri 612 Lehrlinge ihre Abschlussprüfungen erfolgreich absolviert und bestanden. Und dies in 82 Ausbildungsberufen. Diese jungen Menschen und ihre Leistungen wurden von Rotary Freiamt etwas genauer unter die Lupe genommen – und die drei speziellsten Leistungen im Restaurant Linde in Büttikon ausgezeichnet. Nicht nur das erfolgreiche Trio war in der «Linde» präsent, sondern auch ihre Lehrmeister sowie Vertreter vom kantonalen Departement BKS (Bildung, Kultur und Sport).
Eine starke Frau unter 30 Männern
«Alle Preisträger sind tolle Menschen», sagte Toni Notter. Und er überliess es den zwei Preisträgerinnen und dem einen Preisträger sich und ihren Werdegang selber vorzustellen. So ist Natacha Debelak die einzige junge Frau unter Elektroinstallateuren, die heuer ihre Lehre abgeschlossen haben. «Eine Frau unter 30 jungen Männern, das ist doch beeindruckend», so Notter. Sie habe immer etwas Handwerkliches machen wollen, erzählte sie. «Das Raue hat mir immer gefallen.» Bei ihrem Vater holte sie sich die ersten Eindrücke auf dem Bau. Er ist Maurer. Und ihre Mutter habe ihr geraten, als Elektroinstallateurin zu schnuppern. Das hat gepasst. Obwohl die Grösse ihrer Lernfirma, Bütler Elektro Telecom AG in Muri, mit den 95 Mitarbeitenden ihr anfänglich «fast ein wenig Angst gemacht habe», hat sie sich schnell eingelebt. «Mein Beruf ist sehr abwechslungsreich, er macht Spass, selbst dann, wenn es hektisch wird.» Und mit den Männern komme sie mittlerweile ganz gut mit. Sie hält sich als Rettungsschwimmerin und Kickboxerin fit.
Mehr als Pferdefachfrau
Auch Lea Schondlowski aus Mühlau, ausgebildete Pferdefachfrau auf dem Hestar Hof in Sins beim Ehepaar Karin und Martin Heller, erzählte mit voller Begeisterung von ihrem Werdegang. Eigentlich war die Stippvisite auf dem Hestar Hof nur als einjährige Überbrückung gedacht. «Und danach wollte ich nicht mehr weg, denn ich erlebte eine grossartige Zeit.» So durfte Lea Schondlowski eine Lehre anhängen – zur Freude aller Beteiligten.
Sie durfte eine «vielschichtige Ausbildung geniessen». Diese beinhaltet die Ausbildung der Pferde, Unterricht für Reiter, und manchmal sei sie Therapeutin und sogar Tierärztin. Zudem sei es spannend, ab und zu Turnierluft zu schnuppern. «Das alles macht ganz viel Spass. Am meisten zählt jedoch der Teamgeist.» Erraten, Lea Schondlowski zählt auch nach der erfolgreichen Lehre zum Team. «Ich möchte beruflich nichts anderes machen.»
Dominik Karich und die zweite Chance
Ziemlich anders als gedacht, ist auch der Lebenslauf von Dominik Karich aus Boswil verlaufen. Er schloss diesen Sommer die Dachdecker-Lehre ab, als Einziger in diesem Jahr. Aber bis dorthin musste er manche Hürde nehmen. Eigentlich wollte er Schreiner werden, im dritten Lehrjahr folgte jedoch die Kündigung. Was dann? Zuerst mal Militärdienst absolvieren. Dann kam Roger Achermann von der Achermann GmbH in Besenbüren auf ihn zu. Ob er denn nicht Dachdecker lernen möchte? Im Jahr 2019 begann er die Lehre. Alles bestens. Bis es ihm nach zwei Jahren nicht so gut ging, es folgten fünf Monate Pause wegen eines Krebsleidens und folglich schaffte er die Lehrabschlussprüfung nicht.
Roger Achermann gab Karich eine zweite Chance. Mit Erfolg. Note 5 zum Lehrabschluss. Mit 26 Jahren schloss Dominik Karich seine Lehre erfolgreich ab. Und ist unendlich dankbar, dass er eine zweite Chance erhielt, «und nun mit beiden Beinen auf dem Boden steht». Ein Dach über dem Kopf, das beschützt vor viel Ärger, wie Rotarier Toni Notter meint. Auch das gilt für Dachdecker Dominik Karich.
Erfolgsfaktor der Wirtschaft
Drei Persönlichkeiten, drei wunderbare Geschichten. Deshalb sei die Förderung einer intakten Berufswelt so wichtig, «und die ist auch ein wichtiger Erfolgsfaktor der Schweizer Wirtschaft», so Notter abschliessend. Hinter dem ersten Bildungspreis von Rotary Freiamt «steckt grossartige Arbeit», betonte Philippe Widmer, der Sarmenstorfer ist Präsident von Rotary Freiamt.
Dank der vereinseigenen Stiftung des Rotary Clubs Freiamt wurde ein schönes Preisgeld ausgeschüttet. Insgesamt 3000 Franken, je 1000 Franken für die Preisträgerinnen und den Preisträger. Dies freute auch Josef Sachs, Präsident der Stiftung. Sachs war an der Preisverleihung natürlich anwesend.
Rotary Freiamt tritt ein für Ausbildung und Förderung der Jugendlichen. Jetzt mit dem ersten Berufsbildungspreis, der im nächsten Jahr bestimmt eine Fortsetzung erfahren wird. Der Fachkräftemangel sei ein Problem von volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Tragweite, lässt Rotary Freiamt verlauten. «Die Ausbildung von jungen Berufsleuten trägt einen grossen Teil zur Lösung bei.»
Auch darum gelte es dem erfolgreichen Schweizer Ausbildungssystem Sorge zu tragen. Mit dem Berufsbildungspreis unterstreicht Rotary Freiamt sein Engagement für eine gute Berufsbildung für die Jugend.