Schoggi, die allen hilft
11.04.2025 BerikonBerikerin Andrea Hüsser initiiert ein Festival
Übermorgen Sonntag, 13. April, findet von 10 bis 18 Uhr in Zürich im Kulturareal Mühle Tiefenbrunnen das Schoggifestival «ehrundredlich» statt. 25 Aussteller präsentieren dort nachhaltig produzierte ...
Berikerin Andrea Hüsser initiiert ein Festival
Übermorgen Sonntag, 13. April, findet von 10 bis 18 Uhr in Zürich im Kulturareal Mühle Tiefenbrunnen das Schoggifestival «ehrundredlich» statt. 25 Aussteller präsentieren dort nachhaltig produzierte Schokolade, Kakaoprodukte und Lösungsansätze gegen Entwaldung. Mittendrin steht die Mitinitiantin Andrea Hüsser. Sie wuchs in Berikon auf, lebt heute in Zürich und ist als Geschäftsleiterin von «Good Chocolate Hub» tätig. Der Verein widmet sich der Nachhaltigkeit und Fairness in der Schokoladenindustrie und fördert den bewussten Konsum. Dies alles ist Andrea Hüsser sehr wichtig. Sie hofft deshalb auf viele Besucher bei «ihrem» Festival. --red
Schoggi soll alle glücklich machen
Die gebürtige Berikerin Andrea Hüsser ist Mitinitiantin des Schoggi-Festivals «ehrundredlich» in Zürich
Andrea Hüsser ist die Geschäftsleiterin des Good Chocolate Hub. Die Organisation fördert den bewussten Konsum von Schokolade und widmet sich der Nachhaltigkeit und der Fairness in der Schokoladenindustrie. Auch mit dem Schoggi-Festival, das in diesem Jahr am 13. April in die vierte Runde geht.
Sabrina Salm
Sie zergeht auf der Zunge, die Aromen entfalten sich, ein Glücksgefühl macht sich breit. Für viele fühlt sich der Konsum von Schokolade womöglich genauso an. Von allen Süssigkeiten gehört die «Schoggi» definitiv zur beliebtesten. Besonders die weltberühmte Schweizer Schokolade bezeichnen viele als unwiderstehlich. Mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsum von 11 bis 12 Kilo im Jahr gehört die Schweiz zu den Ländern mit dem höchsten Schokoladenkonsum.
«Ich liebte schon immer Milchschoggi», sagt Andrea Hüsser, Geschäftsleiterin und Mitbegründerin von Good Chocolate Hub. Doch dann verging ihr vor gut 18 Jahren erstmals die Lust auf die süsse Versuchung. «Im Kopf zumindest», wie sie es heute beschreibt. «Es war ein Dilemma für mich. Da ich damals aber keine Alternative sah, habe ich mich schwergetan mit dem Konsum von Schokolade.» Denn anstatt der Süsse der Nascherei dominierte für sie der bittere Beigeschmack bezüglich Herstellung.
Auf Missstände aufmerksam machen
Der Appetit auf Schokolade verging Andrea Hüsser insbesondere wegen der Menschenrechtsverletzungen in der Produktionskette von Schokolade. Die 47-Jährige, die in Berikon aufgewachsen ist, hat sich als Fachverantwortliche bei der Nichtregierungsorganisation Public Eye diesem Thema viele Jahre lang gewidmet. «Die Arbeitsbedingungen auf Kakao-Plantagen sind problematisch, die Einkommen für die Produzenten miserabel und auch missbräuchliche Kinderarbeit weit verbreitet», so die dreifache Mutter, die heute mit ihrer Familie in Zürich lebt. «Ebenfalls sind die Umweltprobleme wie zum Beispiel die massive Abholzung zugunsten des Kakaoanbaus nicht wegzudiskutieren.» Für sie war klar, dass dies so nicht weitergehen kann, und sie hat zusammen mit Anja Glover Good Chocolate Hub, eine als Verein konstituierte parteipolitisch unabhängige Organisation, gegründet. Ihr Ziel: die Nachhaltigkeit in Kakaoproduktionsketten fördern und verbessern. «Der Schokoladenmarkt wird von wenigen grossen Konzernen dominiert. Sie bestimmen die Verhandlungsbedingungen. Den Kakaobauernund -bäuerinnen hingegen bleibt nur der Anbau im Risiko. Aktuell sind die Kakaopreise sehr hoch, die Kakao-Erträge aber niedrig – weil in den Kakao-Anbauländern zu wenig in den Schutz der Kakaoplantagen und Wälder investiert werden konnte. Sind die Erträge hoch, sinkt der Preis. Ein Teufelskreis. «Damit sich das ändert, braucht es eine gerechtere Verteilung von Wertschöpfung, Risiko, Macht und Verantwortung entlang der gesamten Produktionskette.»
Kurz, es brauche nachhaltigere Strategien auf der Ebene des Privatsektors und auf jener der Politik. Die Preisbildung müsse transparenter und langfristig so gestaltet werden, dass die Bäuerinnen und Bauern ein existenzsicherndes Einkommen generieren können. Die Politik stehe insofern in der Pflicht, als sie menschenund umweltrechtliche Sorgfaltspflicht gesetzlich verankern sollte. Auf der Ebene der EU sei die Dringlichkeit bereits seit geraumer Zeit angekommen, wie Entwaldungsverordnung (EUDR) und die Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht im Bereich Nachhaltigkeit (CSDDD) zeigen. Die EUDR verpflichtet Importeure nachzuweisen, dass ihre Kakaoprodukte nicht zur Entwaldung beigetragen haben. «Für mich ist das ein Zeichen, es ist etwas gegangen.» Sie hofft, dass das Aufgegleiste genug schnell etwas Positives verändert.
Brücken zu Konsumenten schlagen
Seit ein paar Jahren ist eine neue Schweizer Schoggi-Generation am Entstehen, die beweist, dass es auch anders geht. Die Schokoladenhersteller beziehen die getrockneten und fermentierten Kakaobohnen direkt bei den Landwirten, verarbeiten und verpacken sie selbst. Noch sind es wenige, die darauf achten, wo ihre Kakaobohnen herkommen. Hüsser ist sich bewusst: «Mit Nischen kann man nicht die Welt verändern. Doch es ist der Anfang für eine Veränderung.» Kakao könne ein Gamechanger sein, um festgelegte Regeln und Gewohnheiten aufzubrechen.
Der Good Chocolate Hub bringt sich nicht nur politisch ein, sondern bietet Workshops und allerhand Informationen an, hat Unterrichtsmaterial entwickelt, das sich an Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums für Wirtschaft und Recht richtet, und führt ein Chocolate-Tasting-Angebot. Die Organisation möchte Brücken schlagen zu den Konsumenten, damit sie durch das Kennenlernen der Schokolade die nachhaltige Produktion bewusst unterstützten. Dazu trägt auch das Aushängeschild von Good Chocolate Hub bei: das jährlich stattfindende Schoggi-Festival ehrundredlich. «Das Festival spiegelt genau das, was wir machen und wofür wir einstehen. Es verbindet dabei Genuss mit verantwortungsvollem Handeln», so die studierte Ethnologin und zertifizierte Chocolate-Tasterin.
Zwischen Genuss und Verantwortung
Mittlerweile geniesst Andrea Hüsser wieder den Konsum von Schokolade. Gute Alternativen hat sie für sich gefunden. Ein Teil davon wird am Schoggi-Festival präsentiert. Zum vierten Mal findet das Festival am 13. April im Kulturareal Mühle Tiefenbrunnen in Zürich statt. Es gibt verschiedene Marktstände und einiges zu probieren. Zirka 1000 Leute werden jeweils erwartet.
Für das Schoggi-Festival 2025 wurde das Leitthema Abholzung gewählt, um auf dringende Probleme aufmerksam zu machen, die Herausforderungen und Chancen zu diskutieren und an innovativen Lösungsansätzen zu arbeiten. Das Gastland ist Ghana, welches zu den grössten Kakaoproduzenten der Welt zählt.
«Nachdem ich viel mit den Schattenseiten der Schokoladenindustrie in Berührung kam, lerne ich nun mit dem Festival wieder die schönen Seiten kennen.» Die bittere Note (im Kopf) ist zwar noch da, aber einiges konnte schon deutlich verbessert werden. Dass Schokolade nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten glücklich macht, sondern auch die Kakao-Anbauenden, dafür machen sich Andrea Hüsser und Good Chocolate Hub weiterhin stark.
Das Schoggifestival
Am 13. April findet das Schoggifestival «ehrundredlich» im Kulturareal Mühle Tiefenbrunnen in Zürich von 10 bis 18 Uhr statt. Es gibt einen Schoggi-Markt, an dem über 25 Ausstellende nachhaltig produzierte Schokolade, Kakaoprodukte und Lösungsansätze gegen Entwaldung präsentieren. Weiter finden verschiedene Vorträge, Diskussionen, Workshops und Degustationen statt. Das Kinderprogramm bietet Schminken, Schatzsuche und Verzieren der eigenen Schokolade an. Tickets und das vollständige Programm unter www.schoggifestival.ch.