Schmerzhafte Einsparungen
31.10.2024 Mutschellen, BerikonGemeinderat möchte den Steuerfuss von 89 auf 95 Prozent erhöhen
Schon länger ist bekannt, dass der Steuerfuss in Berikon wohl steigen wird. Jetzt stellt der Gemeinderat für die Gemeindeversammlung vom 14. November den Antrag, ihn um 6 Prozent zu ...
Gemeinderat möchte den Steuerfuss von 89 auf 95 Prozent erhöhen
Schon länger ist bekannt, dass der Steuerfuss in Berikon wohl steigen wird. Jetzt stellt der Gemeinderat für die Gemeindeversammlung vom 14. November den Antrag, ihn um 6 Prozent zu erhöhen. Selbst bei einem Ja droht ein Aufwandüberschuss.
Roger Wetli
«Wir haben intensive Verhandlungen zum Budget 2025 geführt – zuerst im Gemeinderat, dann mit der Finanzkommission», blickt Frau Gemeindeammann Rosmarie Groux zurück. Der für das Ressort Finanzen zuständige Gemeinderat Stefan Bieri kommt zum Schluss: «Wir sollten nicht zuwarten, sondern jetzt mit den Steuern rauf.» Laut den beiden ist die Erhöhung von 89 auf 95 Steuerprozent nötig, weil sonst der Aufwandüberschuss noch höher wird. Bereits das Budget 2023 schloss mit einem Minus von rund 1,2 Millionen Franken ab, 2024 droht gar ein Minus von 1,3 Millionen Franken.
«Die Ausgaben nehmen zu», bedauert Bieri. Er gibt zu bedenken: «Die Kostentreiber sind alles Posten, auf die wir als Gemeinderat kaum Einfluss haben.» Als Beispiele zählt er die jährlichen Pflegekosten auf, welche von 615 000 Franken im Jahr 2020 auf budgetierte 950 000 Franken angewachsen sind. «Und die Finanzierung der Sonderschulen ist von 1,1 Millionen im Jahr 2020 auf heute rund 1,3 Millionen Franken gewachsen. Alleine diese Posten zusammen bedeuten zusätzliche Ausgaben von rund 600 000 Franken», so Stefan Bieri.
700 000 Franken Ausgaben gespart
Rosmarie Groux betont, dass bei den beeinflussbaren Ausgaben im Budget 2025 gespart wird, wo es geht. «Wir geben jetzt 700 000 Franken weniger aus. Wobei diese Einsparungen schmerzhaft sind.» So wurde etwa der Bau eines Salzsilos für 50 000 Franken gestrichen und es gibt bei den Böden der Spielplätze keine Anpassungen an die BFU-Norm, womit 88 000 Franken gespart werden. Nicht gekauft wird ein Elektroauto für den Hausdienst, obwohl dieses für dessen Arbeit sehr geeignet wäre. Die Schule erhält nicht die angedachten 18 höhenverstellbaren Schülerpulte für 31 000 Franken und die Mietwohnungen der Gemeinde keine neuen Waschmaschinen und Tumbler für 12 000 Franken. «Zudem warten wir mit der Belagssanierung am Bahnhofplatz für 25 000 Franken und mit Randsteinsanierungen für 40 000 Franken», erklärt Stefan Bieri. «Bei all dem müssen wir aber sehr aufpassen, dass wir nötige Unterhaltsarbeiten nicht einfach in die Zukunft vor uns herschieben und dann plötzlich alles gleichzeitig kommt.» Dazu zähle etwa auch der Ersatz des Einfahrttors des Bauamts. Dieses sei 40 Jahre alt, verbogen und schliesse nicht mehr richtig. «Wir ersetzen es 2025 noch nicht und sparen damit rund 75 000 Franken», betont Bieri.
Zusätzlich 750 000 Franken
Rosmarie Groux weiss, dass ein Steuerprozent der Gemeinde rund 130 000 Franken Mehreinnahmen generiert. «Durch die sechs zusätzlichen Steuerprozente zahlt ein verheiratetes Paar mit Kindern und einem steuerbaren Einkommen von 120 000 Franken 390 Franken mehr. Dafür erhält die Gemeinde rund 780 000 Franken zusätzliche Einnahmen.» Trotz einem neuen Steuerfuss von 95 Prozent rechnet der Gemeinderat 2025 mit einem Aufwandüberschuss von rund 200 000 Franken. Stefan Bieri: «Eigentlich müssten wir für ein ausgeglichenes Budget noch um weitere 2 Prozent rauf. Das möchten wir aber nicht, weil wir hoffen, dass die Ausgabenseite dann doch nicht so hoch ist und uns zum Beispiel die Sozialausgaben weniger belasten als heute angenommen.»
Rosmarie Groux und Stefan Bieri hoffen, dass an der Gemeindeversammlung das Budget 2025 mit dem erhöhten Steuerfuss angenommen wird. «Gibt es ein Nein, werden wir ein neues Budget erstellen und den Einwohnern zur Abstimmung unterbreiten müssen», so die Frau Gemeindeammann. «Das würde aber nicht mehr in diesem Jahr geschehen, weshalb wir ab Januar 2025 mit einem Notbudget nur noch die allerwichtigsten und zwingendsten Ausgaben tätigen dürften. Der traditionelle Neujahrsapéro und das Schul-Skilager würden nicht stattfinden.» Für das neue Budget müssten weitere Einsparungen getätigt werden. «Streichen könnten wir dazu den Seniorenausflug, die 1.-August-Feier, die Jungbürgerfeier, die Geschenke an die Jubilare und die Vereinsbeiträge. Die jährlichen 5 Franken pro Einwohner an den Kulturverein könnten wir auf einen Franken kürzen», warnen beide Gemeindevertreter. «Und wir könnten gewisse nötige Unterhaltsarbeiten an der Infrastruktur noch weiter hinauszögern. Alles in allen würden die Einsparungen für Berikon noch mehr weh tun, als dies ohnehin bereits der Fall ist.»
Weitere Steuerfusserhöhungen am Horizont
Laut Finanzplan könnte ein Steuerfuss von 95 Prozent für zwei Jahre gehalten werden, bevor er 2027 und 2029 jeweils nochmals um 5 Prozent steigen würde. Bieri gibt dabei zu bedenken: «Die Finanzplanung ist keine exakte Wissenschaft. Sie ist ein Blick in die Kristallkugel mit sehr vielen Variablen – sowohl bei den Ausgaben wie auch bei den Einnahmen.»
Rosmarie Groux und Stefan Bieri ist bewusst, dass diese Steuerfusserhöhung keine grosse Freude auslöst. «Trotzdem hoffen wir, dass ihre Notwendigkeit verstanden wird und dass sie eine Mehrheit findet.»
Die Traktanden
Die Traktanden der Einwohnergemeindeversammlung vom Donnerstag, 14. November, ab 19.30 Uhr im Berikerhus sind: 1. Protokoll vom 12. Juni. – 2. Zusicherung des Gemeindebürgerrechts an acht Personen. – 3. Genehmigung von 38 Millionen Franken für die Sanierung und den Neubau des Alterszentrums Bärenmatt. – 4. Genehmigung Teilrevision Satzungen Gemeindeverband Kreisschule Mutschellen (KSM). – 5. Zusatzkredit 25 000 Franken für die Erneuerung und Erweiterung der Fahrrad- und Kickboardabstellplätze bei der Primarschule. – 6. Verpflichtungskredit von 399 700 Franken für die Erschliessung des Baugebiets «Gubel» mit Wasser und elektrischer Energie. – 7. Verpflichtungskredit von 1,095 Millionen Franken für die Werkleitungs- und Strassensanierung Zopfstrasse Süd. – 8. Budget 2025 mit einem Steuerfuss von 95 Prozent (2024: 89 Prozent). – 9. Verschiedenes und Umfrage.
Ausgaben von 1,5 Millionen Franken
«Gmeind» stimmt über Erschliessung und Strassensanierung ab
399 000 Franken für die Erschiessung des Baugebiets «Gubel» mit Wasser und elektrischer Energie und 1,095 Millionen Franken für die Werkleitungs- und Strassensanierung Zopfstrasse Süd: Neben dem Budget 2025 sind das zwei weitere ausgabenstarke Traktanden an der «Gmeind» vom 14. November. «Der Gestaltungsplan Gubel ist seit August rechtskräftig. Jetzt geht es darum, dieses Gebiet bezüglich Wasser, Abwasser und Strom zu erschliessen», gibt Gemeinderat Stefan Bieri Einblick. «Beim Wasser planen wir einen Ringschluss, womit die Versorgungssicherheit erhöht wird. Diese Investition ist für die Entwicklung des Gebiets Gubel entscheidend.»
Beim zweiten Projekt sollen die Strasse und die Leitungen der Zopfstrasse Süd saniert werden. «Die Leitungen stammen von 1968. Es gab dort in den letzten Jahren mehrere Brüche», so Bieri. «Die alte 300-Millimeter-Leitung des Wasserversorgungsverbandes in der Halacherstrasse kann übernommen werden. Dort wird eine 125-Millimeter-Leitung durchgestossen.»
Zudem sei die Zopfstrasse teilweise eng. Sie soll jetzt optimiert werden, wo dies möglich ist. Die Strasse verläuft teilweise auf Privatgrund und soll jetzt durch die Gemeinde gekauft werden. «Nur 250 000 Franken der Totalkosten von 1,095 Millionen Franken belasten die Gemeinde. Der Rest wird von den Werken bezahlt», betont der Gemeinderat. --rwi