Problem bei der Wurzel packen
10.05.2024 Kelleramt, OberlunkhofenAm Infoanlass zu Problempflanzen in Oberlunkhofen waren auch die Verbote auf nationaler Ebene ein Thema
Landwirte, Gartenbesitzer und Naturinteressierte – sie waren eingeladen, um sich von Fachleuten über invasive Neophyten orientieren zu lassen. Dazu hat sich ...
Am Infoanlass zu Problempflanzen in Oberlunkhofen waren auch die Verbote auf nationaler Ebene ein Thema
Landwirte, Gartenbesitzer und Naturinteressierte – sie waren eingeladen, um sich von Fachleuten über invasive Neophyten orientieren zu lassen. Dazu hat sich der Gemeinderat beim Naturama Aargau und beim Forstbetrieb Kelleramt Unterstützung geholt.
Thomas Stöckli
Verschiedene Pflanzen wie Kirschlorbeer, Schmetterlingsflieder und Blauglockenbaum dürfen in der Schweiz ab dem 1. September nicht mehr importiert und weitergegeben werden. Das hat der Bundesrat so beschlossen und damit einen parlamentarischen Vorstoss umgesetzt. «Von mir aus könnte noch mehr verboten werden», hält Landwirt Peter Hagenbuch am Neophyten-Infoanlass in Oberlunkhofen fest. Invasive Pflanzen, die gezielt importiert oder unbewusst eingeschleppt wurden, machen seinem Berufsstand nämlich das Leben schwer. Wobei das Problem meist nicht in den Intensivkulturen liegt. Viele invasive Neophyten fühlen sich nämlich da am wohlsten, wo die Nährstoffe knapp sind. Hier können sie sich ohne Lichtkonkurrenz festsetzen und ausbreiten. Das betrifft ökologisch wertvolle Ruderalflächen ebenso wie brachliegende Bauparzellen oder eben die extensiven Wiesen, die ökologischen Ausgleichsflächen, für welche die Bauern mit Direktzahlungen entschädigt werden – sofern denn die Artenvielfalt stimmt. Entsprechend müssen sie viel Aufwand betreiben, damit die Neophyten nicht überhandnehmen.
Im Vogelfutter eingeschleppt
«Ein Blumenstrauss gehört in den Abfall und nicht in den Kompost», findet Peter Hagenbuch. Seiner Meinung nach sollte man Landschaftsgärtner und Floristen mehr in die Verantwortung nehmen und möglichst komplett auf gebietsfremde Pflanzen verzichten. «So würde man das Problem bei der Wurzel packen», sagt er. Die Erfahrung zeigt, dass selbst Vogelfutter heikel sein kann: «Heute weiss man, dass die Ambrosia so eingeschleppt wurde», sagt Cornelia Lohri, Projektleiterin Naturförderung am Naturama Aargau.
Dabei sind Neophyten nicht grundsätzlich unerwünscht. Als Beispiele für kulinarisch bereichernde Zuzüger nennt Gemeinderat Cristian Canis etwa Reis, Kartoffeln und Mais, aber auch Apfel und Weintraube. Problematisch werde es dann, wenn Neobiota etwa einheimische Pflanzen verdrängen, Hänge destabilisieren oder – wie die erwähnte Ambrosia – heftige allergische Reaktionen auslösen.
Weisse Streifen nach «Lothar»
Auch im Forst, der rund einen Viertel des 325 Hektaren grossen Gemeindegebiets Oberlunkhofen ausmacht, spielen ortsfremde Pflanzen eine unrühmliche Rolle. Erstmals bewusst mit invasiven Neophyten in Kontakt gekommen sei er, nachdem Sturm Lothar im Dezember 1999 im Joner Wald gewütet hatte, blickt Förster Urs Huber zurück. Danach zeigten sich in der Schneise im Hintergom zwei weisse Streifen. Was er anfänglich für Kamille hielt, stellte sich als Einjähriges Berufkraut heraus. Durch Mulchen und Aufforsten konnte die Ausbreitung eingedämmt werden, «aber es hat da auch jetzt noch Berufkraut», so Huber. In Oberlunkhofen bereitete derweil der Kugelfang beim Schützenhaus Sorgen. Hier wird der Goldrutenbefall durch fleissiges Mähen eingedämmt. So soll die einheimische Vegetation den Invasor zurückdrängen.
Mit der Erfassung der Problempflanzen in seinem Wald und auf seinen Wiesen sowie ersten Bekämpfungserfolgen scheint Oberlunkhofen auf Kurs. Wie es in Privatgärten aussieht, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Zumal sich die Bevölkerung mässig interessiert zeigt: Gerade mal 20 Besucherinnen und Besucher hat die Informationsveranstaltung angelockt.
Mit der Wurzel ausreissen
Sollen gebietsfremde Pflanzen manuell bekämpft werden, sei es wichtig, den richtigen Zeitpunkt zu finden, betont der Förster, der auch Neobiota-Ansprechperson der Gemeinde ist: «Unmittelbar vor der Blüte erkennt man sie am besten.» Am effektivsten ist es natürlich, wenn man die Pflanzen mitsamt der Wurzel ausreisst, bevor sie sich ausbreiten. Das können sie nämlich mit grosser Effizienz, wie Cornelia Lohri beschreibt, sei es durch eine Vielzahl an Samen, durch Wurzelausläufer oder ihre Anpassungsfähigkeit. Und haben sich die Pflanzen bereits etabliert, müssen sie mehrmals im Jahr eingedämmt werden. Das könne sich bei grossflächigem Befall notfalls auch auf Mähen beschränken.
Für die korrekte Bestimmung und Bekämpfung verschiedener invasiver Neophyten stellt die Gemeindeverwaltung Flugblätter zur Verfügung. Die sicherste Entsorgung der Pflanzen geschieht in den meisten Fällen über den Kehricht. Neophytensäcke zur korrekten Entsorgung der Schadpflanzen können ebenfalls bei der Gemeindeverwaltung bezogen und mit dem Hauskehricht mitgegeben werden.