Ohne Geländer und Erlebnispfad
06.06.2025 Kelleramt, RottenschwilAn der «Gmeind» in Rottenschwil setzten sich zwei Anträge gegen jene des Gemeinderates durch
Einerseits die Sanierung der Reussbrücke Werd. Andererseits der Landabtausch im Auengebiet Giriz. Beide Themen sorgen an der «Gmeind» für ...
An der «Gmeind» in Rottenschwil setzten sich zwei Anträge gegen jene des Gemeinderates durch
Einerseits die Sanierung der Reussbrücke Werd. Andererseits der Landabtausch im Auengebiet Giriz. Beide Themen sorgen an der «Gmeind» für Diskussionen. Und bei beiden gibt es Änderungen. Die Brückensanierung erfolgt ohne ein neues Geländer und der Landabtausch ohne Erlebnispfad.
Annemarie Keusch
«Das habe ich noch nie gehört, auf der ganzen Welt nicht», sagt Franz Hagenbuch. Dass durch ein Auengebiet von nationaler Bedeutung, ein Naturerlebnispfad führen soll. «Man wertet den Girizkanal auf, damit Kiebitze wieder brüten. Das tun sie aber nicht, wenn ständig Leute vorbeispazieren.» Der Erlebnispfad ziehe Besucherinnen und Besucher an. «Man investiert Geld in den Naturschutz, macht es mit den vielen Leuten im Gebiet aber wieder zunichte.» Was ihn als Landwirt zudem stört: «Wenn die Fläche für den Naturschutz zu wenig hochwertig ist, dann braucht es mehr davon. Und wo wird das geholt? Beim Kulturland, wie es in den letzten Jahrzehnten mehrfach der Fall war.»
Im Gebiet des Girizkanals plant die kantonale Abteilung Landschaft und Gewässer ein Revitalisierungsprojekt. Dafür wird der Flurweg verlegt. Das Gebiet ist im Besitz des Kantons, mit Ausnahme der Wegparzelle. Darum muss die Gemeinde einem Landabtausch zustimmen. Mit dem Projekt sollen unter anderem heimische Amphibienarten gefördert werden. Der Kanal wird dafür ausgeweitet und eben die Flurstrasse an die Parzellengrenze verschoben. Ursprünglich war kein Naturerlebnispfad geplant. Der Gemeinderat bedingte diesen aber aus, um die Bevölkerung nicht aus dem Gebiet auszuschliessen.
Eine Klappe – freiwillig nur eine Fliege
Dies kam bei einigen Stimmberechtigten gut an. Eine Frau fragte gar nach, ob es eine Garantie gebe, dass nicht in wenigen Jahren eine Schranke das Spazieren dort verunmögliche. Christian Rechsteiner, Vertreter des Kantons, betonte, dass es nur Probleme geben könne, wenn der Naturerlebnispfad von zu vielen Menschen begangen wird oder gar Feste dort gefeiert werden. Man habe den Pfad ins Projekt aufgenommen, weil damit auch Möglichkeiten entstünden, die Bevölkerung für den Naturschutz zu sensibilisieren, zu informieren. Rechsteiner sprach davon, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – das Gebiet aufwerten und die Bevölkerung nicht ausschliessen. Die Rottenschwiler Stimmberechtigten verzichten nun aber auf die zweite Fliege. Sie stimmen dem Landabtausch zu, folgen aber mehrheitlich dem Antrag von Franz Hagenbuch, dass der Naturerlebnispfad nicht realisiert wird.
Keine Lastwagen, Landwirtschaft ist Grauzone
Ebenfalls nur in abgeänderter Form sagt der Souverän Ja zur Sanierung der Reussbrücke. Zustandsuntersuchungen brachten Rost, Betonabplatzungen, Risse und beschädigte Widerlager ans Tageslicht. Die Pfeiler aber sind nach wie vor in gutem Zustand, darum reicht eine Sanierung. Zu diskutieren gibt an der «Gmeind», dass die Brücke nur noch für 7,5 Tonnen passierbar ist. «Ursprünglich war sie für mehr Gewicht dimensioniert, aber über die Jahre und durch das Befahren mit schweren Fahrzeugen schritt die Abnützung voran», betonte ein Experte. Ein Stimmbürger bezeichnete dies als «mittlere Katastrophe». Rottenschwil höre nicht bei der Werd-Brücke auf, die Landwirte bewirtschaften auch Land auf der anderen Reussseite. «Wir können nicht die Augen verschliessen und hoffen, dass nie etwas passiert.» Dass die Brücke auch mit schwereren landwirtschaftlichen Gefährten befahren werden kann, dagegen spreche nichts. «Das war auch die letzten Jahre so.» Was hingegen bleibt, ist das Lastwagen-Fahrverbot. «Auch wenn es nicht immer nützt», weiss Ammann Daniel Moor aus eigenen Beobachtungen.
Der Gemeinderat schlug vor, dass die Gemeinde die Sanierungskosten alleine stemme. Beim Bau und bei der letzten Sanierung 2004 beteiligten sich der Kanton und umliegende Gemeinden. Der Kanton beschränkt die Beteiligung auf 60 Franken pro Laufmeter wegen der kantonalen Radroute, die die Brücke passiert. Mit den Gemeinden fanden noch keine Gespräche statt. «Wir schlagen vor, auf diese Beiträge zu verzichten, damit wir auch künftig alleine entscheiden können, was mit der Brücke passiert, ob sie temporär gesperrt wird oder wie auch immer», betonte der Gemeindeammann.
Ohne 120 000 Franken teures Geländer
Dagegen regte sich bei den anwesenden Stimmberechtigten kein Widerstand. Aber die Pläne in Sachen Geländer kamen bei den Stimmberechtigten nicht gut an. Moor stellte vier Varianten vor, drei mit Leitplanken, eine mit Stabgeländer. Der Gemeinderat entschied sich für letztere, mit rund 120 000 Franken die teuerste. «Auch weil diese stirnseitig montiert werden könnte und es damit mehr Platz für Fussgänger geben würde», betonte Moor. Er wies aber auch darauf hin, dass es möglich wäre, das Geländer so zu belassen, auch wenn dieses mit 90 Zentimetern Höhe eigentlich zu tief sei. Und genau das beantragte ein Stimmbürger und die Variante ohne Geländer erhielt die Mehrheit der Stimmen.
Damit belaufen sich die Kosten für die Sanierung auf 445 000 Franken. Damit werden die Mängel behoben. Auch eine neue Brücke war kurz ein Thema. «Das würde ein x-Faches kosten, aus dem Bauch heraus: mindestens zehnmal mehr», betonte einer der Experten. Kommt hinzu, dass die Brücke für ihr Alter in gutem Zustand ist, auch an Flusssohle und Pfeiler sei alles in bester Ordnung. Die bald neuen Fahrbahnübergänge seien zudem breiter, besser und langlebiger. Die Sanierung mache die Brücke mit grosser Wahrscheinlichkeit für weitere Jahrzehnte nutzbar.
Die Beschlüsse
Von den 690 Stimmberechtigten nahmen deren 51 an der Einwohnergemeindeversammlung teil. Einstimmig sagten sie Ja zum Protokoll, zum Rechenschaftsbericht, zur Jahresrechnung, zur leicht höheren Entschädigung des Gemeinderates für die Amtsperiode 2026/2029 und zum Kredit von 165 000 Franken für die Sauberwasserleitung Käsereistrasse. Die 248 000 Franken für die Erweiterung des Kindergartens wurden mit nur zwei Gegenstimmen genehmigt. Beim Kreditantrag für die Sanierung der Reussbrücke Werd kam aus der Versammlung ein Antrag, diese ohne Geländersanierung zu realisieren. Bei der Gegenüberstellung stimmten 38 Stimmberechtigte für die Variante ohne Geländersanierung, die statt 576 000 Franken rund 445 000 Franken kostet. Diese Variante fand bei der Schlussabstimmung ein deutliches Ja, bei nur einer Gegenstimme. Ähnlich geschah es beim Landabtausch Giriz Grien, wenn auch knapper. Dem Antrag, den Landabtausch zu vollziehen, aber ohne geplanten Naturerlebnispfad entlang des Kanals, folgten in der Gegenüberstellung 28 Stimmbürger, am Schluss stimmten 30 für das Projekt.
Unter Verschiedenem informierte der Gemeinderat darüber, dass im Weiler Werd innerorts bald Tempo 30 gelten soll. Auch auf den Strassen von Rottenschwil, von der Mohrentalstrasse und von Oberlunkhofen her nach Werd soll künftig langsamer gefahren werden, 60 statt bisher 80 km/h. Die Publikation erfolgt nach den Sommerferien, Schilder und Markierungen würden Anfang 2026 angebracht. --ake