Noch keine neuen Wasserzähler
22.11.2022 Berikon, MutschellenGemeindeversammlung in Berikon
Anlässlich der «Gmeind» in Berikon kamen zahlreiche Kreditgeschäfte vor den Souverän. Dabei wurde ein Verpflichtungskredit über eine Million für die Beschaffung neuer Wasserzähler ...
Gemeindeversammlung in Berikon
Anlässlich der «Gmeind» in Berikon kamen zahlreiche Kreditgeschäfte vor den Souverän. Dabei wurde ein Verpflichtungskredit über eine Million für die Beschaffung neuer Wasserzähler zurückgewiesen.
Marco Huwyler
Nein, so weit wollten sie dann doch nicht gehen in Berikon. Im Anschluss an den Rückweisungsantrag von Lieni Füglistaller hatte ein weiterer Votant – wohl beflügelt von den markigen, wirkungsvollen Worten des langjährigen National- und Grossrats – gefordert, dass man in der Mutscheller Gemeinde ein mindestens 10-jähriges Moratorium einführt. Bis dahin sollten keine neuen Wasserzähler beschafft werden – schliesslich sei das gute alte mechanische System immer noch das beste und günstigste.
Zu teuer, zu transparent
Einen dermassen langfristigen, selbstauferlegten Stillstand fand glücklicherweise keine nennenswerten Unterstützer – ganz im Gegensatz zum Rückweisungsantrag Füglistallers. Er wurde mit 50 Prozent Ja- zu 35 Prozent Nein-Stimmen angenommen. Damit muss der Beriker Gemeinderat nochmals über die Bücher, bevor er das Kreditbegehren an der kommenden «Gmeind» erneut vors Volk bringt. Füglistaller hatte vor allem moniert, dass die beantragten neuen Wasserzähler im Vergleich viel zu teuer seien. 995 000 Franken für 950 Wasserzähler – also über tausend Franken pro Zähler – sei jenseits von Gut und Böse. Der 71-Jährige nannte als Beispiel Rudolfstetten und Aristau, die beide ebenfalls ihr Wasserzählerwesen modernisierten (wenngleich auch mit einem anderen Modell) und dabei pro Haushalt um ein Vielfaches günstiger weggekommen seien. Zudem sei die nun vorgeschlagene Lösung mit ständiger automatischer Übermittlung der Zählerdaten problematisch in punkto Datenschutz, wie auch ein Bundesgerichtsurteil beweise. «Ich fordere deshalb den Gemeinderat auf, über die Bücher zu gehen und auch andere, günstigere und weniger gläserne Varianten zu prüfen», sagte er. Und wie er sah dies auch die Mehrheit der anwesenden 109 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Eine beachtliche Zahl übrigens, die beinahe eine Stuhlknappheit im Berikerhus zur Folge hatte.
Engagierte Bevölkerung
Sie alle befanden im Verlaufe dieses Abends über eine ganze Reihe von Kreditanträgen mit einem Gesamtvolumen von rund 3 Millionen Franken. «Das ist eine ziemliche Häufung, wir wissen das. Aber wir sind im Gemeinderat der Meinung, dass wir Ausgaben, die getätigt werden müssen, auch tätigen und nicht jahrelang aufschieben», sagte Ammann Stefan Bossard. Die aufmerksame und durchaus kritische Versammlung hakte in der Folge bei zahlreichen Traktanden nach.
So wollte man beim ICT-Konzept der Kreisschule Mutschellen (in dessen Zuge alle Schüler und Lehrer mit neuen iPads ausgerüstet werden) wissen, ob man auch Leasing-Optionen anstelle eines Kaufs geprüft habe (Antwort: Ja – Kauf kommt günstiger). Genauso ob man eine Alternative zu den Apple-Produkten erwogen habe (Ja – Apple liefert das beste bzw. am besten zu handhabende Gesamtpaket für die Anforderungen der Schule). Beim Kreditantrag über 170 000 Franken für neue Velo- und Kickboardständer beim Schulhaus Birke wurde die Höhe der Summe hinterfragt (ist so, weil die Hälfte davon für die Anpassung der Umgebung aufgewendet werden muss) und beim Verpflichtungskredit für die Instandsetzung und Werterhaltung der Strassenbeleuchtung wurde die generelle Beleuchtungssituation in Berikon thematisiert, die gemäss Votant Ulrich Von Moos (der sich generell wieder äusserst rege mit Wortmeldungen hervortat) im Allgemeinen ungenügend beziehungsweise zu dunkel sei. Letztlich wurden die Bedenken und Zweifel an allen Traktanden vom Gemeinderat soweit zerstreut, dass sieben von acht Krediten (Ausnahme Wasserzähler) ohne grosse Gegenstimmen genehmigt wurden.
«Worst Case»-Budget
Erklärungsbedarf hatte der Gemeinderat in Person von Ammann Bossard schlussendlich in der Causa «Budget 2023». Dieses weist nämlich einen beachtlichen Verlust von rund 971 000 Franken auf. Gemäss Bossard hat dies vor allem mit der Budgetierungsmethode zu tun. «Wie viele Gemeinden hat man in Berikon traditionell die Angewohnheit, fast schon übervorsichtig den ‹Worst Case› zu budgetieren», erklärte er. Dies führe oft dazu, dass der Verlust am Ende geringer ausfalle oder gar in einen Gewinn resultiere. «Wir haben im Gremium intensiv darüber debattiert, ob wir dies ändern möchten. Am Ende haben wir uns im Sinne der Konsistenz und Vergleichbarkeit über die Jahre hinweg dagegen entschieden.» Es dürfte daher zu erwarten sein, dass der Verlust nicht ganz so gross sein wird. Dennoch ist er unerfreulich, das sah auch die Finanzkommission so. «Die relevanten Kennzahlen sind schwach, die Selbstfinanzierung gering und die operativen Ergebnisse ungenügend», fand man hier klare Worte. «Es braucht daher Zurückhaltung und eine durchdachte Immobilienstrategie (Stichwort Riedacher).» Mit Verweis auf das nach wie vor hohe Eigenkapital und positive Nettovermögen der Gemeinde wurde das Budget dennoch zur Annahme empfohlen. Und diesem Antrag folgte der Souverän auch ohne Gegenstimmen.
Sparen ist nicht alles
Schliesslich gilt es noch zu konstatieren, dass der Gemeinderat bei der Budgetierung kaum Spielraum hatte. 80 Prozent der 17 Millionen hohen Ausgaben sind fremdbestimmt (etwa durch Vorgaben des Kantons) und nicht beeinflussbar. Hinzu kommen weitere Posten, an denen faktisch ebenfalls kaum gerüttelt werden kann – etwa, weil eine Gemeinde ganz ohne Angestellte nicht funktioniert. «Beim vergleichsweise kleinen Rest geben wir uns grosse Mühe, haushälterisch zu sein und Sorge auf unser Vermögen zu haben», sagte Bossard. Doch letztlich sei es auch so, dass man in Berikon – anders als gewisse Nachbarn – nicht alles dem Vermögen und möglichst tiefen Steuern unterordne. «Das ist nicht unser Kurs. Wir wollen eine Gemeinde sein, die ihren Beitrag für das gesellschaftliche Miteinander leistet. Berikon soll leben und sich am Leben in der Region beteiligen.» Dies sah auch die Mehrheit der anwesenden Bevölkerung ganz offensichtlich so – sie bedachte die Worte ihres Ammanns mit einem spontanen Applaus.
Die Beschlüsse
Die Gemeindeversammlung hat folgende Traktanden klar angenommen: Verpf lichtungskredit von 280 000 Franken, für die Instandsetzung und Werterhaltung der Strassenbeleuchtung. – Verpf lichtungskredit von 620 000 Franken für den Werkleitungs- und Belagsersatz in der Marrengasse. – Planungskredit von 350 000 Franken für die Arealentwicklung Bahnhofgebiet Berikon. – Verpflichtungskredit 230 000 Franken für die Ausrüstung der Schulzimmer mit digitalen Wandtafeln. – Verpflichtungskredit von 170 000 Franken für die Erneuerung und Erweiterung der Fahrrad- und Kickboardabstellplätze bei der Primarschule Berikon. – Verpf lichtungskredit von brutto 710 000 Franken (Anteil Gemeinde Berikon rund 213 000 Franken) für die Umsetzung des ICT-Konzepts der Kreisschule Mutschellen (KSM). – Verpf lichtungskredit von brutto 218 000 Franken für die Anschaffung eines Atemschutzfahrzeuges für die Feuerwehr Mutschellen (Anteil Gemeinde Berikon 122 000 Franken). – Budget 2023 der Einwohnergemeinde Berikon mit einem Steuerfuss von 89 Prozent.
Folgendes Traktandum wurde zurückgestellt: Verpf lichtungskredit von 1 000 000 Franken für den Ersatz der Wasserzähler. --huy