«Nicht schon wieder ein Targo»
14.07.2023 Rudolfstetten, MutschellenSchwierig zu knacken
Sommerserie «Freiämterisch»: Targo Tresore AG
In der Sommerserie «Freiämterisch» beleuchtet diese Zeitung Unternehmen aus der Region, die einmalige Produkte herstellen. Den Auftakt macht die Targo Tresore ...
Schwierig zu knacken
Sommerserie «Freiämterisch»: Targo Tresore AG
In der Sommerserie «Freiämterisch» beleuchtet diese Zeitung Unternehmen aus der Region, die einmalige Produkte herstellen. Den Auftakt macht die Targo Tresore AG aus Rudolfstetten-Friedlisberg. Sie ist schweizweit die einzige Firma, welche Tresore noch von Grund auf selber auf baut. Der 23-jährige Joel Bundi führt das Geschäft in dritter Generation. «Wir bauen qualitativ hochstehende Tresore, an denen sich schon manche Einbrecher die Zähne ausgebissen haben.» Bundi möchte sich mit der Firma auch weiterhin in dieser Nische behaupten. --rwi
Sommerserie «Freiämterisch»: Die Targo Tresore AG stellt in Rudolfstetten als einzige Schweizer Firma Tresore her
In Rudolfstetten-Friedlisberg ist die letzte Firma der Schweiz zu Hause, die noch selbst Tresore herstellt. Mit elf Angestellten behauptet sich das Unternehmen bei einem Kundenstamm, der hohe Qualität schätzt. Geschäftsführer Joel Bundi leitet das Unternehmen in dritter Generation mit Leidenschaft.
Roger Wetli
«Grundsätzlich kann alles geknackt werden», lacht Joel Bundi. «Man macht den Einbrechern aber das Leben schwer, indem man die Tresore so baut, dass das Aufbrechen viel Zeit braucht, Spezialwerkzeug benötigt, Lärm verursacht oder sie so eingebaut sind, dass sie nicht einfach ungeöffnet abtransportiert werden können.» Eine Präventionsmassnahme sei zudem, einen Tresor gut sichtbar zu platzieren. Das gebe dem Dieb das Signal, dass alles sicher aufbewahrt ist.
Eines der wichtigsten Komplimente erhielt der Geschäftsführer indirekt von einem Verbrecher: «Die Polizei zeigte uns ein Foto von einem Einbruch, bei dem der Knacker aus Frust auf den Tresor ‹Scheisse, schon wieder ein Targo› geschrieben hatte.» Seit der 23-Jährige vor vier Jahren die Leitung des Unternehmens übernommen hat, sei kein einziger ihrer Tresore mehr illegal geöffnet worden. «Es gab zwar Versuche. Diese scheiterten aber alle», freut sich Joel Bundi.
Pläne im Kopf statt auf Papier
Das Familienunternehmen aus Rudolfstetten beschäftigt heute elf Mitarbeiter. Es ist das letzte, welches in der Schweiz Tresore von Grund auf selbst herstellt. Es gebe zwei Faktoren dafür, weiss der Geschäftsführer: «Das Handwerk der Tresorherstellung wurde schlicht nicht weitergegeben. Dazu kommt, dass die Leute günstige Tresore möchten, um darin ihre wertvollsten Dinge sicher aufzubewahren. Wir stellen Qualität und Kundendienst in den Vordergrund und nicht Quantität.» Joel Bundi bezeichnet seine Arbeit als professionelle Freizeitbeschäftigung. Dazu gibt es Standardprodukte und Spezialanfertigungen. Beide Linien werden aber erst auf Bestellung angefertigt. «Grundsätzlich gilt bei uns, dass jeweils eine Person an einem Tresor arbeitet und ihn erst für die Lackierung aus der Hand gibt. Damit schaffen wir eine hohe Präzision.» Sie haben ausschliesslich von einer Tresorlinie detaillierte Pläne. Von allen anderen gebe es ausschliesslich Materiallisten. «Wie man sie genau zusammenbaut, ist in den Köpfen unserer Mitarbeiter gespeichert. Es bringt also nichts, wenn man unsere eigenen Tresore knackt, um an die Pläne zu gelangen», betont der 23-Jährige. Diese Sicherheitsmassnahme bedinge jedoch, dass man gegenüber den Mitarbeitern grosse Wertschätzung zeigt. «Einige arbeiteten bereits mit meinem Grossvater und meinem Vater zusammen. Insgesamt kommen die Mitarbeiter der Targo Tresore AG auf über 200 Jahre Berufserfahrung.»
Selbst experimentieren
Joel Bundi absolvierte im eigenen Betrieb eine Lehre zum Metallbauschlosser. Den Respekt seiner Mitarbeiter verdiente er sich dadurch, dass er mit Tüfteln übers Wochenende zu scheinbar unlösbaren Problemen machbare Wege fand. Dabei hilft es der Firma, dass ihr Expertenwissen bei der Polizei in der ganzen Schweiz bekannt ist, erklärt der Geschäftsführer. «Es kommt immer mal wieder vor, dass Kunden ihre Tresore nicht mehr öffnen können – weil Schlüssel verloren oder Codes vergessen gehen. Dies erforderte auch schon Massnahmen im Ausland. Unsere speziellen Panzerschränke müssten in diesem Fall jedoch nach Rudolfstetten geliefert werden», gibt Joel Bundi Einblick.
Schwierig zu kopieren
Neben den Privatkunden beliefert die Targo Tresore AG auch Hotels, Kliniken und staatliche Einrichtungen. Wie brandsicher ihre Tresore sind, durfte das Unternehmen selbst vor 15 Jahren erfahren, als ein Schwelbrand den ganzen Büroraum Flammen setzte. «Die in den Tresoren enthaltenen Dokumente waren danach alle unbeschädigt», erinnert sich der Geschäftsführer.
Verkauft werden die Produkte der Rudolfstetter Firma weltweit. Dabei seien heute Tresore, die mit Elektronik versehen sind, sicherer als solche ohne. In die USA werden etwa solche mit Elektronikschlössern ausgeliefert, die sich bei einer entsprechenden Endziffer zwar ebenfalls öffnen lassen, gleichzeitig aber einen stillen Alarm an die Polizei senden. «Das ist nötig, wenn ein Dieb mit Waffe die Herausgabe der Wertgüter verlangt. Durch den stillen Alarm fühlt er sich sicher, beeilt sich nicht und wird dann beim Verlassen des Gebäudes von der Polizei in Empfang genommen», betont Joel Bundi.
Bundi arbeitet im Unternehmen seines Vaters und seines Grossvaters, weil er an dessen Zukunft glaubt. «Ich bin überzeugt, dass es eine Marktnische für qualitativ hochwertige Tresore gibt. Den Fokus möchte ich nun vermehrt auf Spezialanfertigungen legen.» Und er schmunzelt über eine weitere Geschichte: «Ein Händler schickte uns Fotos aus China von einem unserer Tresore, der in Einzelteile zerlegt in einer Firma lag. Sie hatten ihn bei uns bestellt, um ihn zu kopieren, wussten aber auch nach zwei Jahren nicht, wie man ihn korrekt wieder zusammenbaut.»
Vor 66 Jahren gegründet
Die Targo Tresore AG wurde 1957 von Kuno und Irma Bundi aus Berikon gegründet. 1983 erfolgte der Neubau und der Bezug der Fabrikation in Rudolfstetten. 1989 übernahm Sohn Marco Bundi das Geschäft. Offiziell übergab dieser die Geschäftsführung im September 2022 seinem heute 23-jährigen Sohn Joel Bundi, der das Unternehmen seit vier Jahren in dritter Generation leitet. Sein Vater ist weiterhin Geschäftsinhaber. --rwi