Moderner Campus statt Pavillons
11.02.2025 WohlenProjektwettbewerb für die Erweiterung der Kantonsschule Wohlen gestartet
Was 1966 als kleines, familiäres Lehrerseminar begonnen hat, ist in den vergangenen Jahren zu einer grossen Kantonsschule geworden. Jetzt folgt der nächste grosse Ausbau, in dem kaum ...
Projektwettbewerb für die Erweiterung der Kantonsschule Wohlen gestartet
Was 1966 als kleines, familiäres Lehrerseminar begonnen hat, ist in den vergangenen Jahren zu einer grossen Kantonsschule geworden. Jetzt folgt der nächste grosse Ausbau, in dem kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Die Erweiterung auf 55 Abteilungen ist für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung.
Chregi Hansen
Das Thema ist schon länger bekannt. Die Aargauer Mittelschulen platzen aus allen Nähten. Neben dem Bau von neuen Schulen plant der Kanton darum auch den Ausbau bestehender Schulstandorte. Dazu gehört auch Wohlen. Am Freitag startete dafür der Projektwettbewerb. Bis zum 12. Juni können interessierte Büros ihre Ideen und Pläne einreichen.
Der geplante Ausbau ist gewaltig. Die Kantonsschule Wohlen (KSWO) soll von heute 33 Abteilungen möglichst rasch auf 55 Abteilungen erweitert werden. Vor Kurzem wurde noch von einer Erweiterung auf 44 Abteilungen gesprochen. Doch das reicht bei Weitem nicht, wie Simone Strub Larcher, Sprecherin des BKS, erklärt. «Die Kantonsschule Wohlen führt derzeit bereits 39 Abteilungen, obwohl sie nur auf 33 Abteilungen ausgelegt ist. Eine Erweiterung auf 44 Abteilungen würde die Kapazitätsprobleme nur sehr kurzfristig lösen. Deshalb soll der Ausbau auf 55 Abteilungen erfolgen», sagt sie. Mehr noch: Das Projekt soll zudem so umgesetzt werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Erweiterung auf 66 Abteilungen möglich ist. Diese sei zwar aktuell noch kein Thema, so Strub, «aber die Entwicklungsmöglichkeit muss durch das kommende Projekt aufgezeigt werden».
Zahlen gehen weiter nach oben
Doch braucht es dieses enorme Wachstum tatsächlich? Werden die Schülerzahlen weiterhin so ansteigen? Für Strub ist klar, dass es vorerst in diesem Mass weitergeht. «Sinkende Schülerzahlen sind angesichts der demografischen Entwicklung unwahrscheinlich. Auch an den Volksschulen werden Kapazitäten erweitert. Die Mittelschulen sind im Kanton Aargau aktuell bereits zu 116 Prozent ausgelastet», so die Sprecherin des BKS. Der geplante Bau einer neuen Kanti in Lenzburg werde an der Situation in Wohlen kaum etwas ändern, diese Schule soll vor allem den Raum Aarau entlasten. Das Einzugsgebiet der Kantonsschule Wohlen bleibt grundsätzlich unverändert.
Nachhaltig bauen
Mit dem geplanten Entwicklungsschritt wird die Schule ihr Aussehen massiv verändern. Von den jetzt bestehenden Bauten wird ausser dem denkmalgeschützten Hauptgebäude kaum etwas stehen bleiben. Zwar gibt es vonseiten des Kantons keine Vorgaben an die Planer, was alles wegmuss. Aber die meisten Gebäude sind in die Jahre gekommen. Das gilt zum einen für die alten Pavillons, welche einst den Grundstein der Kanti bildeten. Das gilt aber selbst für das erst 2012 eröffnete Atrium. Macht das Sinn, ein solches Gebäude schon wieder abzureissen? «Das Atrium wurde als Provisorium geplant und erstellt», erklärt Strub. Der zeitlich beschränkte Gebrauch wurde eigentlich auf acht Jahre festgelegt, die Bewilligung vor Kurzem verlängert, sodass das Atrium etwa 20 Jahre betrieben werden kann. Aus energetischen und raumklimatischen Gesichtspunkten entspricht das Gebäude zudem nicht mehr den aktuellen Standards. Oberstes Ziel sei die Entwicklung einer kompakten, effizienten, nachhaltigen und zukunftsorientierten Campusanlage. Der Kanton verfolge dabei hohe und vorbildhafte Nachhaltigkeitsziele.
Jetzt sind innovative Lösungen gefragt
Der Terminplan ist ehrgeizig. Der neue Campus soll bereits 2032 in Betrieb gehen. Da der Grossteil der bestehenden Gebäude wohl abgebrochen wird, der Schulbetrieb aber normal weiterläuft, ist dies eine grosse Herausforderung für alle Beteiligten. Die heutige Kapazität von 33 Abteilungen darf während des gesamten Bauablaufs zu keinem Zeitpunkt unterschritten werden. Das bedeutet: Bestehende für den Schulbetrieb genutzte Gebäude dürfen erst rückgebaut werden, wenn gleich grosse Ersatzflächen zur Verfügung stehen. Dabei soll möglichst auf Provisorien verzichtet werden, auch wenn diese nicht ganz ausgeschlossen werden. «Letztendlich ist es eine wichtige Aufgabe der Planungsteams, im Rahmen ihrer erarbeiteten Projekte geeignete und innovative Lösungen für den Bauablauf zu finden und diese im Wettbewerb nachvollziehbar darzustellen», sagt Simone Strub Larcher.
Die Schule ist in der Jury mit dabei
Der Start des Projektwettbewerbs ist ein wichtiger Schritt hin zu einer grösseren und modernen Schulanlage. Dementsprechend gross ist die Freude bei Rektor Matthias Angst. Er sieht das Ganze als «grosse Chance für eine kompakte und zukunftsorientierte Campusanlage». Gleichzeitig ist er sich der Herausforderung bewusst. «Kurzfristig gilt es, den Wettbewerb am Schulalltag vorbei bewältigen zu können», sagt er. Denn die Kanti ist im Preisgericht vertreten. Matthias Angst als stimmberechtigtes Mitglied der Jury, weitere Personen aus der Schulleitung, dem Kollegium und der Schülerschaft sind – ohne Stimmrecht – ebenfalls eingebunden. Doch damit ist es nicht getan. «Mittelfristig ist die parallele Baustelle zum Schulbetrieb anspruchsvoll und langfristig ist es das Schulwachstum», so Angst weiter.
Heute gehen rund 800 Schülerinnen und Schüler sowie 120 Lehrpersonen an der Kanti ein und aus. Dereinst dürften es etwa 1200 Schüler und etwa 160 Lehrer sein. Doch wie sorgt man dafür, dass bei diesem Wachstum der Charakter der Schule erhalten werden kann? «Baulich betrachtet ist das die grosse Aufgabe der Planerteams. Schulisch betrachtet ist es unsere grosse Aufgabe, diese Schule dann neu zu beleben und mit weiteren Personen zu bereichern, die dieselben Ziele und Vorstellungen teilen», so der Rektor. Er ist aber überzeugt, dass dies gelingt. «Es arbeiten ganz viele, sehr engagierte Leute an diesem riesigen Projekt, sodass ich derzeit keine Sorgen habe, sondern ganz viel Neugierde und Vorfreude verspüre», sagt er.
Der Regierungsrat des Kantons Aargau hat bereits einen Kredit für die Durchführung des Projektwettbewerbs sowie für einen Anteil an Planungsleistungen des Vorprojekts bewilligt. Laut Zeitplan soll die Jury ihre Bewertung bis Ende Oktober abgeben, die Verfügung durch den Regierungsrat ist für Januar 2026 vorgesehen. Nach dem sehr wichtigen Wettbewerbsentscheid folgen als nächste zentrale Schritte das Baugesuch und die Baubewilligung. Mit den Bauarbeiten soll im Frühling 2029 begonnen werden. Das Zeitfenster ist eng. «Die Planungsarbeiten sollen unmittelbar nach Abschluss des Verfahrens ausgelöst werden», betont denn auch die BKS-Sprecherin. Aktuell geht man von Gesamtkosten von gegen 140 Millionen Franken aus.
Bevölkerung ist gewachsen, Anzahl Kantis nicht
Sowohl Simone Strub Larcher wie auch Matthias Angst freuen sich auf die Ideen der teilnehmenden Planungsbüros. «Wir erwarten aufgrund der umfangreichen und ansprechenden Aufgabenstellungen eine rege Teilnahme von renommierten Architekturbüros», so Strub. Für Rektor Angst wiederum ist die geplante Erweiterung die notwendige und effiziente Antwort des Kantons auf die demografische Entwicklung und die vorhandenen Ressourcen. «Die Bevölkerung des Kantons wächst seit Jahrzehnten, während die Anzahl Kantonsschulen seit den 70er-Jahren unverändert ist», macht er deutlich. In Wohlen verfügt der Kanton zudem über eigenes Land in der richtigen Zone, daher mache der Ausbau hier Sinn.
Was passiert mit den Fussballplätzen?
Auch die Gemeinde Wohlen ist in die Planung involviert. Mit ihr wurden bereits mehrere Gespräche geführt. Sie war auch in die Vorbereitung zum Verfahrensprogramm involviert, sodass wichtige Informationen in das Projekt eingeflossen sind, wie zum Beispiel der Entwicklungsrichtplan Rigacker. Die Leiterin Planung und Ortsentwicklung der Gemeinde Wohlen ist zudem als beratende Expertin (ohne Stimmrecht) im Preisgericht vertreten. Auch mit den Sportvereinen, welche die Hallen oder Fussballplätze nutzen, haben bereits Gespräche stattgefunden, weitere sind geplant. Während in Sachen Hallen sogar ein Ausbau geplant ist, so bleibt die Zukunft der Fussballplätze im Rigacker ungewiss. Ein Erhalt wird zwar begrüsst, ist für den Betrieb der KSWO jedoch nicht zwingend. Man darf gespannt sein, welche Lösungen in diesem Bereich vorgestellt werden.
Start vor fast 60 Jahren
Die Geschichte der Kanti Wohlen
Die Kanti Wohlen (KSWO) wurde 1966 als Zweigschule des damaligen Seminars Wettingen gegründet. Ab 1969 wurde das Seminar Wohlen organisatorisch unabhängig. Im Jahr 1976 wurde es dann in ein Gymnasium umgewandelt. Die KSWO bietet seit dem Schuljahr 2013/14 zusätzlich die Fachmittelschule (FMS) mit den drei Berufsfeldern Gesundheit und Naturwissenschaften, Pädagogik und Soziale Arbeit an. Aktuell werden an der KSWO 39 Abteilungen in Schulraum für 33 Abteilungen unterrichtet, was einer Auslastung von 118 Prozent entspricht.
Immer wieder ausgebaut
Die KSWO besteht aus mehreren Gebäuden, welche im Laufe der Zeit und aufgrund der steigenden Anzahl Schülerinnen und Schüler entstanden sind. Zwischen 1965 und 1969 wurde zuerst der fünffingrige Pavillonbau und im Jahr 1972 die erste der drei bestehenden Sporthallen auf dem zirka 56 000 Quadratmeter grossen Areal errichtet. Diese Bauten wurden im Jahr 2009 saniert. Im Jahr 1988 entstand das Hauptgebäude mit den markanten Elementen des international bekannten Architekten Santiago Calatrava. Die zweite der drei bestehenden Sporthallen wurde kurz danach, im Jahr 1990, eröffnet. Diese musste nach einem Brand im Jahr 2009 saniert werden. Zuletzt wurden zwei Provisorien in Betrieb genommen: das Atrium (2012), welches aus 15 Unterrichtsräumen besteht, und die dritte Sporthalle (2013).
Im Jahr 2016 musste aufgrund der prekären Platzverhältnisse der Mensaraum in die Eingangshalle des Hauptgebäudes erweitert werden. Im Jahr 2017 konnte in einem benachbarten Neubau ein Werkraum angemietet und ausgebaut werden, welcher für den Unterricht an der FMS notwendig ist. Aktuell stehen verschiedene Überlegungen im Raum, wie die feuerpolizeilichen Bedingungen erfüllt werden können, damit die Gangflächen im Hauptgebäude als Schülerarbeitsplätze genutzt werden können. --red