Missbrauchs-Dateien gehortet
07.02.2025 MuriBezirksgericht verurteilt 24-Jährigen wegen Konsum und Verbreitung von Kinderpornos
Monate Gefängnis bedingt, 1000 Franken Busse und ein lebenslängliches Verbot von Tätigkeiten, die regelmässigen Kontakt mit Minderjährigen umfassen – ...
Bezirksgericht verurteilt 24-Jährigen wegen Konsum und Verbreitung von Kinderpornos
Monate Gefängnis bedingt, 1000 Franken Busse und ein lebenslängliches Verbot von Tätigkeiten, die regelmässigen Kontakt mit Minderjährigen umfassen – damit folgte das Bezirksgericht dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft.
Thomas Stöckli
Zum Verhängnis wurde ihm einerseits ein Upload auf einem Dateien-Tauschdienst. Im letzten Quartal 2022 machte der damals knapp 22-Jährige drei kinderpornografische Bilddateien öffentlich zugänglich – und damit die Polizei auf sich aufmerksam. Knapp zwei Monate später meldete andererseits eine private Non-Profit-Organisation, die sich für vermisste und ausgebeutete Kinder einsetzt, dem Bundesamt für Polizei kinderpornografisches Material, das vom Handy des jungen Mannes geteilt wurde. Es folgte eine Hausdurchsuchung, bei der EDV-Geräte und Datenspeicher sichergestellt wurden. «Die Verhältnismässigkeit stimmte nicht», beschwerte sich der heute 24-Jährige vor Gericht. Er sei schliesslich kein Schwerverbrecher und habe noch nie jemandem etwas angetan.
Tausende illegale Dateien
Zu seiner Verhandlung erschien der Beschuldigte, der im Bezirk Muri wohnt, ohne Rechtsvertreter und mit einer guten Viertelstunde Verspätung. «Es hatte Verkehr», so seine Begründung auf Nachfrage von Gerichtspräsidentin Simone Baumgartner. Die Befragungen zur Person zeichnen das Bild eines jungen Mannes, der noch bei den Eltern wohnt, einer geregelten Arbeit als Hauswart nachgeht, in seiner Freizeit gerne Computerspiele spielt und mit Kollegen ausgeht. Gleichzeitig aber auch das Bild eines jungen Mannes, der einen Rucksack mit sich trägt, aus psychischen Gründen, die er auch auf Nachfrage nicht weiter ausführte, in Behandlung ist und der sich nicht mehr erklären kann, wie er in die Lage gekommen ist, für die er sich nun vor Gericht verantworten musste: 1008 Bild- und 1069 Videodateien mit tatsächlichen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen sowie 124 Dateien mit animierter Kinderpornografie wurden bei ihm sichergestellt, dazu hundert Dateien mit Tierpornografie und diverse mit Gewaltdarstellungen. Damit konfrontiert, gab der Beschuldigte zu: «Das ist schon viel.»
Ausbeutung gefördert
Angefangen habe es mit einer Gruppe im Messengerdienst Telegram. Dort habe er das sehen wollen, was in den herkömmlichen Medien nicht gezeigt werde. «Aus Neugierde», gab der Beschuldigte an. In erster Linie seien das Gewaltdarstellungen gewesen: «Ich wollte wissen, wie Menschen zu so etwas getrieben werden», sagte er. Weshalb er dann auch Kinder- und Tierpornografie zu horten begann, dazu konnte er dem Gericht keine schlüssige Antwort liefern. Es sei eine schwierige Zeit gewesen, er habe die Dateien nicht aktiv gesucht, sondern mehr oder weniger wahllos abgespeichert, sei schlicht neugierig gewesen. Heute distanziere er sich von seinem damaligen Verhalten, hielt er fest. Und er spüre kein Verlangen, eine Beziehung zu einem Kind zu haben.
Der forensische Bericht zeichnet ein etwas anderes Bild. Nämlich, dass der Beschuldigte sich das Material zum Teil auch aktiv aus dem Darknet beschaffte – oder zumindest aus dem Deep Web, wie der junge Mann relativierte. Und in mindestens einem Fall hat er auch für kinderpornografisches Material bezahlt – im Bewusstsein, damit die Ausbeutung von Minderjährigen zu fördern und den Missbrauch anzukurbeln. Erwähnt werden im forensischen Bericht darüber hinaus auch sichergestellte Fotos mit Lebenslauf und Kontaktangaben von minderjährigen Oberstufenschülerinnen aus der Region. Er habe die Lebensläufe lustig gefunden und über Snapchat mit einem Kollegen geteilt, so der junge Mann.
Strafmass übernommen
Acht Monate Gefängnis auf Bewährung, bei einer Probezeit von zwei Jahren, hatte die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten gefordert. Dazu eine Busse von 1000 Franken und die Verfahrenskosten von knapp 2200 Franken. Er sei über die Höhe der Strafforderung erschrocken, so der Beschuldigte, habe sich allerdings informieren lassen, dass diese im Rahmen des Üblichen liege. Sie habe den Ansatz im ersten Moment eher als tief empfunden, hielt Simone Baumgartner entgegen. Zumal sie nicht sicher sei, ob er den Ernst der Lage erfasst habe und überhaupt empathiefähig sei. Im Namen des Bezirksgerichts Muri sprach sie den Angeklagten schuldig in allen Anklagepunkten, namentlich der Verbreitung und des Konsums von harter Kinderpornografie und von Gewaltdarstellungen.
Angesichts des jungen Alters und der schlechten psychischen Befindlichkeit des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt verzichtete das Gericht darauf, das Strafmass zu erhöhen, fordert vom jungen Mann allerdings zusätzlich, seine Probleme mit professioneller Hilfe anzugehen. «Sie sollen nicht alleine gelassen sein, wenn Ihnen Steine in den Weg gelegt werden», so die Gerichtspräsidentin. Noch ist unklar, ob der junge Mann seine Stelle behalten kann, gehört zur einschlägigen Verurteilung doch auch ein lebenslanges Verbot von beruflichen und ausserberuflichen Tätigkeiten in regelmässigem Kontakt mit Minderjährigen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.