Mehr als Tore schiessen
09.01.2024 Jonen, Kelleramt«Blick aufs neue Jahr»: Stefan Späni, Schulleiter Kreisschule Jonen
Er war Sportler, vergleicht darum das Leben auch mal mit einem Fussballspiel. Nun ist Stefan Späni aber Schulleiter in Jonen und schreibt darüber, wie sich die Schule wandelt und ...
«Blick aufs neue Jahr»: Stefan Späni, Schulleiter Kreisschule Jonen
Er war Sportler, vergleicht darum das Leben auch mal mit einem Fussballspiel. Nun ist Stefan Späni aber Schulleiter in Jonen und schreibt darüber, wie sich die Schule wandelt und den sich verändernden Bedürfnissen anpasst.
«An einem Fussball-Länderspiel zwischen der Schweiz und Deutschland wurde gemessen, wie viele Kilometer die einzelnen Mannschaften während 90 Minuten laufen. Die Schweiz kam auf stolze 268 Kilometer, die Deutschen hingegen nur auf 186 Kilometer. Nur erzielten die Deutschen nebenbei noch 4 Tore.
Unser Alltag ist geprägt von viel Verantwortung, hohen Erwartungen und unzähligen Aufgaben, die oft gleichzeitig erledigt werden sollten. Der stetige Fluss von Informationen und Impulsen erfordert rund um die Uhr eine rasche Reaktion. Vor meiner Zeit als Schulleiter begleitete ich während 18 Jahren auf einer Grossbank Menschen, die zwar auf viele Kilometer kamen, aber keine Tore erzielten. Dort war es auch, wo ich erkannte, welche Kompetenzen für ein erfolgreiches Berufs- und Privatleben tatsächlich benötigt werden.
Ebendiese Kompetenzen müssen bereits während der Schulzeit gebildet, gefördert und gefestigt werden. Wissen ist heutzutage überall und jederzeit verfügbar. Dadurch besitzen die Fachkompetenzen nicht mehr denselben Stellenwert wie früher. In den Vordergrund hingegen rücken immer mehr die Ich-, die Selbst- und die Sozialkompetenz. Diese Entwicklung zwingt auch die Schulen zum Umdenken. Und mit der Einführung des neuen Aargauer Lernplans 21 folgt man diesem Trend. Dabei rückt das Bilden und Fördern von vielen unterschiedlichen Kompetenzen ins Zentrum.
Auf eine Welt vorbereiten, die sich ständig verändert
Doch was heisst das für die Schulen, etwa in Jonen? Bereits im Kindergarten versuchen wir, die Teamarbeit und kollaboratives Lernen mit einem stärkeren Schwerpunkt auf projektbasiertem Lernen zu fördern. So entwickeln die Schüler und Schülerinnen praktische Fähigkeiten, um ihre Problemlösungskompetenzen zu festigen. Ein verstärkter Fokus auf die Entwicklung sozial-emotionaler Fähigkeiten, um Schüler auf eine sich ständig verändernde Welt vorzubereiten. Dazu gehören Empathie, Kommunikation und kognitive Flexibilität.
Beim Lernen spielen für Kinder viele verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle. Sie lernen am besten, wenn sie motiviert sind. Es gibt für uns Menschen nur zwei intrinsische Motivationstreiber. Entweder tun wir etwas aus Angst oder aus Liebe. Extrinsische Motivationsaspekte, wie Belohnung oder viel Lob, haben nichts mit Motivation zu tun, sondern sind eine Art von Manipulation. Jedes Kind ist einzigartig und hat unterschiedliche Lernstile, Geschwindigkeiten und Interessen. Ein individueller Ansatz, der den Bedürfnissen jedes Kindes gerecht wird, ist uns wichtig. Für Lehrpersonen ist jedoch der Umgang mit dieser immer grösser werdenden Heterogenität eine Herausforderung. Sie sollten jedem Kind gerecht werden, die Schüler und Schülerinnen aktiv am Lernprozess beteiligen. Interaktive Aktivitäten, Diskussionen wie auch praktische Anwendungen fördern das Verständnis und die Anwendung von Wissen. Ganz entscheidend ist jedoch die Entwicklung sozial-emotionaler Fähigkeiten. Kinder und Jugendliche sollten lernen, ihre Emotionen zu verstehen, mit anderen zu interagieren, Empathie zu entwickeln und sich für ihre Werte einsetzen zu können. Letzteres merken wir Eltern zu Hause. Bereits im Kindergarten beginnen unsere Kinder zu diskutieren, ja sogar Widerstände gegen Regeln und Strukturen zu entwickeln.
Zusammenarbeit mit Eltern
Indem diese Aspekte berücksichtigt werden, kann das Lernen für Kinder effektiver und erfüllender gestaltet werden. Es ist wichtig, zu beachten, dass Kinder individuell unterschiedlich sind, daher ist Flexibilität in der pädagogischen Herangehensweise entscheidend. Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule spielt eine entscheidende Rolle im Bildungserfolg von Kindern. Eltern sollen und müssen unbedingt einen besseren Einblick in den Schulbetrieb erhalten. Gegenseitige Transparenz ist für die Unterstützung und Entwicklung der Kinder zentral. Wir stellen fest, dass gerade die Bewertungsanlässe und das neue Bewertungssystem durch die Einführung LP21 oft zu Missverständnissen führen. Hier liegt es in der Pflicht der Schule, die Eltern auf den neuesten Stand zu bringen. Daher werden wir im Frühjahr 2024 einen Infoabend zum Thema Aargauer Lehrplan 21 anbieten.
So wünsche ich mir auch im neuen Jahr für die Kinder, dass sie an den Schulen in Jonen Freude und Interesse am Lernen haben. Dass sie ihre Stärken einsetzen und weiterentwickeln können, sich wohlfühlen und später auf eine wunderbare Schulzeit zurückblicken werden. Und dass sie durch das Erlernte in ihrer Zukunft viele Kilometer zurücklegen, vor allem aber ganz viele Tore schiessen werden.»
Stefan Späni