«Langeweile ist nichts für mich»
29.07.2025 Region Oberfreiamt, BoswilZwischen Baustelle, Gastronomie und Kultur: Interview mit Peter Wyrsch, Boswil
Er ist ein Tausendsassa, wie er im Buche steht. Mit dem «Guggibad» und dem «Löwen» in Boswil führt Peter Wyrsch zwei Restaurants. Im «Chillout» ...
Zwischen Baustelle, Gastronomie und Kultur: Interview mit Peter Wyrsch, Boswil
Er ist ein Tausendsassa, wie er im Buche steht. Mit dem «Guggibad» und dem «Löwen» in Boswil führt Peter Wyrsch zwei Restaurants. Im «Chillout» organisiert er unterschiedlichste kulturelle Anlässe. Zusätzlich ist er als Maurer selbstständig und sitzt im Gemeinderat. Peter Wyrschs Tag scheint mehr als 24 Stunden zu haben.
Annemarie Keusch
Im ganzen Land und auch in der Region schliessen die Restaurants. Sie übernahmen vor zwei Jahren ein zweites. Wieso?
Peter Wyrsch: Mit dem «Löwen» in Boswil holen wir schlicht nicht alle Leute ab. Im Restaurant wird geraucht, einen Spielplatz gibt es nicht. Entsprechend suchten wir eine ergänzende Lösung und fanden sie im «Guggibad». Ein ruhiger Ort, wo sich Familien und Kinder wohlfühlen.
Dennoch. Viele kehren der Gastronomie den Rücken. Sie nicht.
Nein, weil ich von der Wichtigkeit der Gastronomie überzeugt bin. Sie bringt Menschen ganz unterschiedlichen Hintergrundes zusammen. Das gefällt mir. Dass viele Restaurants schliessen, tut mir weh. Es braucht Restaurants. Nur schon als Anlaufstelle für jene, die sonst alleine sind. Ich mag es, wenn etwas läuft. Langeweile ist nicht meines.
Sie sorgen mit ganz vielen Anlässen gleich selbst dafür, dass im Dorf und in der Region keine Langeweile aufkommt.
Genau. Bei uns finden ganz unterschiedliche Anlässe statt. Im musikalischen Bereich etwa von Linedance bis zu Rockkonzerten. Auch hier wollen wir die Breite ansprechen. Weil die Vielfalt den Alltag auch für uns spannend macht. Und nicht zuletzt sind all diese Anlässe auch Werbung für die beiden Restaurants.
Um zwei Restaurants zu stemmen, braucht es viel Personal. Dieses zu finden, wird laufend schwieriger. Wie machen Sie das?
Wir dürfen auf viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen. Ohne sie wäre vieles nicht möglich. Zudem ist das Netzwerk entscheidend.
Wir sind in den sozialen Medien in zig Gruppen präsent, gerade auch rund um Saisonstellen. Man darf sich nicht zu schade sein, potenzielle Mitarbeitende zu umwerben. Und natürlich ist es wichtig, ein guter Arbeitgeber zu sein. Unsere Mitarbeitenden können beispielsweise mehr Ferien am Stück beziehen, als dies gesetzlich vorgeschrieben wäre. Zudem kommt uns hier die Kombination zweier Restaurants zugute.
Wie meinen Sie das?
Wir können das Personal besser verteilen. Im Sommer läuft im «Guggibad» mehr, im Winter im «Löwen». So können wir auch im Bereich der Pensen unseren Mitarbeitenden entgegenkommen und wir bieten ihnen mehr Abwechslung. Nicht nur wegen der beiden Restaurants, sondern auch wegen der zahlreichen Catering-Anlässe, die wir mittlerweile übernehmen. Wichtig ist, nie stehen zu bleiben und immer neue Ideen zu entwickeln.
Wer macht das?
Ganz viele Ideen kommen tatsächlich von mir. Aber ohne die Rückendeckung der Mitarbeitenden und ihre Mithilfe könnte ich sie nicht umsetzen. Unser Team zählt mittlerweile bis zu 25 Mitarbeitende, das Catering ist stetig gewachsen und auch die täglichen Lieferungen, die wir in Zeiten der Pandemie lancierten, reissen nicht ab. Gerade ältere Leute und Firmen sind froh, dass wir ihnen täglich frisch zubereitete Menüs liefern. Und das ohne Zusatzkosten. Es ist mir wichtig, nicht einfach nur einzukassieren, sondern eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen. Dabei kommt immer ganz viel retour und wir dürfen wunderschöne Reaktionen entgegennehmen und Dankbarkeit spüren. Das erdet und das motiviert, jeden Tag weiterzumachen.
Woraus ziehen Sie Energie, jeden Tag an so vielen Fronten tätig zu sein?
(Lacht.) Ich habe diese Energie einfach in mir. Mit allem, was ich mache, versuche ich Menschen eine Freude zu bereiten. Ob als Gastronom, Event-Organisator, Gemeinderat oder auf dem Bau. Wenn die Menschen zufrieden sind, dann bin ich es auch. Als wir vor 22 Jahren im «Löwen» übernahmen, wurden wir von vielen Seiten belächelt. Natürlich steckt mittlerweile unendlich viel Herzblut im Betrieb. Nur schon das alleine gibt Kraft, immer weiterzumachen. Aber natürlich merke auch ich, dass ich nicht jünger werde und mittlerweile 50 Jahre alt bin. Ich gönne mir Inseln im Alltag, im Sommer hie und da ein paar Tage am Luganersee in Italien und den Januar verbringe ich seit einigen Jahren bei Verwandten in Neuseeland. Dabei tanke ich auf. Zudem bin ich mittlerweile Grossvater und verbringe gerne Zeit mit meinem Enkel. Auch daraus ziehe ich viel Energie.
War es überhaupt von Anfang an klar, dass aus Ihnen ein Gastgeber wird?
Ich hatte immer Freude an Leuten. Und wir haben früher immer wieder Feste organisiert im Freundeskreis. Aber dass daraus einst etwas solch Grosses entstehen könnte, das hätte ich nie gedacht. Ich bin hineingewachsen, aber es gefällt mir, wie alles gekommen ist.
Sie bringen in Ihrem Alltag ganz viel unter einen Hut. Wie geht das?
Auch wenn ich auf viele Leute chaotisch wirke, geht nichts ohne gute Organisation. Flexibilität ist besonders wichtig. Ganz vieles erledige ich dabei morgens in der Früh. Denn egal wie spät es am Vorabend wurde, bin ich am Morgen immer der Erste im «Löwen». Wenn es ruhig ist, lässt sich ganz vieles erledigen. Und dann bin ich bereit für einen Tag, der immer wieder aufs Neue Überraschungen mit sich bringt.
Mit dem «Löwen» und den vielen Anlässen sorgen Sie dafür, dass etwas läuft in Boswil.
Genau das will ich auch. Die ganze Region ist mir wichtig, Boswil im Speziellen. In den letzten Jahren hat sich das Dorf gewandelt, ist gewachsen. Im Gemeinderat versuchen wir immer wieder, für Boswil gute Lösungen zu finden. Das Dorf ist toll. Die Leute, die Vereine. Ohne all dies, wäre es schwierig, mitten im Ort ein Restaurant zu führen. Entsprechend ist es ein stetes Geben und Nehmen. Und in diesem Kreislauf bin ich gerne eines der Zahnräder.