Kurze Wege zum Steueramt
05.04.2024 KelleramtMit vereinten Kräften wollen Jonen und Islisberg die Nähe zur Bevölkerung langfristig sichern
Zehn Tage vom Beschluss der Zusammenarbeit bis zur Umsetzung. So schnell geht es selten. Die erste Zwischenbilanz nach einem Quartal und zu Beginn der ...
Mit vereinten Kräften wollen Jonen und Islisberg die Nähe zur Bevölkerung langfristig sichern
Zehn Tage vom Beschluss der Zusammenarbeit bis zur Umsetzung. So schnell geht es selten. Die erste Zwischenbilanz nach einem Quartal und zu Beginn der «Hauptsaison» fällt äusserst positiv aus. Die Beteiligten sprechen von einem Gewinn für alle.
Thomas Stöckli
Eine Kündigung gab den Anstoss. Eingereicht hatte diese Vilma Kaqinari, Leiterin Steuern der Gemeinde Islisberg, im letzten Herbst. «Wir haben die Stelle ausgeschrieben», blickt Gemeindeschreiberin Susanne Giger zurück, «aber Bewerbungen kamen nur spärlich.» Kein Wunder: «Für den Bereich Steuern ist der Stellenmarkt ausgetrocknet», bestätigt Lorenz Staubli, ihr Amtskollege in Jonen. «Unser Ziel war es nicht, das Steueramt abzugeben», so Susanne Giger. Nach der zweiten erfolglosen Ausschreibung habe man allerdings einen Plan B ins Auge fassen müssen.
Breitere Abstützung
Dass Islisberg in Jonen auf offene Ohren stiess, lag nicht unwesentlich am guten Einvernehmen der beiden Gemeindeammänner, Philipp Ackermann in Jonen, der im Februar überraschend verstorbene Rolf Roth in Islisberg. Roth sei direkt auf ihn zugekommen und habe nach der Möglichkeit eines gemeinsamen Steueramts gefragt, blickt Ackermann zurück: «Wir haben uns von Beginn an verstanden und hatten ein gemeinsames Ziel: Rolf musste eine Lösung für die Gemeinde Islisberg schaffen und ich wollte die Abteilung Steuern unserer Gemeinde resilienter aufstellen.»
Viele Alternativen hatten beide Seiten nicht, wenn man die Wege für die Bevölkerung kurz halten wollte. Die anderen Kellerämter Gemeinden sind schliesslich alle dem regionalen Steueramt in Oberwil-Lieli angeschlossen. «Im Sinne einer breiteren Abstützung waren wir von Anfang an offen», sagt Lorenz Staubli. Nicht zuletzt ermöglicht die Zusammenlegung bessere Optionen, wenn es etwa darum gehe, ferien- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten abzudecken.
Personelle Chance ergriffen
Der letzte Mosaikstein, der im Sinne einer raschen Lösung noch fehlte, war denn auch ein personeller. Da es sich Vilma Kaqinari vorstellen konnte, ihren Job als Teil eines Teams in Jonen weiterzumachen, stand einer Turbo-Umsetzung des Zusammenschlusses nichts mehr im Weg. So wurde der Zusammenschluss der Steuerämter an der letzten Gemeinderatssitzung des letzten Jahres beschlossen – und zehn Tage später bereits umgesetzt.
«Ausbaden» muss den Entscheid Ruth Zgraggen, Leiterin Steuern in Jonen. «Klar hätte ich mir gewünscht, etwas mehr Zeit zu haben», gibt sie unumwunden zu. Allerdings habe sie auch vom ersten Kontakt an realisiert, dass der Zusammenschluss für Jonen eine Chance ist: «Eine breitere Abstützung ist einfach besser.» Und die schnelle Umsetzung sei ihr insofern lieber gewesen als die Alternative, in einem halben Jahr einen «Scherbenhaufen» in Form von unerledigt liegen gebliebener Arbeit übernehmen zu müssen.
Das gute Anfangsgefühl habe sich in der Zwischenzeit bestätigt: «Der Projektstart lief super», zieht Zgraggen nach einem Vierteljahr Zwischenbilanz: «Die Wege sind kurz und Vilma Kaqinari ist mit ihrer Persönlichkeit und ihrer Erfahrung ein Gewinn für unser Team.»
Zusammenführung läuft noch
Dabei ist Ruth Zgraggen bewusst, dass der eingeschlagene Weg noch lang ist. Es gilt, die unterschiedlichen Arbeitsabläufe und Ablagesysteme anzugleichen und zusammenzuführen. Während die eine Gemeinde ihre Grundbuch-Einträge bisher nach Parzellennummer sortiert hat, tat dies die andere alphabetisch nach Strassennamen. Was die IT anbelangt, ist das gemeinsame Steueramt auf den Support des Kantons angewiesen, der dieses System betreibt. «Aktuell müssen wir uns noch aus der einen Gemeinde ausloggen, wenn wir in der anderen etwas bearbeiten wollen», beschreibt Zgraggen.
Für die Bevölkerung von Islisberg ist zwar etwas Nähe verloren gegangen. Trotzdem zeigten sich kaum negative Reaktionen. «Das dürfte auch daran liegen, dass ringsum keine Gemeinde mehr ihr Steueramt im Haus hat», so Susanne Giger. Im ersten Quartal waren die Anfragen aus Islisberg tatsächlich aussergewöhnlich hoch. Und doch dürften noch nicht alle die Änderung realisiert haben. Lächelnd berichtet Susanne Giger von einem Einwohner, der direkt gegenüber der Gemeindeverwaltung Islisberg wohnt und schnell ein Formular bei Vilma Kaqinari abholen wollte. Als er feststellte, dass er dazu nach Jonen müsste, hat er sich das Dokument dann doch lieber per Mail schicken lassen.
Synergien in der Region nutzen
Islisberg und Jonen – das Miteinander bewährt sich schon im Dienstleistungscenter Amt (Dileca), wo unter anderem die Herausforderungen der Abfallentsorgung gemeinsam mit den Gemeinden aus dem angrenzenden Knonauer Amt angegangen werden. «Grundsätzlich sind wir in Jonen offen für Zusammenarbeit», sagt Lorenz Staubli. Man sei aber bestrebt, der Bevölkerung Dienstleistungen vor Ort zu erbringen, auch wenn das aufwendig, personalintensiv und herausfordernd sei, betont der Joner Gemeindeschreiber und nennt als Beispiel den Sozialdienst. Der Wert dieser Nähe wird offenbar geschätzt, wie man auch beim Steueramt feststellt: «Ich höre immer wieder von Leuten, dass ihnen der persönliche Kontakt wichtig ist», sagt Ruth Zgraggen.
«Wir sollten die Zusammenarbeit fördern», findet auch Philipp Ackermann. Grundsätzlich sieht er dafür auf der operativen Gemeindeebene sehr viel Potenzial. «Aber es muss regional ausgelegt werden, es macht wenig Sinn, Gemeindedienstleistungen ausserhalb von Regionen, wie etwa dem Kelleramt, anzubieten, so der Joner Gemeindeammann weiter: «Wir können unsere Einwohnerinnen und Einwohner für Gemeindedienstleistungen nicht in kilometerweit entfernte Gemeinden oder zu privaten Dienstleistungsanbietern schicken.» Eine engere Zusammenarbeit erfordere allerdings auch viel Abstimmungsaufwand und Organisation zwischen den Gemeinden. «Hier bestehen Risiken», so Ackermann. «Die zentralisierten Dienstleistungen müssen für die Einwohnerinnen und Einwohner nachvollziehbar und sinnvoll sein.»