Kunst der Gegensätze
20.06.2025 Kunst, Kelleramt, JonenTierskulpturen von Nick Micros zieren eine Brücke in Jonen
Die Natur bei Jonen hat bei Reusstal-Künstler Nick Micros das Gefühl von Freiheit und Wildnis ausgelöst. Mit seinen Skulpturen auf der letzten Jonenbach-Brücke hat er diesen Eindruck ...
Tierskulpturen von Nick Micros zieren eine Brücke in Jonen
Die Natur bei Jonen hat bei Reusstal-Künstler Nick Micros das Gefühl von Freiheit und Wildnis ausgelöst. Mit seinen Skulpturen auf der letzten Jonenbach-Brücke hat er diesen Eindruck künstlerisch verarbeitet.
Thomas Stöckli
Links eine Krake, rechts ein Affe. Wer am Freiämterweg über die letzte Jonenbach-Brücke vor dessen Einmündung in die Reuss flaniert oder radelt, passiert diese zwei tierischen Skulpturen. Und am Brückenende gleich nochmals, wobei sich nun die Rückansichten präsentieren, der Affe links, die Krake rechts.
Hinter den Figuren steht Nick Micros, Skulpteur, der aus New York stammt, seit 2001 aber im Reusstal lebt – und sich im Sommer gerne in Jonen abkühlt. An einem idyllischen Strand, der durch seine Stille und scheinbare Unberührtheit so wild wirkt, als könnte im nächsten Moment ein Dinosaurier durchs Buschwerk brechen. So ist er darauf gekommen, die Brücke, die seinem Lieblingsplatz für ein Reussbad am nächsten liegt, mit Tierfiguren, die auf den ersten Blick exotisch wirken, künstlerisch zu gestalten.
Gefällige Werke mit starker Symbolik
Die Platzierung ist nicht willkürlich gewählt. Brücken faszinierten Nick Micros bereits, als er noch in New York wirkte. Er spricht von der Symbolik des Übergangs und der Versöhnung, aber auch vom ganz konkreten Gefühl von Freiheit, das er verspürt habe, wenn er über eine der Brücken nach Long Island gefahren sei.
Diesmal nutzt er die Brücke als Sockel für sein Werk, wobei auch die Umgebung und der Bach zum Gesamteindruck beitragen: «Meine Künstlerkollegen in New York flippen aus, wenn ich ihnen Fotos der Skulpturen in der Natur schicke.» Die Werke bilden nicht nur Tiere ab, sondern stehen auch für die Lebensräume Wasser und Land, für die Gegensätze von Evolution und Urtümlichkeit, von Flexibilität und Hartnäckigkeit. «Ich spiele gerne mit Polaritäten», sagt Micros.
Mit seiner Idee sei er bei der Gemeinde zunächst nicht auf Begeisterung gestossen, blickt er zurück, der Skulpteur aus dem Nachbardorf Ottenbach, jenseits der Kantonsgrenze. Ein erstes Gesuch seinerseits verhallte vor vier Jahren jedenfalls unbeantwortet. Bei Gemeinderätin Julia Huber fand er dann doch noch ein offenes Ohr. Sie machte sich für seinen Vorschlag stark und machte damit die vorerst auf ein Jahr befristete Freiluftausstellung möglich.
Mit dem Publikum in Kontakt kommen
Seit Ende Mai sind die Skulpturen nun installiert. Interessierte können sich vor Ort auf einer Tafel über die Werke und die künstlerische Intention dahinter informieren. Die Rückmeldungen seien durchweg positiv, freut sich der Künstler – «und die Gemeinde hat das nichts gekostet», versichert er. Die Freiluftpräsentation sei Teil seiner künstlerischen Praxis. «So komme ich mehr in Kontakt mit dem Publikum als in einer Galerie», sagt er.
In Jonen dürften es 1000 Leute sein, die so auf sein Wirken aufmerksam werden, bei der St.-Jakob-Kirche am Zürcher Stauffacher, wo er seinen «Streuner» platzieren durfte, vielleicht um die 100 000. Es sind authentische Arbeiten, entstanden aus eigenem Antrieb. «Ich arbeite kaum nach Aufträgen», so Micros.
Auf der Brücke in Jonen sind es verhältnismässig schlichte, gefällige Skulpturen. Der Künstler hat sie in Gips modelliert, dann in Zement gegossen, bemalt und auf Zementblöcken arrangiert. Weitere Abgüsse seien in limitierter Auflage erhältlich.
«Kunst ist eine Art der Kommunikation», weiss Nick Micros. Und er schätzt, wie er mit seiner persönlichen Ausdrucksform immer wieder auf Freundlichkeit und Neugierde stösst. Indem er seine Werke im öffentlichen Raum präsentiert, nimmt er Vandalismus in Kauf. Dafür erreicht er Leute in ihrem lokalen Kontext. «Vielleicht führt das ja zu einer anderen Möglichkeit, einem weiteren spannenden Projekt», denkt er laut.