«Kann von allen etwas lernen»
04.10.2024 Region Unterfreiamt, TägerigNicht immer neue Gesetze
Sein politisches Vorbild ist Grossrat Silvan Hilfiker. «Er schafft es immer wieder, in Aarau zu verlässlichen Lösungen beizutragen. Ich teile auch seine Grundhaltung, dass es nicht immer neue Gesetze braucht, sondern dass der ...
Nicht immer neue Gesetze
Sein politisches Vorbild ist Grossrat Silvan Hilfiker. «Er schafft es immer wieder, in Aarau zu verlässlichen Lösungen beizutragen. Ich teile auch seine Grundhaltung, dass es nicht immer neue Gesetze braucht, sondern dass der gesunde Menschenverstand wieder mehr Massstab sein soll», sagt Tim Hoffmann. Hilfiker wurde als Mitglied der Jungfreisinnigen gewählt. Das möchte Hoffmann wiederholen. --chh
Ausblick auf die Grossratswahlen: Interview mit Tim Hoffmann, Tägerig, Kandidat der FDP
Er wohnt in einer Randregion des Bezirks. Bezeichnet sich aber selber als echten Freiämter. Und als gelernter Koch weiss Tim Hoffmann auch, was es heisst, anzupacken.
Chregi Hansen
Sonja Isler, Kandidatin der Mitte aus Wohlen, möchte wissen: Hätten Sie als gelernter Chefkoch und Student der Volkswirtschaftslehre ein Rezept, um Wohlens Finanzen wieder auf Vordermann zu bringen?
Tim Hoffmann: Eine Option könnte sein, die Effizienz der Gemeindeverwaltung zu steigern und die Gemeindeausgaben zu priorisieren, sodass nur wirklich notwendige Ausgaben getätigt werden. Ein aktives Standortmarketing stärkt den Standort Wohlen. Beispielsweise ein Anschluss ans Zürcher S-Bahn-Netz gestaltet den Standort besser und verleiht der Gemeinde einen wirtschaftlichen Schub. Dies führt zu einem Aufschwung im regionalen Gastgewerbe, im kulturellen Angebot und in der Industrie.
Wie entstand bei Ihnen das Interesse an der Politik?
Politik hat einen grossen Stellenwert in meinem Leben. Das Interesse entstand damals nach der Lehre, als ich in die Junioren-Nationalmannschaft der Köche aufgenommen wurde. Zu dieser Zeit habe ich begonnen, mich mit berufspolitischen Fragen zu beschäftigen und mich für diesen schönen Beruf einzusetzen. Als ich später die Matur nachholte, hat sich der Fächer geöffnet für weitere politische Themen. Das führte anschliessend dazu, dass ich von mir aus den Jungfreisinnigen Freiamt beigetreten bin. Heute bin ich deren Vizepräsident.
Warum die FDP?
Ich habe gemerkt, dass sie vieles von dem vertritt, was auch mir wichtig ist. Die Partei passt am besten zu meinem Gedankengut.
Sie kommen aus Tägerig, einer Randgemeinde, die in vielen Belangen mehr nach Mellingen und dem Bezirk Baden ausgerichtet ist. Wie sehr sind Sie doch ein Freiämter?
Voll und ganz. Ich lebe seit der Geburt im Freiamt, habe familiäre Verbindungen nach Bremgarten. Auch politisch fühle ich mich gut aufgehoben bei den Jungfreisinnigen Freiamt. Aber es schadet sicher nichts, über die Region hinauszublicken und auch die Situation in anderen Bezirken zu kennen. Da haben wir in Tägerig gute Voraussetzungen dafür.
In Ihrer Gemeinde wurde vor Kurzem intensiv über eine mögliche Fusion diskutiert. Wie haben Sie dies erlebt?
Das war tatsächlich ein grosses Thema. Der deutliche Entscheid an der Gemeindeversammlung war schliesslich ein klares Signal, dass wir weiter selbstständig bleiben wollen. Ich finde den Entscheid richtig. Angetrieben wurde die Diskussion vor allem durch finanzielle Überlegungen, und die Abklärungen haben gezeigt, dass die Probleme durch eine Fusion nicht einfach verschwinden. Umgekehrt wäre aber die Identität unseres Dorfes verloren gegangen und hätten wir in wichtigen Fragen wie der Orts- und Verkehrsplanung nur noch beschränkt mitreden können. Ich bin überzeugt, dass unser Dorf weiterhin eigenständig bleibt und wir immer Wege finden, um die anstehenden Probleme zu lösen.
Falls Sie gewählt werden, in welchem Bereich wollen Sie sich besonders einsetzen?
Mir liegen vor allem Bildungsthemen am Herzen, das hat sicher auch mit meinem eigenen beruflichen Weg zu tun. Es braucht gut ausgebildete Menschen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Das bedeutet aber nicht, dass alle eine Matur haben müssen, wir müssen vor allem die Berufslehre stärken. Sie braucht mehr Anerkennung. Wir haben ein Top-Bildungssystem, welches auch möglich macht, sich zu jeder Zeit weiterzubilden. So, wie es bei mir der Fall ist.
Wo sehen Sie den Handlungsbedarf in der Bildung?
Vor allem im Primarschulbereich. Die Lehrpersonen müssen entlastet werden. Dazu braucht es mehr Ressourcen, aber auch den Abbau von Bürokratie. Die Lehrpersonen sollen vor allem für die Kinder da sein und nicht Formulare ausfüllen.
Ihre Chancen sind nicht allzu gross. Sie starten von Listenplatz 13. Was für ein Ziel setzen Sie sich selber?
Ich bin optimistisch, dass ich ein gutes Resultat erreiche. Letztlich geht es darum, dass wir als Partei Erfolg haben. So wie zuletzt mit der Petition für einen Nachtzug im Freiamt, für uns eine Herzensangelegenheit. Oder gerade kürzlich auf kantonaler Ebene mit der Initiative «Blitzerabzocke stoppen!». Das zeigt, dass wir Jungfreisinnigen sehr aktiv sind und uns für die Bevölkerung einsetzen.
Der Aargau ist ein Energiekanton. Wo soll er Prioritäten setzen: Eher ein neues Kernkraftwerk bauen oder Windräder auf dem Lindenberg oder Solaranlagen auf jedem Dach?
Das grösste Problem in der Energieversorgung liegt nicht in der Produktion, sondern in den beschränkten Speichermöglichkeiten. Wir haben im Sommer und tagsüber Überschüsse und im Winter und nachts Defizite. Hier muss nach besseren Lösungen geforscht werden, da braucht es Investitionen. Und ich bin optimistisch, dass die Wissenschaft neue Möglichkeiten findet. Ein neues AKW ist für mich nicht die beste Lösung. Denn es bringt Risiken, Kosten und eine lange Bauzeit mit sich. Aber allenfalls können wir die Laufzeiten der bestehenden Kraftwerke verlängern, damit wir Zeit gewinnen, um Alternativen aufzugleisen. Windräder könnten tatsächlich eine Option sein, wenn sie an effizienten Standorten eingesetzt werden. Aber der Fokus muss meiner Meinung nach bei der Photovoltaik liegen.
Dem Kanton Aargau geht es finanziell gut. Ist der Zeitpunkt gekommen für eine Senkung des Steuerfusses?
Fakt ist, dass der Aargau letztes Jahr 400 Millionen Franken besser abgeschlossen hat als budgetiert und einen Überschuss von 130 Millionen Franken verbucht hat. Und das war nicht eine Ausnahme, sondern das siebte Mal in Folge. In der Ausgleichsreserve liegt fast eine Milliarde Franken. Der Kanton soll keine Gelder horten, sonst kommt er auf dumme Ideen, wie man sie ausgeben kann. Darum bin ich für eine Senkung des Steuerfusses um mindestens 3 Prozent. Das soll ein Zeichen sein, dass sich Leistung wieder lohnt und am Schluss für alle mehr im Portemonnaie bleibt. Es ist fünf vor zwölf für eine kantonale Steuersenkung.
Sie waren Chefkoch: Was ist das ideale Rezept für einen erfolgreichen Kanton?
Natürlich kann man Parallelen ziehen. In der Kochlehre lernt man, viel und präzis zu arbeiten. Man muss anpacken, organisieren und Ideen umsetzen. Beim Kochen wie auch in der Politik braucht es Geduld und Teamwork. Und man muss auch den Mut haben für Neues und sich nicht immer an alte Rezepte klammern.
Für welches Anliegen des Bezirks Bremgarten möchten Sie sich besonders engagieren?
Von den Problemen im Bildungswesen ist auch der Bezirk Bremgarten betroffen. Und da möchte ich meinen Fokus legen. Aber ich bin auch gerne bereit, mich für bessere Zug- und Busverbindungen einzusetzen. Da gibt es sicher noch Verbesserungspotenzial. Ich erlebe das selbst mit dem Bus von Tägerig. Damit erreicht man am Bahnhof Heitersberg zwar die Anschlüsse nach Zürich, aber verpasst diejenigen nach Aarau.
Sie sind ein überzeugter FDPler. Mit welchen Parteien können Sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen?
Grundsätzlich geht es immer darum, Kompromisse zu finden, und wer dazu bereit ist, der ist herzlich eingeladen. Gerade in meinem Studium bin ich mit vielen Menschen zusammen, die andere politische Überzeugungen haben. Den Austausch mit ihnen schätze ich sehr. Das ist auch mein Lebensmotto: «Man kann von allen Menschen etwas lernen.» Das fördert die Akzeptanz und stärkt unsere Demokratie.
Zum Schluss dürfen Sie dem nächsten Kandidaten der Serie eine Frage stellen. Das wäre in Ihrem Fall Severin Stierli aus Bremgarten von der SP. Was möchten Sie von ihm wissen?
Ich beschäftige mich aktuell sehr stark mit dem Thema, wie man das Schweizer Bildungssystem mit weniger staatlichen Eingriffen stärken kann. Gerne würde ich wissen, was Herr Stierli darüber denkt.
Persönlich
Tim Hoffmann, Jahrgang 1998, wuchs in Tägerig auf und lebt auch heute noch dort. Nach seiner Ausbildung zum Koch EFZ bildete er sich zum Berufsbildner und Chefkoch mit eidgenössischem Fachausweis weiter und war Mitglied der Junioren-Kochnationalmannschaft der Schweiz, mit der er den 3. Platz bei der Kocholympiade gewinnen konnte. Aktuell studiert er Mathematik und Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich. Neben seinem Studium setzt sich Tim Hoffmann im Bildungswesen als Fachlehrperson für Mathematik ein. Hoffmann ist Mitglied der Jungfreisinnigen Freiamt und seit Kurzem deren Vizepräsident.
Die Kandidaten der FDP
In Hinblick auf die Grossratswahlen vom 20. Oktober wird jeweils ein Kandidat oder eine Kandidatin der sechs grossen Parteien vorgestellt. Dabei kommt ein Zufallsgenerator zum Einsatz, wobei die bisherigen Grossräte ausgeschlossen sind.
Nachfolgend die Liste der FDP des Bezirks Bremgarten: 1. Silvan Hilfiker (bisher), Jonen. 2. Lucia Ambühl-Riedo, Sarmenstorf. 3. Denise Strasser, Wohlen. 4. Urs Schlatter, Hilfikon. 5. Peter Werder, Hermetschwil. 6. Mäni Baur, Sarmenstorf. 7. Susan Diethelm, Oberlunkhofen. 8. Travis J. Schmidhauser, Sarmenstorf. 9. Susanne Gygax, Widen. 10. Roland Geier, Oberlunkhofen. 11. Lionel Zingg, Wohlen. 12. Aferdita Sokolaj, Bremgarten. 13. Tim Hoffmann, Tägerig. 14. Jenny Gerber, Oberwil-Lieli. 15. Sascha Mordasini, Nesselnbach. 16. Corsin Blumenthal, Bremgarten.