Hörner sind längst abgestossen
16.12.2025 Region Oberfreiamt2027 wird Bucher Präsident
Seit diesem Jahr ist Ralf Bucher zweiter Vizepräsident des Grossen Rates. 2027 wird er dem Kantonsparlament als Präsident vorstehen. Schon jetzt freut sich der Mühlauer darauf und spricht darüber, welche neuen Aufgaben ...
2027 wird Bucher Präsident
Seit diesem Jahr ist Ralf Bucher zweiter Vizepräsident des Grossen Rates. 2027 wird er dem Kantonsparlament als Präsident vorstehen. Schon jetzt freut sich der Mühlauer darauf und spricht darüber, welche neuen Aufgaben das Amt mit sich bringt. --ake
Ralf Bucher ist aktuell zweiter Vizepräsident im Grossen Rat und wird 2027 Grossratspräsident
Seit diesem Jahr hat er andere Aufgaben. Ralf Bucher führt Buch über die Anwesenheiten, beurteilt alle Vorstösse und gibt sie frei. Als zweiter Vizepräsident ist er stark in den Betrieb des Grossen Rates eingebunden. Nachdem er schon seit 13 Jahren Teil davon ist, erhält er so neue Einblicke. Und er freut sich bereits aufs Jahr 2027.
Annemarie Keusch
Einige Termine sind bereits fixiert. Die Delegiertenversammlung des kantonalen Trachtenverbandes zum Beispiel. Oder die Ansprache zur Bundesfeier in Merenschwand. Und jene in Wettingen. «Das ist Tradition, dass dort der Grossratspräsident spricht», sagt Ralf Bucher. 2027 wird er diese Position innehaben. Soeben hat er die Einladung zur Präsidenten-Feier seines Vorgängers erhalten. «Mir wurde sofort bewusst, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, um die Feier in gut einem Jahr zu organisieren.» 2027 rückt näher. «Vorfreude und Respekt», so beschreibt Ralf Bucher seine Emotionen, wenn er auf das Präsidialjahr blickt. Seit 13 Jahren ist er Teil des kantonalen Parlaments. Mit der Wahl zum zweiten Vizepräsidenten und dem bevorstehenden Präsidiumsjahr standen und stehen neue Herausforderungen bevor.
Ralf Bucher spricht von einem logischen Schritt, den er zwar nie gesucht habe. «Ich überlegte mir nach der letzten Wiederwahl, welche Optionen es für mich als Grossrat noch gibt», erzählt Bucher. Das Vizepräsidium und spätere Präsidium hatte er dabei gar nicht auf dem Radar. «Weil die Mitte als Partei am Zug ist und ich der amtsälteste Grossrat unserer Partei bin, wurde mir diese Option zugetragen.» Nach einer Bedenkzeit habe er sich begeistern lassen.
Fokus auf das Gemeinsame
Seither ist Buchers Rolle im Grossen Rat eine andere. Er sitzt vorne im Saal, alle Grossrätinnen und Grossräte, die zu spät kommen oder früher gehen, melden sich bei ihm an oder ab. «So komme ich mit wirklich allen in Kontakt.» Und er gibt alle Vorstösse frei. Mit Unterstützung des Ratsbüros kontrolliert er diese auf Rechtschreibung, auf Formalitäten. «Die meisten kommen sehr gut daher und bei ein paar wenigen hat wohl die Zeit gefehlt, nochmals alles durchzulesen.» Auch wenn künstliche Intelligenz beim Verfassen mithilft, fällt das schnell auf. «Blind vertrauen kann man dieser eben nicht.» Ablehnen musste er aber noch keinen Vorstoss.
Neue Herausforderungen – das mag Ralf Bucher. Das gefällt ihm auch an dieser neuen Aufgabe. Auch wenn das gleichzeitig bedeutet, dass er aktuell und sicher bis und mit 2027 in keiner Kommission mitwirken wird. Stattdessen hat er Einblick in die Protokolle aller Kommissionen. «Auch wenn die Zeit natürlich nicht dafür reicht, sie alle zu lesen.» Aus der Parteipolitik hat er sich in seiner neuen Funktion etwas zurückgezogen. «Weniger Konfrontation, mehr Vermittlung und Fokus auf das Gemeinsame.» Ralf Bucher sieht das als eine seiner Aufgaben. «Denn wir müssen uns immer alle bewusst sein: Alle Grossrätinnen und Grossräte wollen das Beste für den Kanton Aargau, auch wenn dabei die Sichtweise oft eine ganz andere ist.» Der Parteihut, den gelte es im Präsidium abzulegen. Das stört Bucher nicht. Zum einen, weil er als langjährigster Mitte-Grossrat in der Fraktion nach wie vor eine starke Stimme habe. Und zum anderen, weil er nach 13 Jahren im Rat seine «Hörner abgestossen habe». Die Zeit der vielen Vorstösse ist vorbei. «Ich habe mittlerweile ein riesiges Netzwerk, auch als Geschäftsführer des kantonalen Bauernverbandes. Da braucht es für vieles keine offiziellen Anfragen via Vorstösse mehr.»
Intensiv, aber zeitlich beschränkt
Der Aufwand, den das Vizepräsidium mit sich bringt, entspreche etwa dem bisherigen Kommissionsaufwand. Dass der Aufwand als Präsident 2027 noch grösser sein wird, dessen ist er sich bewusst. «Es wird sicher intensiv, aber es ist zeitlich auf ein Jahr beschränkt. Das ist ein Vorteil.» Auch für sein privates Umfeld, das ihn in dieser Zeit öfters wird entbehren müssen. Entsprechend freut er sich. «Auf alles.» Darauf, die Sitzungen zu leiten, aber auch darauf, repräsentative Aufgaben zu übernehmen. «Ich werde bestimmt ganz viele Orte sehen, die mir ganz neu sind.» Schon jetzt weiss Bucher, dass er 2027 als Grossratspräsident viel Wert auf einen respektvollen Umgang legen wird.
Nicht mehr Zünglein an Waage
Trotz Vizepräsidium, trotz neuen Aufgaben – Bucher vertritt nach wie vor die Anliegen der Mitte und des Bezirks Muri im Parlament. Ein Parlament, das mit den Wahlen im Herbst 2024 einen Rechtsrutsch erlebte. «Es ist schon anders», gesteht er. Nicht, weil sich das Gremium neu finden muss. Nicht, weil sich gerade Neugewählte mit zig Vorstössen hervortun. Nicht, weil Diskussionen zu gewissen Themen erneut geführt werden. «Das ist normal zu Beginn einer neuen Legislatur.»
Anders ist hingegen, dass SVP, EDU und FDP eine bürgerliche Mehrheit bilden. Die Mitte ist nicht mehr das Zünglein an der Waage. «Eine neue Rolle für uns, die wir nicht kennen», gesteht Ralf Bucher. «Vorher waren wir mehr in der Verantwortung. Entschieden wir mit links, war die Mehrheit dort, entschieden wir mit rechts, gewann diese Seite.» Natürlich bedaure er das. Als Vizepräsident und erst recht 2027 als Präsident ist sein Fokus aber sowieso ein anderer.

