Hauptübungsplatz für «Patriots»
17.10.2025 Region Oberfreiamt, BettwilDie Militäranlage in Bettwil bekommt eine neue Bestimmung – und soll für 10 Millionen angepasst werden
Im Oktober 2026 sollen die Baumaschinen auffahren auf dem Übungsplatz der Schweizer Armee in Bettwil. Aktuell läuft gemäss ...
Die Militäranlage in Bettwil bekommt eine neue Bestimmung – und soll für 10 Millionen angepasst werden
Im Oktober 2026 sollen die Baumaschinen auffahren auf dem Übungsplatz der Schweizer Armee in Bettwil. Aktuell läuft gemäss militärischem Plangenehmigungsverfahren die öffentliche Auflage.
Thomas Stöckli
Die «Bloodhound» BL-64 sollte im Kalten Krieg gemeinsam mit dem Kampfflugzeug «Mirage» den Luftraum über der Schweiz sichern. Eine von sechs Stellungen der Fliegerabwehrlenkwaffe war in Bettwil. Das Waffensystem ist längst ausgemustert. Den Übungsplatz mit der Fernsicht übers Mittelland will die Armee allerdings langfristig militärisch nutzen. Konkret soll Bettwil der Hauptübungsplatz werden für die neue bodengestützte Luftverteidigung «Patriot».
Zehn Zentimeter hoher Papierstapel
Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hat sich deshalb für eine Redimensionierung und umfassende Modernisierung des Standorts mit den teils über 60 Jahre alten Gebäuden entschieden. Das entsprechende Gesuch gemäss militärischem Plangenehmigungsverfahren liegt aktuell auf der Gemeindeverwaltung Bettwil öffentlich auf. Es ist ein zehn Zentimeter hoher Papierstapel, im Format A4. Interessierte können die Unterlagen noch bis zum 5. November einsehen und innert dieser Frist auch Anregungen und Einsprachen ans Generalsekretariat des VBS richten.
Besagtem Gesuch ist zu entnehmen, dass die Armee gewillt ist, insgesamt fast 10 Millionen Franken in den Übungsplatz Bettwil zu investieren. 5,135 Millionen soll allein der eingeschossige Ersatzneubau beim Zugang zur Anlage kosten. Errichtet in Holzskelettbauweise auf einem Betonsockel, umfasst er insbesondere Wachund Aufenthaltsräume – Letztere flexibel unterteilbar – und ersetzt verschiedene Kleinbauten. Das Bauprojekt ist im Minergie-Standard A-Eco geplant. Die benötigte Wärme sollen Wärmepumpen mittels dreier Erdsonden aus 220 Metern Tiefe liefern, vom Dach sollen PV-Panels Sonnenstrom erzeugen. Die Anlage deckt mit 522 m2 fast die ganze Dachfläche ab. Das bringt eine Leistung von 111 kWp, erwartet wird ein jährlicher Stromertrag von 107 000 kWh. Nördlich vom Neubau rundet ein gedeckter Platz, unter anderem fürs Schuheputzen, den geplanten Neubau-Teil ab.
Sanierung von hoher bis mittlerer Komplexität
Weitere 2,6 Millionen sollen in die Sanierung bestehender Bauten fliessen. Bezüglich der Schadstoffe sei gemäss Gutachten mit einer «hohen bis mittleren Komplexität» zu rechnen. Unter anderem geht es um Asbest, das in Leichtbauplatten, Fensterkitt und Fugenmaterial sowie Korkpappe und Bitumen verarbeitet wurde, bevor man von seiner krebserregenden Wirkung wusste.
Und schliesslich sollen gemäss Baugesuch noch 2,1 Millionen Franken für Rückbauten und eine Verlegung des Zauns ums Areal herum ausgegeben werden. Verschwinden sollen unter anderem fünf Unterkunftsbaracken, zwei Bunker, dazu verschiedene Lagergebäude, Toilettenzellen und Unterstände sowie die unterirdische Anlage aus Betonelementen. Rückgebaut werden gemäss den Plänen auch kreisförmige Stellungen, wobei die Standorte der entsprechenden Betonplatten naturnah bepflanzt werden sollen.
Löschreserve für die örtliche Feuerwehr
«Die Weiterentwicklung des Platzes ist sicher sehr sinnvoll, um bestehende Bestände neu und sinnvoll zu nutzen», ordnet Gemeindeammann Peter Keusch ein. Die Gemeinde betreffen die Pläne des VBS insofern, dass in diesem Jahr ein Vertrag abgeschlossen werden konnte, wonach das nicht mehr benö- tigte Wasserreservoir von über 200 m3 künftig der Feuerwehr als Löschreserve dient. Dafür gelte es einige Anpassungen zu tätigen, so Keusch. Darüber hinaus tangiere der Übungsplatz Bettwil allerdings kaum.
Verkehrstechnisch erwartet der Gemeindeammann in Zukunft höhere Belastungen. Einerseits, weil wieder vermehrt Ausbildungen mit Boden-Luft-Abwehrsystemen durchgeführt werden, andererseits, weil keine eigentliche Kaserne geplant ist, sich die Unterkünfte also auf die Wachmannschaft beschränken. Zumindest sie dürfte sich für Einkauf und Ausgang im Dorf bewegen. Kritisch sieht der Ammann die geplante Zaunführung: «Da wird es wohl noch einige Diskussionen und hoffentlich sicherheitsrelevante Anpassungen geben.»
Aktuell läuft die öffentliche Auflage. «Nach deren Abschluss erfolgen die Anhörungen der Gemeinde und des Kantons sowie der Bundesbehörden», teilt VBS-Mediensprecherin Lea Ryf mit, «allfällige Einsprachen werden im Anschluss behandelt.» Gemäss Zeitplan soll dann von Februar bis Juni 2026 die Ausschreibung erfolgen, anschliessend die Ausführungsplanung. Die Realisierung würde demnach von Oktober 2026 bis November 2027 umgesetzt.