«Habe ich richtig gehört?»
31.10.2023 Fussball, SportDreckiger Derbysieg
FC Bremgarten bezwingt den FC Mutschellen 2:1
Spielerisch war der FC Mutschellen überlegen. Doch am Ende jubelt trotzdem das Heimteam auf der Bärenmatt und bleibt zu Hause weiterhin ungeschlagen in dieser Saison. Der FC ...
Dreckiger Derbysieg
FC Bremgarten bezwingt den FC Mutschellen 2:1
Spielerisch war der FC Mutschellen überlegen. Doch am Ende jubelt trotzdem das Heimteam auf der Bärenmatt und bleibt zu Hause weiterhin ungeschlagen in dieser Saison. Der FC Bremgarten gewinnt ein Kampfderby gegen Mutschellen nach Toren von Yunus Aslan und Almir Pnishi mit 2:1. Die Mutscheller können erst spät durch ein Freistosstor von Nico Stadelmann verkürzen. «Ein verdienter Erfolg», sagt FCB-Trainer Mergim Morina. «Zum Glück trainiere ich das Team, das wenigstens versucht hat, Fussball zu spielen», sagt FCM-Trainer Luca Iodice. --spr
Fussball, 2. Liga: FC Bremgarten – FC Mutschellen 2:1 (1:0) – Heute Dienstag (20 Uhr) spielen beide auswärts im Aargauer Cup
Almir Pnishi trifft hoch selten. Im Derby gegen Mutschellen wird das Bremgarter Urgestein mit einem herrlichen Tor aber zum Matchwinner. Der erste Gratulant ist sein Bruder Alban Pnishi, der den Torerfolg seines Bruders kaum glauben konnte.
Stefan Sprenger
Die Bremgarter Sirupkurve dreht durch. Ein Dutzend Jungs jubeln und schreien: «Derbysieg. Derbysieg.» Dahinter steht dick eingepackt mit Winterjacke und Kapuze ein grossgewachsener mysteriöser Typ. Er kriegt wenige Sekunden nach Schlusspfiff Besuch vom Matchwinner. Almir Pnishi begrüsst seinen Bruder Alban, den früheren Profikicker und heutigen Captain des FC Wohlen, der sich die Schlussphase von ausserhalb des Stadions ansieht. «Ich glaube, sein letztes Tor habe ich vor zehn Jahren gesehen», sagt Alban Pnishi lachend.
Und auch in diesem Derby verpasst er diesen besonderen Moment. Pnishi hat selbst Training und verpasst die ganze erste Halbzeit. Er parkiert in der 54. Minute sein Auto und hört beim Aussteigen die Jubelschreie auf der Bärenmatt. Der Speaker verkündet: «2:0. Torschütze Almir Pnishi.» Sein Bruder sagt: «Habe ich wirklich richtig gehört? Schade, habe ich es nicht gesehen.» Almir Pnishi, 27 Jahre alt, von Beruf Wirtschaftsprüfer und erst gerade eine pompöse Hochzeit mit 350 Gästen im Kosovo gefeiert, entgegnet fröhlich: «Ja, stell dir vor, ich habe getroffen.»
«Das war frech»
Almir Pnishi ist oft nur Ersatz beim FC Bremgarten, zeigt als Innenverteidiger in diesem fairen Derby vor rund 300 Zuschauern eine starke Partie. Im Spiel vor einer Woche gegen Suhr köpfelt er in der Nachspielzeit beim Stand von 3:4 einen Ball an die Latte. Bremgarten verliert am Ende 3:5. «Jetzt ging er rein», meint er und spricht sein herrliches Tor kurz nach der Pause an. Flanke von Vinicius Figueiredo Dias, Kopfball von Almir Pnishi ins lange Eck, direkt in den Winkel – und das aus rund 12 Metern. «Das war frech», meint er zu seinem ersten Tor seit bald zwei Jahren.
Irgendwie war diese Kiste sinnbildlich für das Spiel der Bremgarter. Denn nebst Pnishi reiht sich noch ein zweiter Verteidiger in die Torschützenliste ein. 25. Minute, Freistoss, Mutschellens Goalie Fabian Riesen will den Ball holen, prallt mit einem Bremgarter zusammen und bleibt am Boden liegen. Yunus Aslan, 32 Jahre alt, Aussenverteidiger, schiebt seelenruhig ein. 1:0.
Mutschellen verballert Chancen
Die Bremgarter belohnen sich für einen kämpferischen und leidenschaftlichen Auftritt und für ihre defensiv sackstarke Leistung. Denn spielerisch waren sie klar im Nachteil. Der FC Mutschellen hält die Fäden in der Hand, versucht spielerisch und mit feiner Technik zu dominieren. Bremgarten haut die Pille oftmals einfach nach vorne. Diese Taktik ist auf dem schwer bespielbaren Bärenmatt-Rasen aber effizienter.
Pnishi sagt: «Spielerisch war das der wohl beste Gegner in dieser Saison. In der Offensive haben sie Topspieler, sie hatten tolle Aktionen.» Es sind Aktionen, die aber nicht zum Torerfolg führen. Die Offensivkräfte Gian Marco Bellisario, Roger Pfyl und besonders Daniil Kaban vergeben reihenweise gute Gelegenheiten. Sinnbildlich ist eine Aktion in der zweiten Halbzeit, als Mutschellens Offensivkünstler Roger Pfyl den beinharten FCB-Verteidiger Yunus Aslan tunnelt – und der Ball danach wieder in Bremgarter Besitz ist. Was Mutschellen zeigt, ist zwar schön anzusehen, doch es bringt nichts, auf diesem Holperuntergrund sowieso nicht. «Kampf und Willen waren gefordert. Das haben wir gezeigt», so Pnishi.
Und doch wird es brenzlig in der Schlussphase. Der eingewechselte Nico Stadelmann versenkt einen Freistoss herrlich. Nur noch 2:1. Bremgarten bibbert, Mutschellen wirft alles nach vorne. «Wir müssten eigentlich gewinnen. Wir haben mehr Qualität als das, was wir gezeigt haben», so Stadelmann, der vor zehn Jahren mit dem FC Wohlen in der Challenge League spielte. «Bremgarten operierte viel mit langen Bällen, wir versuchten es spielerisch zu lösen. So fünf, sechs Tore könnten wir schon machen», meint Stadelmann. Doch auch Bremgarten hat seine Chancen. «Auch wir könnten das dritte oder vierte Tor erzielen», meint Pnishi. Mutschellens Stadelmann – der nach seiner Einwechslung verletzungsbedingt wieder ausgewechselt wurde – meint treffend: «Uns fehlte das Quäntchen Glück. Aber wenn man zwei Tore nach Standards kassiert, ist man defensiv sicher nicht ganz sattelfest.»
Der Sieg des Heimteams ist nicht unverdient. Auf der Bärenmatt zeigte es im Derby die Kampfstärke eines Bremgarter Löwen – und bleibt auf dem heimischen Rasen ungeschlagen. «Es war das letzte Heimspiel für rund sechs Monate, das wollten wir unbedingt gewinnen», so Pnishi. Die Freiämter Teams haben nun beide 18 Punkte auf dem Konto.
Heute Dienstag wollen beide in den Cup-Halbfinal
Am nächsten Samstag folgt die letzte Partie der Vorrunde. Der FC Mutschellen empfängt zu Hause auf der Burkertsmatt Schlusslicht Windisch (18.15 Uhr). Der FC Bremgarten reist in die Niedermatten und trifft dort auf die formstarke zweite Mannschaft des FC Wohlen (19.30 Uhr). Doch heute Dienstag (20 Uhr) treten Mutschellen und Bremgarten – die beiden einzigen verbleibenden Freiämter Teams im Aargauer Cup – noch auswärts an. Bremgarten bei Drittligist Spreitenbach, Mutschellen bei Ligakonkurrent Suhr. Und da haben beide dasselbe Ziel: «Wir wollen in den Halbfinal», sagt Stadelmann und sagt auch Pnishi. Und dort würde man eventuell wieder aufeinandertreffen – wenn beide gewinnen.
Am vergangenen Freitagabend auf der Bärenmatt war der Aargauer Cup aber noch weit weg. Dieser Derbysieg wurde natürlich vom FC Bremgarten noch gefeiert. «Wir haben im Team einige Partyhengste», verrät Pnishi. Und sein Bruder Alban Pnishi verspricht: «Beim nächsten Derby komme ich pünktlich.»
«FCB wie in der 5. Liga»
Die Stimmen der beiden Trainer
Sie kennen sich. Sie schätzen sich. FC-Mutschellen-Trainer Luca Iodice und FC-Bremgarten-Trainer Mergim Morina waren früher gemeinsam auf der Bärenmatt. Jetzt waren sie Konkurrenten an der Seitenlinie. «Schüler» Morina bezwang «Mentor» Iodice. Dieses Duell war für Morina «emotional und sehr speziell». Was den FCB-Coach besonders freut: «Es war ein geiles Spiel, ein faires Derby, dazu eine tolle Zuschauerkulisse. Genau so soll es sein.» Den Grund für den 2:1-Sieg findet Morina im Willen seines Teams: «Wir wollten den Erfolg ein bisschen mehr. In der ersten Halbzeit waren wir etwas aktiver, hatten auch die besseren Chancen.» Am Ende stand sein Team unter Druck, «doch wir schafften es, den Sieg über die Zeit zu bringen». Morina findet: «Der Sieg ist nicht unverdient, über ein Unentschieden hätten wir uns aber nicht beklagen dürfen.»
Iodice: «Scheissrasen»
Mutschellen-Trainer Luca Iodice ist ein Mann der klaren Worte. Und aus diesem Grund folgt nun seine ungefilterte Meinung zu diesem Spiel. «Wir haben versucht zu spielen auf diesem Scheissrasen. Der FC Bremgarten haut die Bälle wie in der 5. Liga nach vorne. Ich bin froh, bin ich der Trainer jener Mannschaft, die wenigstens versucht hat, auf diesem Rasen Fussball zu spielen. Denn ich will meine Jungs voranbringen, Spass haben, besser werden. Einfach den Ball nach vorne hauen und hinten reinstehen, macht das Spass? Aber am Ende hat Bremgarten dieses faire Derby mit einer kämpferischen Leistung gewonnen, das muss man respektieren und dazu gratulieren. Der FC Bremgarten konnte dreckig spielen, wir nicht. Für uns ist es eine bittere Pleite.» --spr