«Göttliches» aus Niederwil
12.09.2023 Region UnterfreiamtVier ehemalige Schulfreunde, ein Projekt und jede Menge Helfer: Gestern fand die erste Weinlese statt
Walter Koch, Hugo Gratwohl, Pius Meier und Kurt Heimberg haben das Projekt Rebberg gemeinsam ins Leben gerufen. Nun, nach drei Jahren intensiver Hege und Pflege ihrer ...
Vier ehemalige Schulfreunde, ein Projekt und jede Menge Helfer: Gestern fand die erste Weinlese statt
Walter Koch, Hugo Gratwohl, Pius Meier und Kurt Heimberg haben das Projekt Rebberg gemeinsam ins Leben gerufen. Nun, nach drei Jahren intensiver Hege und Pflege ihrer Reben, konnten sie erstmals eine Teilernte vornehmen.
Sabrina Salm
Gesunde, gut entwickelte Trauben hängen an den Rebstöcken. Von Hand werden sie von den 20 Lesern sorgfältig abgeschnitten, überprüft und in die Behälter auf den Schlitten gelegt. Bereits drückt die Sonne an diesem Montagmorgen gnadenlos auf die Köpfe, doch nicht auf deren Stimmung. Die Männer von der Männerriege und von den Turnveteranen lachen, schwatzen und meinen allesamt: «Es macht Spass und wir helfen immer gerne.»
Ja, es sei eine eingeschworene Truppe, auf die Verlass sei, betont Walter «Wädi» Koch. Der Alt-Gemeindeammann und frisch Pensionär ist einer der vier Besitzer der rund 1000 Reben auf dem 20 Aren grossen Land beim Karrenwald. Mit Koch zusammen gehören Pius Meier, Kurt Heimberg und Hugo Gratwohl zum Hobby-Biowinzer-Quartett.
Kollegialität fördern
Die vier kennen sich seit der 1. Klasse. «Wie das Leben so spielt, haben wir uns eine Zeit lang aus den Augen verloren», berichtet Wädi Koch. Zusammengefunden haben sie sich wieder zu einem traurigen Anlass – auf der Beerdigung eines gemeinsamen Kollegen. Sie hielten mehr Kontakt und mit der Zeit reifte die Idee, zusammen ein Projekt für den Ruhestand auf die Beine zu stellen. «Es sollte eines sein, das Sinn macht und die Kollegialität fördert.» Vor vier Jahren war dann klar, dass sie sich als Weinbauer versuchen. Sie investierten in Reben und haben das Wissen dazu in einem Kurs erlernt. Seit da treffen sie sich jeden Donnerstag zu ihrem «Winzerhock» und schauen nach dem Rechten. «Es gibt immer viel zu tun. Vielleicht haben wir die Arbeit auch ein wenig unterschätzt», meint Koch schmunzelnd. «Aber es macht nach wie vor grosse Freude.» Und auch stolz, wenn man nun die vollen Reben sehe.
Bis zu 600 Flaschen erwartet
Bei ihrer ersten Teilernte rechnen sie mit einem Ertrag von 400 bis 600 Flaschen. «Bei einer Vollernte wären es an die 1000 Flaschen», sagt Koch. Die vier Neu-Weinbauer arbeiten mit dem Weinbauzentrum in Wädenswil sowie mit der Kellerei Buchmann in Wittnau zusammen. «Es war ein super Jahr. Die Mengen an Regen und Sonne waren für die Reben optimal, sodass wir nie wässern mussten und nun mit der Ernte zirka drei Wochen voraus sind.» Ebenfalls sei der Standort sehr gut. Der Hang, der südwestlich liegt, gehört zum Wendelinshof, der auf Bio-Qualität setzt. Deshalb setzen auch Gratwohl, Heimberg, Koch und Meier auf Bio. Sie haben auf ihren Wein sogar schon die Knospe. «Wir arbeiten ökologisch sinnvoll. Bisher mussten wir in den drei Jahren auch nur zweimal spritzen, natürlich nach Bio-Richtlinien.»
Qualität wird bei ihnen grossgeschrieben. Und so achten auch die Helfer bei der Lese genau auf schöne Trauben. Solche mit Wespenstiche werden weggezupft und so viel Grünzeugs wie möglich wird weggeschnitten. «Das verbessert ebenfalls die Qualität.»
Genaue Vorstellungen, wie der Wein sein soll
Der neue Niederwiler Wein wird ein «Roter» sein. «Wir sind alles Rotwein-Trinker, deshalb ist das logisch», so Koch, der seit seiner Pensionierung als Schulleiter der Schule Jonen im neuen Hobby eine neue Leidenschaft gefunden hat. Sie hätten viele Traubensorten durchdegustiert, bis sie die passende für sich gefunden haben. Ihre Wahl fiel schliesslich auf die Sorte Divico, was die Bedeutung «göttlich» hat. «Und genau solch einen göttlichen Wein aus Niederwil versuchen wir herzustellen», lacht Wädi Koch. Sie haben klare Vorstellungen, wie ihr Wein sein soll. Deshalb werden sie regelmässig ins Fricktal gehen, um nach ihrem Wein zu schauen. «Denn der Geschmack entsteht auch bei der Lagerung.»
Die Freude über den Rebberg und den erwarteten Wein sei auch im Dorf gross. «Das Feedback ist durchaus positiv.» Bereits hat die Gemeinde Niederwil 200 Flaschen reserviert. Ausserdem gebe es Interesse vom Restaurant Gnadenthal. «Den lokalen Markt peilen wir an.» Solange sie liefern können, kann man den Wein auch über sie erhalten. In einem knappen Jahr, so Mitte, Ende August, soll es so weit sein und die vier Freunde können die ersten Flaschen «ihres» Weins in den Händen halten. «Diesen besonderen Moment werden wir sicher mit einer Degustation feiern.»