Für ihn wars eine Lebensschule
20.12.2022 Beinwil/Freiamt, Region OberfreiamtRolf Furrer verabschiedet sich als Kommandant der Regio-Feuerwehr Freiamt-Mitte
In der Betriebslöschgruppe der Swisspor AG, die damals noch Kork AG hiess, machte er den Anfang. Die Begeisterung für die Feuerwehr, in Not geratenen Menschen zu helfen, packte ihn ...
Rolf Furrer verabschiedet sich als Kommandant der Regio-Feuerwehr Freiamt-Mitte
In der Betriebslöschgruppe der Swisspor AG, die damals noch Kork AG hiess, machte er den Anfang. Die Begeisterung für die Feuerwehr, in Not geratenen Menschen zu helfen, packte ihn schnell. Ende Jahr beendet Rolf Furrer seine Feuerwehrkarriere – nach elf Jahren als Kommandant.
Annemarie Keusch
Die Bilder im Kopf, die bleiben. Natürlich die guten, die schönen, manchmal gar die lustigen. «Ja, es gab manchmal auch Einsätze, über die man später schmunzeln konnte. Oder gar schöne Einsätze», sagt Furrer. Dann etwa, wenn eine Katze von einem Dach oder einem Baum gerettet und dem Besitzer oder der Besitzerin wieder in die Obhut überreicht werden konnte. Die Bilder, die sich aber am meisten eingebrannt haben, sind die weniger schönen. «Die vergisst man nicht. Etwa bei schweren Verkehrsunfällen oder bei Bergungen von verunglückten Personen.» Erschwerend kommt hinzu, dass die Feuerwehrleute in den Dörfern tätig sind, in denen sie leben und viele Leute kennen. «Das ist manchmal emotional und nicht einfach. Zum Glück kann man Hilfe in Anspruch nehmen, wenn man das braucht.» Auch er habe diese Hilfe in Anspruch genommen.
Gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen, das hat Rolf Furrer in den total 22 Jahren, zuerst in der Feuerwehr Boswil, seit Januar 2020 in der fusionierten Regio-Feuerwehr Freiamt-Mitte. Überhaupt bezeichnet er diese Zeit als Lebensschule. «Ich habe viel gelernt», fasst Furrer zusammen. Das Feuerwehrhandwerk vor allem in den vielen Ausbildungen, die er bis zum Offizier absolvierte. Viel gelernt hat er aber auch über die Zusammenarbeit von Gemeinde, Feuerwehr, Nachbargemeinden und über das Führen einer über hundertköpfigen Mannschaft und über den Umgang untereinander. «In der Feuerwehr sind viele schöne Freundschaften entstanden, die ich auch nach meiner Aktivzeit weiterpflegen möchte.»
Vielfalt nahm zu
Zur Feuerwehr kam Furrer über seine Arbeit. Seit 28Jahren ist die Alporit AG sein Arbeitgeber, hier ist er für zwei Firmen an den Standorten Boswil und Steinhausen für die Qualitätssicherung zuständig. Früher führte die Firma eine eigene Betriebslöschgruppe. «Für diese suchten sie Leute und ich sagte zu.» Vorher war er in keiner Feuerwehr aktiv. «Warum nicht? Ich weiss es gar nicht mehr.» Nur wenige Jahre später wurde die Betriebslöschgruppe in die örtliche Feuerwehr integriert. Seither hat der Betrieb Feuerwehrleute zu stellen, acht seien es aktuell. «Die Brandmeldeanlagen der Swisspor sorgen für viele Einsätze, darum ist das so», erklärt Furrer.
In Not geratenen Menschen zu helfen, das ist es, was Furrer schnell faszinierte. Hinzu kommt die Vielfalt der Einsätze, die in den letzten Jahren immer grösser wurde. «Es geht längst nicht mehr nur um Brandbekämpfung», weiss er. Von Tierrettungen über das Entfernen von Wespennestern bis zu Hilfestellung bei Ambulanz-Einsätzen – die Einsätze sind vielseitig, entsprechend auch die Ausbildungen. Die Feuerwehr zog Furrer schnell in ihren Bann, er fing an mit Weiterbildungen, wurde vor zwölf Jahren Vize- und vor elf Jahren Kommandant. «Nein, gesucht habe ich das nicht, aber ich bin in diese Aufgabe hineingewachsen.»
Ausrüstung auf neustem Stand
Elf Jahre lang führte er das Kommando, war die Kontaktperson zur politischen Gemeinde, stand vorne hin und trug die Verantwortung. Wichtig sei ihm immer gewesen, dass die Mannschaft motiviert und die Ausrüstung auf dem neusten Stand sei. Das betreffe die Kleidung, aber auch die Fahrzeuge und das Material. «In diesem Bereich ist in den letzten Jahren einiges gegangen.» Das sei wichtig, damit die Feuerwehr attraktiv bleibe. «So können wir eher junge Leute dazu motivieren, mitzumachen.» Die Bereitschaft sei da. Aktuell zählt die Mannschaft der Regio-Feuerwehr Freiamt-Mitte 111 Angehörige.
Die Fusion zur Regio-Feuerwehr Freiamt-Mitte war die grösste Veränderung während der Zeit Furrers als Kommandant. Per 1. Januar 2020 kam diese zustande. «Eine gute Sache», sagt Furrer mit Überzeugung. In der Bevölkerung, in der Politik, aber auch unter den Feuerwehrleuten sei dieser Entscheid sehr gut akzeptiert. Dass diese Fusion für einige eine emotionale Angelegenheit gewesen sei, versteht er. «Für mich war es weniger emotional. Ich bin kein gebürtiger Boswiler und sah vielmehr die Chancen und Vorteile, etwa bezüglich nachhaltigem Mannschaftsbestand, aber auch mit Blick auf die Finanzen.» Mittlerweile sei aus den früheren Feuerwehren Boswil, Bünzen und Kallern eine Einheit geworden.
Bis zu 20-Prozent-Pensum
Angesprochen auf seinen Rücktritt als Kommandant spricht der 53-Jährige vom berühmten weinenden und lachenden Auge. In den Weihnachtstagen oder während Hitzetagen angespannt zu sein, das wird es im nächsten Jahr nicht mehr geben. «Wir Feuerwehrleute wissen nie, wann der nächste Einsatz ansteht. Das geht allen gleich.» Nur als Kommandant trägt er die Verantwortung und diese kann er nun abgeben. «Und das in gute Hände. Ich weiss, dass das neue Kommando für diese Aufgabe bereit ist.» Wieder mehr freie Zeit zu haben, darauf freut sich Furrer. Schliesslich belief sich das Pensum als Feuerwehrkommandant auf bis zu 20 Prozent. «Es war eine intensive Zeit, aber ich habe es gerne gemacht.»
Neben den schwierigen Momenten, den tragischen Bildern, sind es auch viele schöne Erinnerungen, die bleiben.