Faszinierende Einmaligkeit
29.04.2025 Wohlen, KulturSchweizer Strohmuseum: Feierliche Vernissage der Sonderausstellung «Im Besengebiet»
Die imposante Villa Isler, tolles Frühlingswetter, jeder Stuhl besetzt, praktisch ausverkauft und ein neuer Einblick, jener in die Geschichte der Besen. Der Rahmen für ...
Schweizer Strohmuseum: Feierliche Vernissage der Sonderausstellung «Im Besengebiet»
Die imposante Villa Isler, tolles Frühlingswetter, jeder Stuhl besetzt, praktisch ausverkauft und ein neuer Einblick, jener in die Geschichte der Besen. Der Rahmen für die Vernissage hätte kaum besser sein können. Ein perfekter Start für die neue Sonderausstellung.
Daniel Marti
«Das Handwerkertum hat in unserem Haus einen besonderen Stellenwert», betonte Ruth Portmann zu Beginn der Vernissage. Und deshalb freut sie sich darüber, dass das Alltagsutensil Besen für einmal in den Mittelpunkt gestellt wird. Als Präsidentin der Stiftung Freiämter Strohmuseum ist sie auch stets berührt, wie sich Ausstellungsthemen entwickeln können. Dies ist bei der neuen Sonderausstellung im Schweizer Strohmuseum nicht anders. «Im Besengebiet» zeigt Überraschendes, Traditionelles und Bewährtes. «Die Einmaligkeit des Besens ist faszinierend.» Und in der «Hommage an den Handbesen» versteckt sich einiges: Das Archaische, das Unmittelbare, das Naheliegende.
Natur und Alltag sind verflochten
Geprägt wird die neue Sonderausstellung von den beiden Designerinnen Flavia Brändle und Margrit Linder. Sie setzen sich seit vielen Jahren für den Erhalt dieser Handwerkskunst ein. Das Duo gibt Einblick in sein Schaffen und in seine Recherchen. Und sie laden ein, die kulturelle Bedeutung und Ästhetik dieses besonderen Objekts zu entdecken. «Natur und Alltag sind bei dieser Ausstellung miteinander verflochten», erklärt Museumsleiterin Petra Giezendanner. Vor vier Jahren ist sie mit Margrit Linder in Kontakt getreten. «Und Margrit Linder schwärmte von den Grashandbesen», sagt die Museumsleiterin, «und so lernte ich immer mehr und mehr die Welt der Besen kennen.»
Früher war der Besen ein Alltagsmittel. Und die Herstellung Frauensache. Im Spätsommer oder Herbst wurden die Besen geflochten. Für den Eigengebrauch oder für den Verkauf. «Der technische Fortschritt machte den Handbesen überflüssig», so Giezendanner weiter. Darum ist es heute umso wichtiger, dass das Wissen über die Herstellung und die Techniken sowie die Historie nicht verschwindet. Genau das, ein Stück Kulturgeschichte, hüten Flavia Brändle und Margrit Linder.
Im Schweizer Strohmuseum sind nun verschiedene Varianten von Besen zu bestaunen, auch aus verschiedenen Nationen stammend. Das Besengebiet, grösser als man meinen mag, wird ebenso thematisiert. Und es gibt fünf Dokumentarfilme mit Porträts zu bestaunen. Darin werden Frauen und ihr Handwerk beschrieben, die sich der Besenmacherei verschrieben haben. «Ganz viele Besen laden ein, entdeckt zu werden», betonte Museumsleiterin Petra Giezendanner.
Innovative Lösungen
Vor rund zehn Jahren ist Flavia Brändle auf das Thema Besen gestossen. Heute ist sie eine Expertin und Produzentin des Produktes Ybriger Besen, ein weltweit verkaufter Besen. Ursprünglich stiess sie im Toggenburger Museum auf einen Halmbesen. Das Objekt faszinierte sie. Und sie verknüpfte damit eine traditionelle Bindetechnik aus der Region Ybrig – fertig war das Erfolgsprodukt. Ansonsten forschen die beiden Designerinnen gerne in der Geschichte des Besens. Margrit Linder gerne sogar bis nach Asien. Unter anderem lebte sie drei Jahre in Borneo, auch dort spielte der Besen eine wesentliche Rolle. Heute lebt Linder in Meisterschwanden.
«Besen sind von Menschen gemacht. geprägt vom Umfeld und von Tradition», betont Linder. Und wo sie auch recherchierte, sie entdeckte immer nur zwei Techniken, praktisch weltweit. «Das Besengebiet weitet sich ständig aus», erklärt sie. So wird auch der Erfahrungsschatz stets vergrössert. Und der stete Austausch der beiden Designerinnen ist für beide bereichernd. «Wir setzen uns stets mit Techniken, Landschaften und Material auseinander», sagt Flavia Brändle. Damit wurde der Lernprozess nie unterbrochen. «Wir wollen auch dazu aufmuntern», so Brändle, «innovative Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten.»
Feuchtwiese – eine eigene Welt
Auch Nachhaltigkeit ist ein Thema der beiden Designerinnen. Das Material für Handbesen wird letztlich aus Pfeifengraswiesen gewonnen. Diese Feuchtwiesen stehen nicht nur unter Schutz, sondern sie leisten ihren Anteil zur Biodiversität. «Und dort tut sich eine eigene Welt auf», sagt Ursina El Sammra, Projektleiterin Umweltbildung bei Pro Natura, an der Vernissage. Am Beispiel eines Schmetterlings zeigte Pro Natura, wie alles in der Natur zusammenhängt. «Solche Wiesen sind äusserst wertvoll.» Nicht nur für die Biodiversität, sondern auch für Besen.