Entspannter Vielflieger
16.12.2025 Mutschellen, BerikonBruno Nägeli liebt es, bei Erstflügen dabei zu sein
Im Oktober und November startete der erste Swiss-Flieger der Serie A350 seine Jungfernflüge mit Passagieren innerhalb von Europa und in die USA. Der Beriker Bruno Nägeli flog beide Male mit. Es waren ...
Bruno Nägeli liebt es, bei Erstflügen dabei zu sein
Im Oktober und November startete der erste Swiss-Flieger der Serie A350 seine Jungfernflüge mit Passagieren innerhalb von Europa und in die USA. Der Beriker Bruno Nägeli flog beide Male mit. Es waren nicht seine ersten Jungfernflüge. Und es dürften für ihn noch viele mehr werden.
Roger Wetli
«Dieses Hobby ist ein wenig dekadent. Ich lebe sonst eher bescheiden», schmunzelt Bruno Nägeli. Der Gründer und langjährige Besitzer des Rettungsdienstes Intermedic und heutige Direktor der TCS Ambulance Aargau AG taucht zum Gespräch in der Kleidung des Rettungsdienstes auf. Trotz seiner Chefposition fährt er nach wie vor mit dem Ambulanzfahrzeug zu Notfällen. Als Beispiel für seine Bescheidenheit erwähnt er: «Als wir Fotos für die Webseite der TCS Ambulance machen wollten und es hiess, ich soll ein Hemd anziehen, kam ich ins Schwitzen. Ich besitze keines und brauche so was nicht.»
Eine ganz besondere Atmosphäre
Und doch gibt es noch die andere Seite von Bruno Nägeli. Diejenige, in der er es schätzt, als Vielflieger zu einer exklusiven Passagierkategorie zu zählen, die am Flughafen First eincheckt, in einer abgetrennten First-Lounge auf den Flug waret und mit der Limousine zum Linienflugzeug gefahren wird. «Das ist wirklich sehr dekadent», lacht er diesmal. Trotzdem schätzt er es, als Vielflieger zu einer exklusiven Passagierkategorie zu zählen. Bruno Nägeli fasziniert die Fliegerei. Und spricht er über seine einzigartigen vier Erstflüge mit der neuen A350 der Swiss, welche im Oktober und November stattgefunden haben, kommt er ins Schwärmen. «Es herrschte bereits vor dem Abflug eine sehr feierliche Atmosphäre. Reden wurden gehalten, ein Band durchgeschnitten – und ich durfte bei allen vier Flügen als erster Passagier einsteigen.» Der allererste Flug der neuen A350 führte von Zürich nach Palma de Mallorca und wieder zurück. Der zweite einen Monat später von Zürich nach Boston in die USA und wieder zurück. Das Flugzeug ist das erste von zehn desselben Typs, welche jetzt nach und nach bis 2031 in die Swiss-Flotte integriert werden. Das zweite sollte noch vor Weihnachten in Betrieb genommen werden. «Vor so einem Erstflug sind alle freudig nervös, ich liebe es.»
Nägeli durfte diese A350 gar vorgängig bei einem VIP-Anlass im Hangar in Kloten besichtigen. Zudem war er ein paar Monate zuvor im Werk in Toulouse. Dort erhielt er eine Werksführung und sah diesen Flieger noch in «rohem» Zustand. «Mich interessiert die Technik», erklärt Nägeli. «Die A350 braucht weniger Kerosin als ihre Vorgänger, sie ist leiser – sowohl innen und als auch aussen. Sie hat grössere Fenster. Und die Suiten sind sogar besser als in Privatjets.»
In 38 Stunden um die Welt
Der Beriker muss es wissen. Seit Anfang der 90er-Jahre begleitet er Rückführungen von Patienten per Flugzeug in die Schweiz. «Meist geschehen diese in der First und Business Class oder in speziellen Bereichen mit eingebauten Betten. Ich bin vor allem geschäftlich geflogen.»
Bei einem dieser Patientenrückflüge erinnert er sich an den Literaturklassiker «In 80 Tagen um die Welt». «Ich dachte darüber nach, wie lange heute wohl ein Flug um die ganze Welt dauern würde und kam zum Schluss, dass 48 Stunden eigentlich reichen könnten. Also buchte ich mir diese Reise.» Er stieg in Zürich in ein Flugzeug, das ihn in 12 Stunden nach Singapur, von dort mit dem längsten Nonstopflug in 18 Stunden nach New York und in weiteren 8 Stunden wieder nach Zürich brachte. «Ich schaffte also diese 48 Stunden», lacht er. Seine Mitarbeiter der Intermedic meldeten seinen Flug beim Guinness Buch der Rekorde an. Diese lehnten aber ab, weil eine anerkannte Weltumrundung auf Seerecht basiert. «Und dieses verlangt die Überschreitung des Äquators. Ich verblieb aber bei diesen drei Flügen immer nördlich davon», nimmt es Bruno Nägeli gelassen.
Das war 2010 und wirkt bis heute noch. «Der Flug von Zürich nach Singapur fand im allerersten Linienflug der A380 auf dieser Strecke statt. Das alleine war schon ein tolles Erlebnis», schwärmt er. Fünf Jahre später erfolgte der nächste Erstflug. 2016 flog Bruno Nägeli mit der ersten Boeing 777 der Swiss von Zürich nach Genf und zurück. Und dieses Jahr war er am 1. April mit der ersten A350 der Edelweiss auf ihrem Jungfernflug von Zürich nach Teneriffa und zurück dabei. «Wobei es sich um einen Occasion-Flieger handelte, welche neu in den Dienst der Edelweiss-Fluggesellschaft gestellt wurde», schmunzelt Nägeli.
Ein Moment der Entspannung
Für ihn bedeutet Fliegen einen Moment der Entspannung. Dabei vergesse er seine Arbeit beim Rettungsdienst und die teils schweren Begegnungen mit den Notfallpatienten und ihren Angehörigen. Meist ist er allein unterwegs. «Für andere ist das Fliegen ein grosser Stress und ein notwendiges Übel, um von A nach B zu kommen. Ich empfinde ihn als einen wichtigen Bestandteil meiner Reisen. Das fängt bereits lange zuvor mit der Vorfreude und bei der Vorbereitung an.» Beim Fliegen schlafe er oder schaue Filme. Die Starts und Landungen verfolgt Nägeli sehr aufmerksam. Flugscham wegen den Auswirkungen auf das Klima aufgrund des hohen Kerosinverbrauchs der Flieger kennt er nicht. «Weltweit gibt es täglich rund 37 000 Linienflüge. Da fällt ein einziger Passagier nicht gross ins Gewicht.»
Zu den Erstflügen gehören auch spezielle Geschenke, welche die Passagiere erhalten. Dazu zählen Medaillen, Bändel oder Kugelschreiber, die alle mit Widmung auf diese speziellen Ereignisse geprägt sind. «Viel wichtiger sind mir aber die Erinnerungen daran – und ich bewahre die Flugtickets auf», lächelt er.
Stress am Zielort
Entspannt er sich während des Fluges, wird diese Ruhe bei ihm allerdings nach den Landungen am Zielort durch grossen Stress unterbrochen. «Ich habe das Bedürfnis, mir und meinem Umfeld von jedem Ort Postkarten zu senden. Bei kurzen Aufenthalten erhöht das den Puls gewaltig. Zumal es gar nicht mehr so viele Läden gibt, in denen man Postkarten erhält. Ich habe auch schon eine Stunde lang danach gesucht.» Beim Erstflug nach Boston fand er zum Beispiel erst in der hintersten Ecke des Flughafens Postkarten. Und das bei einer Aufenthaltszeit von knapp 2,5 Stunden. «Entspannen und etwas essen kann ich ja dann wieder im Flieger», schmunzelt er. «Die Postkarten sind mein Beleg, dass ich tatsächlich dort gewesen bin.» Um jeweils Zeit zu sparen, druckt er die Adressetiketten vor, kauft zum Teil bereits in der Schweiz entsprechende Briefmarken und schreibt auf die Karten lediglich das Datum und «Gruss, Bruno» drauf. «Es kam aber auch schon vor, dass ich die Postkarten aus Zeitgründen erst in der Schweiz versenden konnte.» Er mache das konsequent bei Auslandreisen – egal ob er privat oder geschäftlich unterwegs sei.
Gute Kontakte nötig
Das Fliegen lässt Bruno Nägeli nicht mehr los. «Wenn ich lande, bin ich fast traurig.» Sein nächster privater Flug startet im Januar. Und dann gibt es immer wieder Patientenrückführungen. Wann sein nächster Erstflug mit einem neuen Linienflieger ist, weiss Nägeli noch nicht. «Um da mitzufliegen, muss man vorzeitig informiert sein. Dazu braucht es Kontakte. Diese habe ich aber mittlerweile. Schon jetzt freue ich mich auf den nächsten Flug. Ich fliege am liebsten mit ‹meiner› Swiss.»


