Eine Frage des Rechnens
30.08.2024 Mutschellen, RudolfstettenGeschäft von Interesse
Podium zum «Isleren»-Verkauf in Rudolfstetten
Am 22. September kommt es zur Referendumsabstimmung über den Verkauf der Isleren an einen Investor. An der Podiumsdiskussion lieferten sich die ...
Geschäft von Interesse
Podium zum «Isleren»-Verkauf in Rudolfstetten
Am 22. September kommt es zur Referendumsabstimmung über den Verkauf der Isleren an einen Investor. An der Podiumsdiskussion lieferten sich die Befürworter und Gegner einen Schlagabtausch.
Rund 28,7 Millionen Franken möchte der Gemeinderat für den Verkauf der gemeindeeigenen Flächen in der Isleren an einen einzigen Investor verlangen. Auf rund fünf Hektaren sind 266 Mietwohnungen geplant. Der Antrag zum Verkauf der Parzelle für 1200 Franken pro Quadratmeter inklusive zusätzlicher Leistungen ist an der Sommer-«Gmeind» angenommen worden. Gegen diesen Entscheid ist das Referendum ergriffen worden. Hauptargument dafür: «Der Preis ist viel zu tief.»
Rund 250 Personen besuchten diese Woche das vom Komitee Pro Isleren organisierte Podium. Für die Befürworter sprachen Lieni Füglistaller (SVP), Markus Mötz (FDP) und Verwaltungsratspräsident der Real North AG Alfred Gantner. Dagegengehalten hat die SP-Nationalrätin aus Zürich Jacqueline Badran. Das Podium fand ohne Vertreterinnen und Vertreter des Referendumskomitees statt. --sab
Befürworter und Gegner an der Podiumsdiskussion zum Verkauf Bauland in der Isleren
Am 22. September stimmen die Rudolfstetter über den Verkauf «Isleren» an der Urne ab. Das Dafür und das Dawider wurden an einem Podium diskutiert. Unter anderem mit dabei die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, die als Immobilienspezialistin gilt.
Sabrina Salm
«Im Baurecht oder nicht im Baurecht, das ist hier die Frage» – zumindest war diese Fragestellung nach Shakespeares Manier bei der Podiumsdiskussion zum Verkauf des Islerenareals eines der zentralen Themen. «Die Vergabe im Baurecht ist lukrativer», findet Jacqueline Badran. Die SP-Nationalrätin aus Zürich wurde als Rednerin für die Kontraseite angefragt. Sie gilt als Expertin für Baufragen, denn das ist ihr politisches Steckenpferd. «In diesem Fall betrachten wir die Realisierung des Projekts im Baurecht als nicht richtig», argumentierte die Gegenseite.
Schlagabtausch der Befürworter und Gegner
Der Verkauf des Areals Isleren in Rudolfstetten bewegt. Die Gemeinde möchte die Parzelle «Isleren» für 1200 Franken pro Quadratmeter inklusive zusätzlichen Leistungen an den Investor Real North AG verkaufen. An der «Gmeind» im Juni noch mit 60 Ja- zu 26 Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen genehmigt, ging gegen den Entscheid ein Referendum mit fast 400 Unterschriften ein. Daraufhin hat sich auch ein «Pro Isleren»-Komitee aus den bürgerlichen Parteien gegründet. Die Ortsparteien SVP, GLP, Die Mitte und FDP erachten das geplante Projekt «Im Birkenhain» als bestmögliche Variante. Die Siedlung mit 266 Mietwohnungen auf einer Fläche von 34 000 m2 soll autofrei werden und steuerkräftige Einwohner anlocken. Damit das Pro-Komitee seine Argumente darlegen kann und auch die Gegenseite zu Wort kommt, luden sie zur Podiumsdiskussion ein. Rund 250 Personen versammelten sich in der Mehrzweckhalle, um dem Schlagabtausch der Befürworter und der Gegner zuzuhören und um Fragen an die Podiumsteilnehmer zu stellen. Darunter waren nicht nur Rudolfstetterinnen und Rudolfstetter.
Moderiert wurde der Abend von Journalistin und Kommunikationsfachfrau Katia Röthlin. Für das Pro-Isleren-Komitee waren Markus Mötz, Präsident der FDP-Ortspartei, Präsident der SVP Rudolfstetten Lieni Füglistaller sowie Verwaltungsratspräsident der Real North AG Alfred Gantner anwesend. Für die Gegenseite sprach Jacqueline Badran. Vom Referendumskomitee selbst nahm niemand am Podium teil, trotz Einladung.
Ein «Ultraschnäppchen»
Wie es aber vonseiten der Referendumsergreifer heisst, seien sie vor allem mit dem ausgehandelten Preis nicht einverstanden. Sie finden, ein Quadratmeterpreis von 1500 Franken wäre marktkonform. Was auch Badran unterstrich. «Der verhandelte Preis ist ein Ultraschnäppchen für den Investor», unterstrich sie immer wieder. Sie verstand es nicht, dass die Gemeinde sich so über den Tisch ziehen lasse. Sie habe das Angebot x-fach durchgerechnet und könne es belegen, dass dieser Landpreis einfach zu tief sei. Man könne mindestens 34 bis 40 Millionen Franken Landpreis verlangen, jetzt sei man bei 28,7 Millionen. Sie findet, dass man das Land im Baurecht vergeben müsste. «Wenn man das täte, würden jedes Jahr 2 Millionen Franken Zinsen eingenommen werden, und das 90 Jahre lang.» Doch wie es geplant ist, nehme man Geld in Obligationen an und erhalte so einen Ertrag von 270 000 Franken pro Jahr. «Egal, aus welcher Perspektive man rechnet, gibt es lukrativere Varianten als einen Landverkauf.»
Gantner glaubt, dass das Baurecht in diesem Projekt problematisch wäre und die Vergabe im Baurecht in Zentrumslagen viel mehr Sinn mache als auf der Parzelle «Isleren». Der Investor meinte, der Baurechtszins würde nicht wie von Badran angenommen bei 5, sondern bei 1,7 Prozent liegen. Ebenfalls hätte die Vergabe im Baurecht Auswirkungen auf die Mieten.
Im Ganzen sehen
Lieni Füglistaller konterte zu Badrans Berechnungen: «Das kommt genau dabei raus, wenn die Rechnung nicht fertiggemacht wurde. Die Zahl ist falsch, weil man nicht weiss, was Real North alles in Zusammenarbeit mit der Gemeinde noch macht.» Man müsse das Ganze sehen, erklärte der Präsident der SVP. Zum Beispiel kaufe die Immobilienfirma eine Strasse sowie ein Stück Wald, baue einen Kindergarten und eine Kindertagesstätte ins geplante Quartier. Zudem bekomme die Gemeinde das Kaufrecht an drei Liegenschaften im Zentrum Mutschellen. «Sie bringen weitere Leistungen, welche der Gemeinde Geld in die Kasse spülen.» Man müsse eben die Strategie der Gemeinde verstehen und dieses Projekt nicht aus dem Zusammenhang reissen. Zu dieser Strategie der Gemeinde habe der Souverän vor vier Jahren Ja gesagt. Markus Mötz nahm für die FDP Rudolfstetten Stellung, die sich klar für das Projekt aussprach. «Wir glauben, dass es ein Mehrwert für Rudolfstetten sein wird.» Wenn man das Projekt jetzt an der Urne ablehne, beginne man wieder von vorne. Doch Aussagen über die genauen Konsequenzen zu machen, sei noch zu früh.
Durchmischtes Quartier
Die Bevölkerung interessierte sich wohl viel mehr für die Schicksale der Mieterinnen und Mieter als für die Frage Baurecht oder nicht. «Was passiert mit den rund 160 Mietern, die heute in der Isleren wohnen?» Als legitim erachtete Gantner die Frage. «Klar, die Wohnungen in der Überbauung werden teurer.» Der Real North AG sei es aber ein Anliegen, eine breite Durchmischung in das Quartier zu bringen. So sollen Wohnungen in unterschiedlichen Preissegmenten entstehen und verschiedene Lebensformen ansprechen. So werde es Klein-, Alters- oder Familienwohnungen von 2,5 bis 6,5 Zimmern geben. Je nachdem, in welchem Stockwerk, kostet eine 2,5-Zimmer-Wohnung mit 76 Quadratmetern zum Beispiel schätzungsweise 1690 Franken pro Monat und eine 4,5-Zimmer-Wohnung mit 138 m2 monatlich 2590 Franken. Die Schätzungen sind ohne Nebenkosten zu verstehen.
Die Podiumsdiskussion war fair und sachlich. Auch wenn man sich gegenseitig unterstellte, man rechne falsch. Welche Argumente und welche Rechnung mehr überzeugten, wird sich an der Urne zeigen. «Sein oder Nichtsein», das Zitat aus der Tragödie Hamlet von William Shakespeare, passt auch auf die Fragestellung, ob der Islerenverkauf an die Real North AG zustande kommt. Am 22. September erhält man die Antwort.