Ein Weltrekord in Weiss
20.01.2023 Mutschellen, RudolfstettenNatasha Lee Fokas hat es mit einer Hochzeitstorte ins Guinnessbuch der Rekorde geschafft
Es ist ein Weltrekord eine Weltneuheit zugleich: Die gebürtige Rudolfstetterin Natasha Lee fokas backte an der Berner Hochzeitsmesse ein tragbares ...
Natasha Lee Fokas hat es mit einer Hochzeitstorte ins Guinnessbuch der Rekorde geschafft
Es ist ein Weltrekord eine Weltneuheit zugleich: Die gebürtige Rudolfstetterin Natasha Lee fokas backte an der Berner Hochzeitsmesse ein tragbares Hochzeitstorten-Kleid.
Celeste Blanc
Es ist ein Rezept der Superlative: 660 Eier, 20 Kilogramm Zucker, zehn Kilo Mehl, 17 Kilo Butter, 6 Kilo Fruchtpüree, zwei Liter Öl und 56 Kilo Rollfondant benötigte die Tortendesignerin Natasha Lee Fokas, um die erste Brautkleid-Hochzeitstorte überhaupt zu vollenden. Doch damit nicht genug: Nicht nur, dass man mit der Torte eine Hochzeitsgesellschaft von 500 Personen verköstigen könnte – das Hochzeitskleid wurde zudem letztes Wochenende auf dem Laufsteg der «Swiss Wedding World»-Hochzeitsmesse in Bern präsentiert. Nebst einem Minimalgewicht von 68 Kilogramm, vorgegeben von der Guinness-World-Record-Organisation, muss te ein Model das Kleid tragen und fünf Meter darin laufen. Mit seinen 131,15 Kilo brachte das Kleid das Doppelte auf die Waage.
Unterstützung aus der Heimat
Wenige Tage nach dem grossen Moment kann es die Tortendesignerin immer noch nicht fassen. «Es ist unglaublich, dass wir das geschafft haben. Da habe ich noch immer Gänsehaut», so Lee Fokas. Mit dem erreichten Weltrekord fand für sie und ihr 30-köpfiges Team ein intensives Projekt sein Ende. Die hohen Kosten von über 13 000 Franken konnten dank Unterstützung durch ein Crowd-Funding-Projekt zusammentragen werden. «Dabei erhielt ich viel Unterstützung aus der alten Heimat», schwärmt die gebürtige Rudolfstetterin. Hintergrund dieses einzigartigen Rekords war, für ihr Tortenfachgeschäft «SweetyCakes» zu werben. Denn wie für so viele Kleinunternehmen hallen auch in dieser spezifischen Branche die Nachwirkungen von Corona nach.
Süsse Weltneuheit geschaffen
Die Mutschellerin Natasha Lee Fokas stellte mit ihrer Hochzeitskleid-Torte einen bisher einzigartigen Weltrekord auf
Es ist eine Hochzeitstorte für die Bücher: 131,15 Kilo betrug das Gewicht der tragbaren Brautkleid-Torte von Natasha Lee Fokas, die von einem Model an der Hochzeitsmesse in Bern auf dem Laufsteg getragen wurde. Damit sicherte sie sich einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde 2024.
Celeste Blanc
Kurz vor 17 Uhr. An der Hochzeitsmesse von «Swiss Wedding World» in der Bernexpo wird es für einen kurzen Moment still. Die Anwesenden sind gespannt. Hat es für den neuen Weltrekord gereicht? Es hat, wie die anwesende Guinness-Jurorin kurz darauf verlauten lässt. Die Begeisterung in der Berner Messehalle ist gross.
Allen voran jubelt Natasha Lee Fokas, Inhaberin von «SweetyCakes GmbH» und passionierte Tortendesignerin. Die Idee für einen Weltrekord stammt nämlich aus ihrer Feder respektive ihrem Zuckerspritzglasursack: Es ist das erste tragbare Hochzeitskleid, bestehend aus Torte und Zuckerteig, das es je gab. Damit ist dieser «Traum in Weiss» nicht nur ein Weltrekord, sondern gleichzeitig auch eine Weltneuheit. Freudestrahlend hält Lee Fokas, umgeben von ihrer Familie und ihrem Team, die Urkunde in die Höhe. Damit hat sie sich einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde 2024 gesichert.
Metallbauer hilft mit
Anmutig und elegant schwebte Model Ada Mircea am Sonntagabend über den Laufsteg. Zwischen all den anderen Bräuten fiel die gute Freundin von Lee Fokas auf den ersten Blick gar nicht auf. Das Duchesse-Kleid war ebenso elegant und festlich wie die während der Modenshow präsentierten Brautkleidkollektionen. Wer aber ganz genau hinschaute, dem fiel auf: Das Kleid bestand nicht aus Stoff und Tüll, sondern aus Rollfondant. Um den neuen und ersten Weltrekord überhaupt aufzustellen, hatten Lee Fokas und ihr Team zwei Vorgaben zu erfüllen: Die Torte muss erstens im Reingewicht mindestens 68 Kilogramm wiegen und zweitens von einer Person getragen werden, die damit fünf Meter läuft. Damit ein solches Kleid überhaupt «tragbar» gemacht werden konnte, benötigte es eine spezielle Metallkonstruktion als Grundgerüst für den Rock. «Diese musste von einem Metallbauer extra konzipiert werden», erklärt die Tortendesignerin. Dieses Konzept funktioniere im Grunde genommen gleich wie bei einer «normalen» Hochzeitstorte, die auf verschiedenen Plattenebenen aufgeschichtet wird. «Ein Unterbau ist bei Torten nötig, damit die untere Schicht die obere Schicht tragen kann und somit nicht in sich zusammenbricht.» Zusätzlich musste der Unterbau mit Rädern ausgestattet werden, damit Model Ada Mircea überhaupt über den Laufsteg gleiten konnte. Schliesslich wog das Kleid insgesamt 131,15 Kilo.
Rekord nicht geplant gewesen
Die Woche vor dem Weltrekordversuch hiess es für die gebürtige Rudolfstetterin und ihr Team dann «backen, backen, backen». Der Tortenrock wurde in Lee Fokas’ Laden «SweetyCakes» in der Altstadt von Thun fertiggestellt und verziert. «Die Logistik und der Transport waren eine wahre Herausforderung», blickt die Rekordhalterin zurück. «Denn der Rock durfte nirgends berührt werden.» Mit einem Kühlwagen wurde dieser von Thun nach Bern transportiert. Vor Ort musste Model Ada Mircea dann Geduld beweisen: Nachdem sie in den Rock geschlüpft war, musste sie während mehrerer Stunden für die Verzierung des Oberteils aus Zuckerguss ausharren, welches zusätzlich durch Fondant mit dem Rock verbunden wurde.
Doch wie kam die gebürtige Mutschellerin darauf, eine Hochzeitstorte zu einem tragbaren Brautkleid umzufunktionalisieren? «So wie viele meiner Ideen entstehen: beim Dekorieren einer Torte», lacht die dreifache Mutter. «Das ist für mich meditative Arbeit, bei der ich die besten – oder verrücktesten – Einfälle habe.» Seither hatte sie ein klares Bild vor Augen: Wie der Aufbau getätigt werden muss, damit das Kleid auch hält, welche Geschmacksrichtungen die Tortenschichten haben sollen – vier verschiedene, von Vanillebiskuit mit Mango/Passionsfrucht über Schokoladenbuttercreme und -biskuit hin zu Himbeerbuttercreme – und natürlich, wie es auszusehen hat. Nämlich so realistisch wie nur möglich. «Die Vorstellung reizte mich. Dabei aber einen Weltrekord aufzustellen, war eigentlich gar nicht Teil des Plans gewesen.»
Kontakt zu Guinness World Records war schwierig
Bis Lee Fokas ihr köstliches Brautkleid realisieren konnte, verstrichen vier Jahre. Dazwischen galt es für die Unternehmerin, den Auf bau ihres Geschäfts «SweetyCakes» in Thun voranzutreiben. Mittlerweile führt die ehemalige Rudolfstetterin das grösste Tortenfachgeschäft der Schweiz. Nebst Bestellungen aus dem ganzen Land für spezifische Zutaten sowie Zubehör flattern diese auch aus dem Ausland rein.
Der Aufbau des Fachgeschäfts hielt die Gründerin auf Trab. Das 2014 gegründete Geschäft übernahm Anfang 2020 «KitschCakes» und zog damit in ein über 400 Quadratmeter grosses Geschäftslokal, das sehr aufwendig umgebaut werden musste. «Die Pandemie überraschte auch uns und erschwerte das Ganze sehr. Auch nach der Pandemie merkten wir die Auswirkungen und die gesunkene Kaufkraft.»
Um dem Scheitern ihres «Corona-Babys» entgegenzuwirken, kam die Idee der «Brautkleid-Torte» wieder auf. Nicht nur weil ihre Familie das Guinness-Rekorde-Buch liebt, sondern auch zu Werbezwecken sollte mit dieser zusätzlich ein Weltrekord gebrochen werden. Und das so schnell wie möglich: «Ich wollte keinesfalls auf das nächste Jahr warten, vielleicht wäre es dann zu spät gewesen.» Doch der Kontakt zu Guinness World Records gestaltete sich schwieriger als erwartet. Denn: Guinness World Records erhält täglich unzählige Bewerbungen, von denen viele dann entweder wieder verworfen, zurückgezogen oder von der Organisation zurückgewiesen werden. «Da musste ich hartnäckig bleiben, um mit meinem Vorhaben ernsthaft zu überzeugen.»
Grosse Unterstützung aus der einstigen Heimat
Nebst voller Überzeugungsarbeit und dem Ausfüllen unzähliger Dokumente ist eine Bewerbung mit hohen Kosten verbunden. Da Lee Fokas den Weltrekord zu Werbezwecken nutzen wollte, musste sie der Organisation 10 000 Britische Pfund zahlen, was 12 000 Franken beträgt. Zusätzlich trug sie auch die Kosten für das Einfliegen und die Unterbringung der Jurorin. Dank der Unterstützung von Sponsoren und durch ein von ihr ins Leben gerufenes Crowd-Funding-Projekt konnte die Summe von sage und schreibe 16 000 Franken zusammengetragen werden. Fleissig mitgesponsort haben auch viele aus der alten Heimat. «Mein Vorhaben ging auf der Facebook-Gruppe für den Mutschellen viral. Viele haben sich daraufhin bei mir gemeldet, gesponsort und mir geholfen, weitere Unterstützer für mein Projekt zu finden», freut sich Lee Fokas, die mit 27 Jahren von Rudolfstetten zuerst nach Zürich, danach nach Thun zog. «Obwohl es schon lange her ist, habe ich immer noch wunderbare Erinnerungen an den Mutschellen – und spüre stets ein bisschen Heimweh.»
Flair für das Musische
Jahrelang kreierte und backte Lee Fokas die Geburtstagstorten für ihre Kinder, dann zunehmend im Bekanntenkreis, bevor sie sich entschied, eine Tortenbäckerei zu eröffnen. Die aufgestellte Frau hatte schon immer ein Flair für gutes Essen und das Musische: Die studierte Turn- und Sportlehrerin, die ihr Studium an der ETH Zürich abschloss, stammt aus einer Familie von begabten Köchen und kreativen Künstlern. «Das lag mir schon immer im Blut.»
Knapp eine Woche nach dem Weltrekord kann sie es zwar immer noch kaum fassen. Intensiv seien die letzten Monate, vor allem die letzten Tage vor dem Weltrekordversuch gewesen. Trotz herausfordernder Momente ist die Bäckerin froh, diesen Schritt gegangen zu sein. Kraft habe ihr durch das ganze Projekt hindurch die gute Zusammenarbeit mit ihrem Team und allen, die auf irgendeine Weise mitgewirkt haben, gegeben: «Ich bin nicht auf mich, sondern auf die gesamte Teamleistung stolz und sehr dankbar darüber, dies erleben zu dürfen. Von dieser einmaligen Zusammenarbeit werde ich noch lange zehren.»