Ein Hauch von «Heiligland»
15.09.2023 Villmergen, Hermetschwil-Staffeln, Region UnterfreiamtBesuch von Jesuitenpater Marc-Stephan Giese in Villmergen und Hermetschwil
Wenn vom «Heiligen Land» die Rede ist, werden damit oft Israel, Palästina, eventuell auch Syrien oder Ägypten, gemeint. Dabei wird häufig übersehen, dass auch ...
Besuch von Jesuitenpater Marc-Stephan Giese in Villmergen und Hermetschwil
Wenn vom «Heiligen Land» die Rede ist, werden damit oft Israel, Palästina, eventuell auch Syrien oder Ägypten, gemeint. Dabei wird häufig übersehen, dass auch Jordanien über eine christliche Geschichte verfügt. Darüber informierte der Jesuitenpater Marc-Stephan Giese SJ.
Während seiner Besuche in mehreren Regionen, so auch im Freiamt, wo er in Villmergen und Hermetschwil haltmachte, brachte Pater Giese den interessierten Gläubigen das jordanische Christentum näher. Er wurde vom Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)» eingeladen. In Villmergen wurde er von Katechetin Cornelia Pfiffner, in Hermetschwil von Äbtissin Angelika Streule und der Klostergemeinschaft willkommen geheissen. Er fand eine aufmerksame Zuhörerschaft, welche sich offen zeigte für nicht alltägliche Informationen. «Die Taufe Jesu und das Martyrium Johannes des Täufers sind die beiden Identitätspunkte der jordanischen Christen», so der seit Längerem international engagierte Geistliche. Der deutsche Theologe war während dreier Jahre bei der internationalen Pfarrei in der jordanischen Hauptstadt Amman tätig. Seit Anfang 2023 wirkt er als Hochschul- und Cityseelsorger in Potsdam. Durch sein Wirken in Jordanien konnte er dort auch den Puls der Menschen fühlen, was seinen Worten zu entnehmen war. Dies versteht sich, gehören doch die jordanischen Christen zu den ältesten Christengemeinschaften der Welt.
Jordanien – Treffpunkt verschiedener Kulturen
«Die Christen in Jordanien empfinden eine grosse Liebe zur Gottesmutter Maria», so der Jesuiten-Pater Giese, «denn ihr Sohn ist der Frieden, welcher allen Hass überwindet.» Er betonte die Wichtigkeit der Offenheit im Gebet für die Nöte der Welt, auch der Christen im Heiligen Land. Es gilt, die Herzen zu öffnen für die Not der Menschen. Jordanien bezeichnete Pater Giese als «spannend, weil sich auch dort ein Heiliges Land, eine christliche Gemeinde mit Geschichte», befinde. Das Land hatte für ihn eine bestimmte Anziehungskraft, sodass er sich 2019 entschied, hier zu wirken. Das vor schweren kriegerischen Auseinandersetzungen weitgehend verschonte, politisch recht stabile Land im Herzen des Nahen Ostens verfügt über einige biblische Stätten, welche sich regelmässiger Beachtung durch Pilgerschaften und Touristen erfreuen. Dazu gehört zweifellos der Ort am Jordan, am welchem Jesus durch Johannes den Täufer getauft wurde. Da dessen Wirken weitgehend auf dem Gebiet des heutigen Jordaniens erfolgte, befindet sich dort auch die Stätte, wo Johannes rund 30 Jahre nach Christi Geburt enthauptet wurde.
Voneinander lernen
Es beeindruckte Pater Giese, dass sich gerade in der Viermillionen-Stadt Amman Menschen aus verschiedenen Kulturen treffen können. Neben den Jordaniern fügen sich zahlreiche Flüchtlinge, u. a. aus dem Irak, Palästina, dem Sudan und Somalia, in die internationale Gemeinde ein, so der Informant aus dem Nahen Osten. Pater Giese durfte erleben, wie Christen unterschiedlicher Herkünfte voneinander lernen und sich von der Glaubenstreue der jordanischen Christen inspirieren lassen. Mit Unterstützung durch das weltweit tätige Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)» konnten Aktivitäten organisiert werden, welche es verstanden, den nach Jordanien gef lüchteten Christen aus Ländern der Verfolgung eine neue Heimat zu ermöglichen. Bedingt durch die in zahlreichen Ländern, auch des Nahen Ostens, bestehende Christenverfolgung haben sich viele Geflüchtete nach Jordanien begeben, wo sie von kirchlichen Kreisen betreut werden. So wurden gemeinsame Pilgerfahrten mit anderen Gemeindegliedern zu den verschiedenen biblischen Stätten im Land organisiert, um den Gläubigen wieder Rückhalt zu verleihen.
Friedliches Nebeneinander – König als Friedensgarant
Jordanien zeichnet sich aus durch ein friedvolles Nebeneinander der zehn Millionen Menschen, die in diesem Land leben. Unter ihnen befinden sich drei Millionen Flüchtlinge, welche hier ein Domizil in Frieden gefunden haben. Der Frieden in Jordanien ist dem früheren König Hussein I und dessen Sohn, dem aktuellen König Abdullah II, zu verdanken, welchem die friedliche Koexistenz der Menschen in seinem Staat ein Herzensanliegen ist. Der Monarch mit dem Ehrentitel «Sherif» geniesst als Garant für Stabilität für seine Offenheit gegenüber allen Ethnien hohes Ansehen. Die Christen können sich in der jordanischen Politik einbringen, wo sie auch als Minderheit akzeptiert sind. Ebenso ist es ihnen möglich, ihre Glaubenspraxis auszuüben.
Jordanien erweist sich zu einem Zufluchtsland für viele Christen. Dennoch nimmt der Anteil Christen in diesem Land kontinuierlich ab. Bezeichneten sich vor bald hundert Jahren rund 20 Prozent der Einwohner Jordaniens als Christen, sind es mittlerweile nach Schätzung bloss noch zwischen 2 und 5 Prozent. Häufig sind es wirtschaftliche Gründe, welche insbesondere gut ausgebildete Christen dazu verleiten, vorab ins westliche Ausland auszuwandern. --tre