Die Wüste erobert
12.04.2023 WohlenGenau heute vor 50Jahren trat die legendäre FHBB am Swiss Food Festival in Kairo auf – Lorenz Stäger erinnert daran
Für private Zwecke hat Lorenz Stäger ein Buch über seine verschiedenen Aufenthalte in Ägypten verfasst. Darin beschreibt ...
Genau heute vor 50Jahren trat die legendäre FHBB am Swiss Food Festival in Kairo auf – Lorenz Stäger erinnert daran
Für private Zwecke hat Lorenz Stäger ein Buch über seine verschiedenen Aufenthalte in Ägypten verfasst. Darin beschreibt er auch, wie er 1973 als Kulturattaché der Schweizer Botschaft die First Harmonic Brass Band nach Kairo holte. Und wie diese dort für grosse Begeisterung sorgte.
Chregi Hansen
Lorenz Stäger hat eine sehr enge Beziehung zu Ägypten. Der spätere Kantilehrer und Historiker arbeitete von 1972 bis 1974 für die Schweizer Botschaft in Kairo. Und reiste später immer wieder in dieses Land. Seine Erinnerungen hat er nun in einem mehr als 200-seitigen Buch zusammengefasst und in einer kleinen Auflage drucken lassen. «Nur für den privaten Gebrauch, für die Familie und Freunde», wie er erklärt.
Das Buch umfasst neben seinen Erzählungen viele Bilder. Dazu Kopien von Zeitungsberichten, Quittungen, Flugblättern und vielem mehr. Tagebuchaufzeichnungen und handschriftliche Notizen. Viele Querverweise auch. Und es macht deutlich, wie sehr das Land den Wohler geprägt hat. Speziell die Zeit als Kulturattaché in Kairo. Das Leben in Ägypten hat ihn später zu den heiteren Romanen «Aber, aber, Frau Potiphar» und «Liebt ihr Bruder Fisch, Madame», animiert. Und Lorenz Stäger als Autor bekannt gemacht.
Als «Schulbubenzeugs» betitelt
Doch nicht nur Ägypten war und ist der Wohler eng verbunden, sondern auch der First Harmonic Brass Band. Er gehörte zur 1972 gegründeten Ursprungsformation und galt während seiner zwei Jahre in Kairo als «Mitglied ausser Dienst». Die FHBB befand sich damals noch am Anfang ihrer grossen Karriere, welche sie später in alle TV-Shows und auf die Bühnen der halben Welt brachte. Für seine Freunde organisierte Lorenz Stäger vor 50 Jahren ein dreitägiges «Swiss Food Festival» mit den Auftritten der FHBB als Höhepunkt des Abends. «Während mich Botschafter Frey unterstützte, war mein direkter Vorgesetzter gar nicht begeistert und sprach von Schulbubenzeugs», hat Stäger dazu im Buch notiert.
Gleich ein Angebot erhalten
Der Anlass stand unter dem Patronat des Schweizer Botschafters in Zusammenarbeit mit der Swissair. Der Ort des Geschehens war das mondäne Hotel Hilton. Die Speisekarte war bewusst auf Schweizerdeutsch abgefasst und umfasste Menüs wie den «Annebaebi Jowaeger Salot», ein «Sundigsschmuus bim Glunggbuur» oder auch «Ae Schnaefu Aemmitaler Chaes». Was natürlich niemand verstand, aber wunderbar exotisch klang. Die drei Abende waren alle komplett ausgebucht, und der Auftritt der FHBB wurde sogar in den ägyptischen Zeitungen erwähnt. «Das Publikum war sehr international», erzählt Stäger. «Doch der grösste Teil stammte aus Ägypten selbst.» Sowohl der Botschafter wie auch der Hotelmanager waren begeistert. «Er wollte mit uns sofort einen Vertrag für den kommenden Oktober abschliessen», heisst es dazu in einem Reisebericht der FHBB.
Dieser wurde einige Tage nach der Reise in dieser Zeitung veröffentlicht. Und macht deutlich, dass der Auftritt auch für die Truppe aus dem Freiamt etwas Besonderes war. Die 12 Wohler tauchten ein in eine völlig fremde Kultur. Sie besuchten Moscheen, den Basar, wagten einen Karawanenausflug auf Kamelen und besichtigten die Pyramiden. Sie parlierten mit Botschaftsvertretern, liessen sich kulinarisch verwöhnen und genossen die Freizeit am Hotelpool. Oder sie ritten auf Pferden durch die Wüste, kämpften mit den Tücken des Verkehrs oder liessen sich durch das ägyptische Museum führen. Und abends standen sie dann auf der Bühne und unterhielten jeweils 300 Zuschauer. In einem Saal, der eigentlich nur Platz für 250Personen bot. Und trotzdem mussten teilweise Gäste abgewiesen werden. Sechs Tage verbrachte die Gruppe in Kairo. «Die Eindrücke waren überwältigend. Unser erster internationale Auftritt ist gelungen», notierte der Chronist.
Kirsch und Bündnerfleisch geschmuggelt
Lorenz Stäger «missbrauchte» seine Kumpels übrigens als Schmuggler. Er liess sie Kirsch und Bünderfleisch mitbringen, weil dies im «Hilton» nicht verfügbar war. Am Flughafen lotste er die Gäste mit seinem Diplomatenpass durch den Zoll. Offenbar hatte aber eine ägyptische Zeitung davon Wind bekommen. Sie schrieb: «Ein Sonderflugzeug wird fünf Tonnen frische Schweizer Lebensmittel nach Kairo fliegen, zusammen mit einer Blasmusik.»
Tennisturnier mit Leo Dubler
Auf den Tag genau 50 Jahre ist es jetzt her seit diesem ersten Auftritt der Wohler FHBB im Ausland. Fast gleichzeitig kreuzte ein weiterer Wohler die Wege von Lorenz Stäger in Ägypten. Und zwar Leo Dubler, damals bereits 82 Jahre alt und Präsident der Internationalen Veteranenvereinigung im Tennis. In Zusammenarbeit mit ihm organisierte Stäger ein Turnier zwischen Tennisspielern aus der Schweiz und aus Ägypten. Während des Aufenthalts musste er Dubler mehrfach zu Interviews für Zeitungen und das Fernsehen begleiten. Und das in der grössten Hitze. «Trotzdem spielte Leo Dubler Tennis, als wäre es ein lauer Frühlingsmorgen», erinnert sich Stäger bewundernd. Und war froh, als die Gäste aus der Schweiz wieder abreisten. Da er in diesen Tagen seine Arbeit mit Fieber erledigen musste.
Trauriges Ende der schönen Zeit
Lorenz Stägers Buch beinhaltet viele solcher kleiner Anekdoten und Begegnungen. «Die Zeit von 1972 bis 1974 in der ägyptischen Hauptstadt war für mich und meine Frau Vally aussergewöhnlich», schreibt er dazu im Buch. Und endete tragisch. Nur wenige Tage bevor Stäger mit seiner Familie in die Schweiz zurückreiste, verstarb der Schweizer Botschafter. Eine belastende Situation für den Wohler, für den Hans Karl Frey nicht einfach ein Vorgesetzter war, sondern ein guter Freund wurde. Ein trauriges Ende einer wunderbaren Zeit. Die nun dank seinem Buch auch für die Nachkommen erhalten bleibt.