Die «Spanien-Dublers»
05.09.2025 WohlenVorpremiere von «Eine Fabrik in Katalonien»: Erinnerungen von Lorenz Stäger an die Familie Dubler
Cäsar Dubler und sein Wirken stehen im Mittelpunkt des Filmes «Eine Fabrik in Katalonien». Der Wohler erlebte in Barcelona Höhenflüge ...
Vorpremiere von «Eine Fabrik in Katalonien»: Erinnerungen von Lorenz Stäger an die Familie Dubler
Cäsar Dubler und sein Wirken stehen im Mittelpunkt des Filmes «Eine Fabrik in Katalonien». Der Wohler erlebte in Barcelona Höhenflüge und Tiefpunkte. Spuren gibt es in Wohlen nicht sehr viele – aber dafür Erinnerungen. Lorenz Stäger, Kantilehrer und Schriftsteller, hatte eine Verbindung zu seinem Sohn, César Emil Dubler.
Daniel Marti
Sein Leben ist höchst spannend. Aber hier in Wohlen ist es weitgehend in Vergessenheit geraten. Cäsar Dubler wurde 1888 in Wohlen geboren, 1908 ist er ausgewandert und im Jahr 1948 in Barcelona gestorben. Cäsar Dubler ist eine schillernde Figur – dies rückte erst durch Helena Dali in den Vordergrund. Die Filmemacherin begab sich auf Spurensuche und beleuchtet etliche Lebensabschnitte des erfolgreichen Unternehmers: Auswanderung und Unternehmensgründung in Barcelona, Familie, Revolution, Flucht, Enteignung, Bürgerkrieg und Franco-Spanien. Dubler gründete 1910 die erste Firma und baute 1917 bis 1919 seine Textilfabrik südlich von Barcelona, die «Can Dubler».
Der Sohn in den Fussstapfen des Vaters
Im Dokumentarfilm «Eine Fabrik in Katalonien» wird Cäsar Dubler praktisch zum Leben erweckt. Diese Zeitung berichtete schon mehrfach darüber. Die Vorpremiere des Dokumentarfilms erfolgt am Donnerstag, 11. September, 19.30 Uhr, im Chappelehof.
Neben Cäsar Dubler gibt es eine zweite wichtige Person: César Emil Dubler, seinen Sohn. Er lebte ebenfalls in Barcelona, von 1915 bis 1966. Hochbegabt, wurde er Nachfolger seines Vaters in den Manufacturas Españolas Dubler S.A. – gleichzeitig war er Extraordinarius für Orientalistik an der Universität Zürich.
Und dort, an der Uni Zürich, kreuzten sich die Wege von Professor Doktor César Emil Dubler und Lorenz Stäger (Jahrgang 1942) aus Wohlen. Das war in den Sechzigerjahren. Der ehemalige Kulturattaché in Kairo, Kantilehrer und Schriftsteller Lorenz Stäger baute rasch eine Verbindung zu Dubler auf.
Alle zwei Wochen von Barcelona nach Zürich
Lorenz Stäger erinnert sich gerne: «In meinem letzten Jahr an der Kantonsschule in Aarau im Jahr 1961 plante ich eine Veloreise durch Tunesien und wollte deswegen Arabisch lernen. Ich schrieb dem an der Uni Zürich lehrenden Arabisten namens Dubler, der mir ein entsprechendes Buch empfahl.» Und 1963 begann Stäger bei Dubler sein Arabisch-Studium. «Beiläufig erwähnte Professor Dubler, dass er Wohler Bürger sei», blickt Stäger zurück.
Erst später habe er erfahren, dass er ein Sohn des «Spanien-Dublers war und seit 1948 dessen Fabrik in Barcelona mit rund 800 Angestellten parallel zu seiner Tätigkeit an der Uni Zürich leitete». Er lebte in Barcelona und flog für seine Vorlesungen alle vierzehn Tage nach Zürich. «Damals eine Sensation.»
Laut Lorenz Stäger stand Dubler in lockerer Verbindung mit Wohlen, wo seine Tante Melanie Pfister-Dubler lebte (1886–1973). Ihr Haus stand am Parkweg, Die immer elegant und farbenfroh-jugendlich gekleidete ältere Dame war im Dorf unter dem Namen «Grossmutter Immergrün» bekannt.
Die Ansichtskarte vom Verstorbenen
Ausserdem war Dubler befreundet mit dem damaligen Wohler Gemeindeammann Karl Albert Kuhn «KAK», den er auch zu Anlässen des Orientalischen Seminars nach Zürich einlud. «Umgekehrt lud ihn Kuhn 1965 an den Wohler Waldumgang ein, und für das folgende Jahr war er als Gastredner am Waldumgang vorgesehen», erinnert sich Stäger.
Aber das Schicksal wollte es ganz anders. Unerwartet verstarb er am 20. Juli 1966 in Barcelona an Herzversagen, nachdem er in Tetuan (Marokko) eine schwere Magen-Darm-Krankheit aufgelesen hatte. Lorenz Stäger erinnert sich noch gut daran: Er sass damals im einstigen Café Rex am Jassen, als die Todesnachricht am Radio gemeldet wurde. Und einige Tage nach dieser Todesnachricht erhielt er eine Ansichtskarte von César Emil Dubler aus Tetuan. Auf dieser steht geschrieben: «Ich bin seit zehn Tagen mit einer Gastritis keinen Schuss Pulver wert.» Ironie des Schicksals: Dubler führte im Auto immer eine Harasse Mineralwasser mit sich, «so könne ihm nichts geschehen». Lorenz Stäger ist heute noch im Besitz dieser Karte.
Aus dem vorgesehenen Referat am Waldumgang wurde nichts. Praktisch als sein Stellvertreter sprach Lorenz Stäger am Waldumgang 1967 über den Verstorbenen. Und ein Nekrolog aus Stägers Feder erschien am 29. Juli 1966 im «Wohler Anzeiger».
Bücher und Geldsummen auf verschlungenen Wegen
Lorenz Stäger könnte etliche Erinnerungen erzählen. Ein Beispiel: Dubler besass eine «aussergewöhnlich umfangreiche und kostbare Privatbibliothek, von der er einige Tausend Bände der Universität vermachte.» Diese bildeten die Basis der Bibliothek des Orientalischen Seminars der Uni Zürich, die Stäger einige Zeit als Assistent betreute. Die Schenkung wurde damals auf etwa 170 000 Franken geschätzt, «heute gilt ein Vielfaches davon. Zu den Büchern gehört auch die Erstausgabe der auf Veranlassung Napoleons entstandenen ‹Description de l’Egypte›, die heute im Internet für 224 000 Franken angeboten wird.»
Die Bücher wurden noch während des Spanischen Bürgerkrieges «zum Teil auf verschlungenen Wegen aus Spanien nach Zürich gebracht, ebenso grössere Geldsummen». Diese übergab César Dubler treuhänderisch dem Zürcher Professor Arnald Steiger, bei dem er studiert hatte. «Als Dubler die Gelder zurückverlangen wollte, waren sie verschwunden, was 1957 zur Verurteilung und zum Rücktritt von Steiger führte», erzählt Lorenz Stäger. Dubler wurde Steigers Nachfolger.
Die Dubler-Familiengeschichte ist also voller Vielfalt und Spannung. Mit einer Hauptrolle: Cäsar Dubler, der 1908 von Wohlen aus ausgewandert ist und in Barcelona zum erfolgreichen Unternehmer wurde. Und mit einer Nebenrolle: Seinem Sohn César Emil Dubler, der das familiäre Unternehmen in Katalonien ab 1948 weiterführte. Der Film «Eine Fabrik in Katalonien» wird auch eine gewisse Dramaturgie aufweisen.
Vorpremiere von «Eine Fabrik in Katalonien» am Donnerstag, 11. September, 19.30 Uhr, im Chappelehof. In Zusammenarbeit mit dem Filmklub Wohlen. Filmemacherin Helena Dali wird anwesend sein.