Die Geschichtensucherin
07.11.2025 Berikon, Musik, MutschellenLokalgeschichten vertont
Karin Hebeisen tritt im Berikerhus auf
Am Sonntag, 30. November, gibt es im Berikerhus eine Premiere: Die Widener Musikerin Karin Hebeisen präsentiert dort im Trio neue Lieder mit Texten, die auf Geschichten aus der ...
Lokalgeschichten vertont
Karin Hebeisen tritt im Berikerhus auf
Am Sonntag, 30. November, gibt es im Berikerhus eine Premiere: Die Widener Musikerin Karin Hebeisen präsentiert dort im Trio neue Lieder mit Texten, die auf Geschichten aus der Region basieren.
«Ich hatte schon immer einen Hang zur Geschichte und zu Geschichten», erklärt Karin Hebeisen. An zwei Fachhochschulen unterrichtet sie Musik und ist zudem in verschiedenen Ensembles tätig. Unter «Meierlies» vertonte die gebürtige Zürcher Weinländerin vor langer Zeit Geschichten ihrer Heimat. Dieses Projekt schlief ein und wurde erst wieder durch Elsbeth Wyss geweckt. Das Vorstandsmitglied des Kulturvereins Berikon fragte Hebeisen an, ob sie anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums des Bürgisserhus etwas vortragen möchte. Da die Musikerin seit 12 Jahren auf dem Mutschellen lebt, begann sie, Geschichten dieser Gegend zu sammeln und zu vertonen. Einige davon wird sie jetzt Ende November vortragen. Karin Hebeisen möchte aber mehr. «Ich sammle weitere Sagen, Gedichte und Vorkommnisse von hier. Die Leute dürfen sich gerne bei mir melden», lacht sie. --rwi
Die Widerin Karin Hebeisen präsentiert im Bürgisserhus am 30. November ihre vertonten Lokalgeschichten
Ende November gibt es im Bürgisserhus in Berikon eine Weltpremiere. Die Widener Musikerin Karin Hebeisen spielt dann im Trio zum ersten Mal ihre neu komponierten Lieder, mit denen sie lokale Ereignisse und Sagen erzählt. Und das soll erst der Anfang sein.
Roger Wetli
«Edith Karpf hatte riesige Freude, als ich herausgefunden hatte, was die Hintergründe ihrer Kindheitserinnerung sind», strahlt Karin Hebeisen. Karpf erzählte der Berufsmusikerin von einer Hausiererin, die in ihrer Kindheit von Haustür zu Haustür ging und aus einem schweren Rucksack Alltagsgegenstände wie Bürsten, Knöpfe oder Pfannen verkaufte. «Edith Karpf erzählte mir, dass diese Frau nie viel gesagt hat. Und ihr immer sehr geheimnisvoll vorkam.» Hebeisen war fasziniert von dieser Geschichte, fing an zu recherchieren und fand in einer Bauernzeitung einen Artikel. «Dieser berichtete, dass einst verschiedene Händlerinnen aus einem italienischen Bergdorf in den Dolomiten regelmässig in der Schweiz als Hausiererinnen unterwegs waren. Sie hatten im Zweiten Weltkrieg ihre Männer verloren und versuchten, mit dem Verkauf über die Runden zu kommen.» Karin Hebeisen schrieb um diese Geschichte ein Lied, welches sie am Sonntag, 30. November, im Bürgisserhus vorträgt. Es ist eines von fünf neuen Liedern, welche man dann von ihr zu hören kriegt – und alle behandeln Ereignisse und Sagen mit einem klaren Bezug zu dieser Gegend. Sie vermischt diese mit älteren eigenen Kompositionen.
Wiederbelebung dank dem Kulturverein
«Ich hatte schon immer einen Hang zur Geschichte und zu Geschichten», erklärt Karin Hebeisen ihre Faszination. «Ich wuchs im Zürcher Weinland auf einem Bauernhof auf, der ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblickt.» Deshalb rief sie vor vielen Jahren das Projekt «Meierlies» ins Leben. Dieses bezieht sich auf ihren Ledigund heutigen Künstlernamen Karin Meier. «Ich vertonte damals Geschichten und Gedichte aus dem Zürcher Weinland und trug sie wie heute in einem Trio vor – allerdings in einer anderen Besetzung», so die Musikerin. Das Projekt rückte aber durch die Geburt ihrer zwei Kinder in den Hintergrund. Zudem war sie mit ihrem Engagement als Dozentin an zwei Fachhochschulen und als Mitglied des «Lucerne Jazz Orchestra» und in einem Jazzquartett bereits sehr ausgelastet.
Dass sie «Meierlies» jetzt neu belebt, verdankt Karin Hebeisen Elsbeth Wyss vom Kulturverein Berikon. «Wir kannten uns, weil ich in Berikon mit der Band ‹Bendorim› aufgetreten bin, bei der ich damals mitspielte. Sie fragte mich, ob ich etwas im Jubiläumsjahr des Bürgisserhus vortragen könnte.
Damit hatte ich plötzlich ein klares Ziel vor Augen», lacht die Musikerin. Sie lebt seit zwölf Jahren auf dem Mutschellen und fühlt sich hier sehr heimisch. «Deshalb fing ich an, Geschichten aus dieser Gegend zu sammeln.» Unterstützung fand sie im Kulturverein Berikon. Dieser lieferte nicht nur Geschichten, sondern auch wertvolle Kontakte. «Zum Beispiel betreibt Josef Monn ein Ortsmuseum in Bellikon. Von ihm erfuhr ich von einer nicht ganz so bekannten Sage über den Egelsee, die in einem uralten Buch niedergeschrieben ist. Diese habe ich jetzt vertont», ist Karin Hebeisen überglücklich. Aber auch Arthur Meier aus Berikon war ihr eine grosse Hilfe. Zu hören gibt es am 30. November aber auch die von ihr vertonte Sage über «Die 7 Herren im Kelleramt» und ein Gedicht der verstorbenen Pauline Frick aus Widen.
Drei bis fünf Minuten reichen
Seit 30 Jahren schreibt Karin Hebeisen Musik. «Ich gehe sehr intuitiv vor. In der Regel habe ich zuerst eine Textidee, die ich mir notiere. Diese gibt dann den Sprechrhythmus vor. Schlussendlich ist es der Inhalt, der die Atmosphäre vorgibt und förmlich nach einer bestimmten Form schreit.» In der Regel habe sie kein Problem, eine Geschichte auf ein drei- bis fünfminütiges Lied herunterzubrechen. «Ich suche den Kern einer Erzählung. Die Sage der ‹7 Herren im Kelleramt› hat jetzt zum Beispiel 6,5 Strophen. Es können aber auch mal nur drei sein.»
Hebeisen singt dabei das Stück und begleitet es am Klavier. Ihre beiden Mitmusiker Melina Murray und Claude Meier steuern neben sporadischem Gesang Geige, Mandoline und Kontrabass bei. «Klappt es ideal, ist ein Lied innerhalb von zwei Tagen fertig. Fühle ich mich dabei nicht wohl, kann es aber schon mal ein halbes Jahr dauern, bis ich damit zufrieden bin», gibt die Musikerin in den Prozess Einblick. Vorgetragen werden alle Lieder in Mundart. «Mittlerweile spreche und singe ich wohl in einer Mischung aus Zürcher Weinländerisch und Freiämterisch», lacht Karin Hebeisen. Musikalisch einordnen würde sie ihre Kompositionen im Bereich Kammermusik und Jazz. Sie liebt es, diese Geschichten mit nur wenigen Instrumenten im Trio zu spielen. «Die Musik wirkt damit nicht aufgeblasen, sondern sehr nahe am Kern der Grundmelodie», schwärmt sie.
Weitere Geschichten gesucht
Karin Hebeisen freut sich riesig auf die Premiere im Bürgisserhus. «Bis jetzt sind leider keine weiteren Konzerte geplant. Ich möchte aber mehrere im Freiamt spielen. Den 30. November sehe ich als Startschuss.» Sie habe noch nicht alle Geschichten vertont, die sie möchte. Trotzdem sucht sie nach weiteren Geschichten. «Am liebsten aus dem ganzen Freiamt, zum Beispiel aus Bremgarten oder Wohlen», betont die Musikerin. «Das können historisch bedeutsame Erzählungen sein, aber auch spezielle persönliche Erlebnisse. Themen wie Hexenverfolgungen im Freiamt, die französische Armee auf dem Mutschellen um 1800 oder die polnischen Gefangenen auf dem Hasenberg im Zweiten Weltkrieg geben zum Beispiel sicher einiges her. Vielleicht entstand ja zwischen einem gefangenen Polen und einer Einheimischen eine heimliche Liebschaft, die man heute erzählen darf», spinnt sie den Faden weiter. Wer Ideen habe, dürfe sich gerne bei ihr per E-Mail melden.
Im Bürgisserhus wird Karin Hebeisen zwischen den Liedern die Geschichten dazu erzählen. «Das wird sicher enorm spannend», freut sie sich. Eine Aufnahme ihrer Musik sei später eine Möglichkeit. «Wir werden den Abend jetzt mal rudimentär aufnehmen. Ich bin gespannt, was noch aus diesem Musikprojekt entsteht.»
Für eigene Geschichten darf man sich per E-Mail an karin.hebeisen@gmail.com wenden. Das Konzert im Bürgisserhus startet am Sonntag, 30. November, um 17 Uhr. Weitere Infos und Tickets unter www.buergisserhus.ch.


