Die ganze Welt zu Gast
30.07.2024 Mutschellen, RudolfstettenSommerserie «Übernachten im Freiamt»: Corina Janett betreibt zwei B&Bs in Rudolfstetten und in Schwedisch Lappland
Grosse Unterschiede gibt es zwischen den Ferienwohnungen und Bed and Breakfasts, welche die Rudolfstetterin Corina Janett zusammen mit ...
Sommerserie «Übernachten im Freiamt»: Corina Janett betreibt zwei B&Bs in Rudolfstetten und in Schwedisch Lappland
Grosse Unterschiede gibt es zwischen den Ferienwohnungen und Bed and Breakfasts, welche die Rudolfstetterin Corina Janett zusammen mit ihrem Mann betreibt. Da das Familienhaus im Freiamt, dort das Haus in der schwedischen Pampa. Corina Janett geniesst es.
Roger Wetli
«Ich habe megagerne Leute um mich herum. Dieser Bereich ist ein grosser Ausgleich für mich», erklärt die frisch pensionierte knapp 60-jährige Corina Janett. Die ehemalige Mitarbeiterin einer Bank ruft direkt aus Schweden an. Dort ist sie einige Zeit mit ihrem Ehemann unterwegs. Die Basis bildet ihr Blockhaus in Schwedisch Lappland. Um aus der Schweiz dorthin zu gelangen, ist ein Flug von fast 3000 Kilometern notwendig. Neben einer Einliegerwohnung in Rudolfstetten vermieten sie auch im hohen Norden ein Ferienhaus oder bieten ein Zimmer für Bed and Breakfast an.
Spannende Gäste
Zurück zur Schweiz: «2010 begannen wir, unsere Zimmer der Einliegerwohnung als Bed and Breakfast zu vermieten. Etwas Ähnliches hatten wir in einem Winterurlaub in Sedrun gesehen, und das hat uns ziemlich angesprochen», blickt Corina Janett 14 Jahre zurück. Erst vermieteten sie nur eines der zwei Zimmer, das zweite nutzte das Paar weiterhin als Büro. Später kam das andere Zimmer dazu. «Wir hatten erst Bedenken, dass die Benutzung des gleichen Badezimmers unterschiedliche Gäste abschrecken könnte, das war aber nicht der Fall», so die Rudolfstetterin. Bis 2020 ging das so. Während der Pandemie konnten solche Einzelzimmer mit gemeinsam genutzten Räumen nur noch mit sehr hohen Auflagen vermietet werden, weshalb das Paar die Einliegerwohnung nur noch als Ganzes vermietete. «Das ist danach bis heute so geblieben.»
Die Vermietung und Betreuung der Gäste liegt ganz in ihrer Hand. Sie putzt, kümmert sich um die Administration und bereitet auf Wunsch das Frühstück vor. «Mein Mann ist gelernter Koch. Wenn jemand bei uns Nachtessen bestellt, bereitet er dieses zu», gibt sie Einblick. Der Aufwand für ein Bed and Breakfast sei nicht zu unterschätzen. «Es ermöglicht aber spannende Begegnungen», strahlt sie. Und erzählt gleich ein paar Beispiele: «Wir hatten ein aus der Schweiz nach Südamerika ausgewandertes Paar bei uns, das von hier aus seine Verwandten auf dem Mutschellen besuchte. Dasselbe gilt auch für viele ältere Deutsche, die ihre hier lebenden Kinder und Enkel sehen möchten.» Die ganze Welt sei bereits bei ihnen zu Gast in Rudolfstetten gewesen. Darunter auch ein amerikanischer Kriegsveteran oder ein australischer Landwirt auf der Durchreise nach England, wo seine Farm durch das britische Königshaus ausgezeichnet wurde. Sie hätten einige Stammgäste. «Ein in die Philippinen ausgewanderter Schweizer kommt jedes Jahr einmal mit seiner Familie, um ihr von hier aus die Schweiz zu zeigen», ist Corina Janett dankbar. Probleme mit Gästen hätten sie bisher höchst selten gehabt.
Sprungbrett in die Schweiz
Zu Zeiten, als sie die Zimmer noch einzeln vermietet hätten, seien diese oft von Leuten gebucht worden, welche für kurze Zeit in Zürich und Umgebung arbeiteten, dafür aber auf ein Hotel verzichten wollten.
Sei das Frühstück früher zu 100 Prozent gewünscht gewesen, habe dies mit der Vermietung der ganzen Einliegerwohnung mit Küche auf etwa 10 Prozent nachgelassen. Mit der Auslastung ist Corina Janett sehr zufrieden.
Zusätzlich zur Vermietung besassen Corina Janett und ihr Ehemann noch eine Bewilligung für das Betreiben einer Besenbeiz jeweils für Freitag und Samstag. «Damit dürfen wir bis 23 Uhr draussen sein. Diese Bewirtung machen wir aber nur auf Anfrage und bis maximal acht Personen. Bei schlechtem Wetter servieren wir in der Stube unserer Wohnung oder im Wintergarten. Sie betont: «Bei all dem steht die Freude klar über der Rendite.»
Keine Einheimischen in Schweden
Wobei finanzielle Aspekte durchaus mitspielen, weshalb sie ebenfalls ihr Haus in Schweden vermieten. «Das hilft, die dortigen Grundkosten zu senken. Zudem ist es für das Haus auch besser, wenn es belebt wird», ist die Rudolfstetterin überzeugt. In Schwedisch Lappland gibt es ein Ferienhaus mit sieben Schlafplätzen. Weder Corina Janett noch ihr Mann stammen aus Schweden. «Er geht aber seit über 30 Jahren im hohen Norden fischen. Es war seine Idee, dort ein Haus zu kaufen», schmunzelt die Ehefrau. Zuerst ersteigerten sie ein Sommerhaus ohne Strom und Wasser, welches sich total abgelegen etwa 100 Kilometer vom Haupthaus entfernt an einem See befindet. Dieses vermietet das Paar aber nicht.
Das zweite Haus kaufte das Paar vor etwa fünf Jahren. Es liegt sehr nahe an der Hauptroute zwischen Süd- und Nordschweden und ist von Wald umgeben. «Bis zum nächsten Dorf mit Laden sind es etwa 10 Kilometer. Für dortige Verhältnisse lebt man da fast zentral», lacht Corina Janett. Gebucht wird diese Unterkunft direkt bei ihr oder über die gängigen Online-Plattformen. «Wir öffnen es für Gäste etwa fünf bis acht Wochen pro Jahr», so Corina Janett. «Falls ich jetzt mit der Pensionierung öfter dort verweile, könnten wir diese Zeiten noch ausdehnen und auch Bed and Breakfast anbieten. Das ist aber noch offen.» In der Schweiz kümmert sich eine Bekannte um die Gäste, wenn das Paar weg ist. «Das klappt super», lobt sie. «Und auch in Schweden schaut eine zuverlässige Drittperson.»
Wie lange sie ihre Wohnungen und Häuser noch vermieten möchten, weiss Corina Janett nicht. «Aktuell passt es für uns. Und es macht mir Spass. In der Schweiz entwickelt sich zu den lang bleibenden Gästen manchmal eine Beziehung, sodass wir sie zu uns zu einem Apéro oder Nachtessen einladen. Wir profitieren definitiv auf verschiedenen Ebenen von unseren Gästen.»