Die bärenstarken Brüder
26.08.2025 Schwingen, SportZwei sind nicht zu bremsen
Zwei Freiämter Brüder am ESAF
Philip und Pascal Joho sind auf der Überholspur. Die beiden Brüder aus Sarmenstorf zeigten eine starke Saison. Der 21-jährige Pascal gewinnt drei Kränze, sein zwei ...
Zwei sind nicht zu bremsen
Zwei Freiämter Brüder am ESAF
Philip und Pascal Joho sind auf der Überholspur. Die beiden Brüder aus Sarmenstorf zeigten eine starke Saison. Der 21-jährige Pascal gewinnt drei Kränze, sein zwei Jahre älterer Bruder Philip deren zwei. Die Nomination für den absoluten Saisonhöhepunkt – das Eidgenössische Schwingund Älplerfest in Mollis am nächsten Wochenende – ist ihnen damit sicher. «Dass wir dabei sind, als Brüder, ist einfach richtig geil», sagt Pascal Joho. Bruder Philip fügt an: «Wir gehen mit Spass an die Sache ran. Frei, offen, nicht verbissen.» Und dennoch mit sportlichen Ambitionen. --spr
Die Freiämter Brüder Pascal und Philip Joho vor dem Eidgenössischen (ESAF) in Mollis (30./31. August)
Es sind besondere Menschen und starke Schwinger. Pascal und Philip Joho sind anders. «In Mollis wollen wir ein kleines Feuer entfachen», sagen die Sarmenstorfer Brüder. Mit Lockerheit und Spass gehen sie an den sportlichen Mega-Anlass.
Stefan Sprenger
Auf dem Lidl-Parkplatz in Wohlen fahren sie mit dem Mercedes-Cabriolet vor. Ein Foto wird gemacht. «Jetzt schafft es deine Karre noch in die Zeitung», sagt Philip Joho. «Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich noch kurz durch die Waschstrasse gedonnert.
Mein Auto ist ein bisschen dreckig», sagt Pascal. Diese Szene beweist, dass die Joho-Brüder mit ganz viel Spass und Humor durch das Leben gehen.
Egal ob im Alltag oder beim Sport: Sie gehen unbeschwert und locker an die Sache ran. «Verbissenheit passt nicht zu uns. Wir machen alles mit Freude, sind offen», sagt Philip Joho. Die Joho-Brüder haben – anders als viele andere Schwinger – keinen Personal Trainer, keinen Mentalcoach, keine üppigen Sponsoren – «und kein Umfeld, das uns reinredet». Pascal Joho sagt: «Der einzige Druck, der entstehen kann, ist von uns selbst.»
«Dafür sind wir dankbar»
Woher haben die zwei ihre besondere Art? «Das liegt wohl in der Familie», meint Philip Joho. Grossvater Hansruedi Koch war einst auch Kranzschwinger beim SK Freiamt. Auch er war nie verbissen, ist von der Art her ähnlich wie seine Enkel. Auch Grossmutter Irma Koch – die jahrzehntelang im Volg in Wohlen arbeitete – ist eine Frohnatur. Ihre Tochter ist Sandra Joho, die Mama der beiden Schwinger-Brüder, sie sitzt beim Gespräch mit den beiden Schwingern auch kurz an den Tisch. Und schnell wird klar: Auch sie ist ein offener, sympathischer und angenehmer Mensch. «Mama sieht immer das Gute. Und wie eigentlich alle Menschen in unserem Umfeld unterstützt sie uns sehr. Sei es mit ihrem legendären Hörndlisalat oder mit einem guten Gespräch», erzählt Pascal Joho. Vater Heinz Joho – Projektleiter bei der Cellpack – ist der ruhige Pol in der Familie. «Ein positiver Perfektionist», wie ihn Sohn Philip Joho beschreibt.
Grossvater Hansruedi Koch (ursprünglich aus Villmergen) ist der Grund, wieso sie mit dem Schwingen anfangen. Und die Johos sind schon als Jungschwinger talentiert, holen viele Zweige und Festsiege. Highlights: Philip (Jahrgang 2002) erreicht am Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag 2018 den 5. Rang. Pascal (2004) schafft es 2021 am Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag auf den Rang 7c. «Das Schwingen macht uns riesigen Spass. Ein wunderbarer Sport. Und die Kameradschaft ist einfach genial», sagen die beiden Brüder, die in ihrer Freizeit gerne jassen, Fussballspiele besuchen und Zeit mit Freunden – die meisten davon kennen sie aus dem Kindergarten – verbringen.
Favoriten stürzen und «kleine Träumereien»
Nun dürfen die zwei Sarmenstorfer ans Eidgenössische Schwing- und Älplerfest am nächsten Wochenende. Gemeinsam. Wie schon 2022 in Pratteln. Mama Sandra Joho sagt: «Ich kriege Augenwasser, wenn ich daran denke, dass meine beiden Jungs gemeinsam in die Arena einlaufen dürfen.» Für die Brüder – die auch beste Freunde sind – ist es ein «Privileg, dass wir dies gemeinsam erleben dürfen. Dafür sind wir sehr dankbar.»
Vor wenigen Tagen waren die Joho-Brüder mit dem Team der Nordwestschweizer Schwinger in Mollis, haben das Gelände besichtigt und im Hotel geschlafen, wo sie dann auch am nächsten Wochenende am Eidgenössischen schlafen werden. Philip Joho meint: «Gigantisch. Als ich die Arena gesehen habe, wurde die Vorfreude nur noch grösser.»
Verdient haben sie sich die Teilnahme mit ihren Leistungen in diesem Jahr. Beide gewinnen am Aargauer und am Baselstädtischen den Kranz. Pascal Joho zusätzlich am Nordwestschweizerischen. Ihre Ziele für das ESAF sind vielschichtig. Am letzten Eidgenössischen in Pratteln 2022 war für Pascal nach vier Gängen Schluss, für Philip nach sechs Gängen. Klar, dass sie nun über die volle Distanz wollen und acht Gänge schwingen möchten. «Und wir wollen auf menschlicher Ebene für eine gute Atmosphäre im Zelt der Nordwestschweizer sorgen. Genau so wie in Pratteln. Wir wollen ein kleines Feuer entfachen», sagt Pascal Joho. Sein Bruder fügt an: «Ein Motto von uns ist: Wir möchten mit allen Menschen gut umgehen. Ich glaube, das ist wichtiger als jeder Kranzgewinn.»
Verwandt mit Freiämter Eidgenossen
Und: «Wir wollen die Atmosphäre geniessen. Spass haben. Ohne Druck. Und wenn es geht, möchten wir die grossen Eidgenossen ärgern und einen Favoriten stürzen», sagt Pascal Joho. Und das können sie. Schon manch ein Eidgenosse hat sich an den Joho-Brüdern aufgerieben. Schon einige Male erreichten sie Gestellte gegen Favoriten. Um am Eidgenössischen aber etwas zu reissen, braucht es nicht nur Gestellte, sondern auch Siege. «Wenn wir die Chance kriegen, wollen wir sie packen», sagt Philip. Bruder Pascal Joho spricht von «kleinen Träumereien» und erzählt: «Dass wir einen Kranz am ESAF gewinnen, ist natürlich unwahrscheinlich. Aber vielleicht können wir am Kranz schnuppern.» Und – je nachdem, wie viel Aufwand sie für den Schwingsport in Zukunft betreiben, sind sie möglicherweise beim nächsten ESAF in Thun 2028 reif dafür, um einen Kranzgewinn anzupeilen. «Es braucht noch Schritte nach vorne. Aber wir geben Vollgas. Hauptsache, wir gehen unseren Weg mit Freude weiter – und bleiben gesund», sagen die Brüder.
Denn trotz noch junger Karriere hatten beide schon mit Verletzungen zu kämpfen. Philip Joho musste bereits zweimal den Meniskus operieren lassen, im letzten Jahr hatte er einen Kreuzbandriss. Pascal Joho laborierte in der Vergangenheit an Schulterverletzungen rum. «Wir planen nicht gross in die Zukunft. Das Schwingen ist für mich ein Hobby, ein Ausgleich», sagt Philip Joho, der einst die Lehre bei der Staatsanwaltschaft (mit Matur) absolvierte und heute als Sachbearbeiter bei der Oberstaatsanwaltschaft in Aarau arbeitet (und zudem Rechtswissenschaften in Zürich studiert). «Tagsüber habe ich meinen Kopf in den Büchern. Abends in der Schwinghalle. Perfekt», sagt er. Pascal Joho arbeitet im Innendienst der Mobiliar-Versicherungen (auch in Aarau) und studiert Versicherungswirtschaft an der ZHAW in Winterthur.
«Das müssen wir nicht an die grosse Glocke hängen»
Philip Joho – der auch Firmgötti von Pascal ist – meint: «Ich freue mich riesig auf die nächsten Tage, die Stimmung und dieses ESAF.» Die Johos denken kurz vor diesem grossen Highlight an zwei andere Brüder aus Sarmenstorf: Die Eidgenossen Andreas und Lukas Döbeli, die beide verletzt fehlen. «Es ist traurig und schade, dass sie nicht dabei sind. Vier Sarmenstorfer, zwei Brüderpaare, das wäre ein Ding am ESAF gewesen», sagt Pascal. Nebst den Johos werden vom SK Freiamt noch Jonas Wüthrich (Waltenschwil) und der zweifache Eidgenosse Joel Strebel (Aristau) dabei sein. Was viele nicht wissen: Die Johos sind verwandt mit Joel Strebel. «Wir hatten dieselben Ururgrosseltern», erklärt Pascal. Und Philip sagt laut lachend: «Zum Glück haben wir bereits einen Eidgenossen in der Familie. So haben wir also keinen Druck mehr.»
Nach dem ESAF freuen sie sich auf ein kühles Bier an der Schwingerbar in Mollis. Denn: Auf Alkohol haben sie in den letzten Monaten verzichtet. Auch die Johos sind ehrgeiziger geworden. Pascal trainiert zusätzlich zum Schwingtraining im Fitness in Wohlen, Philip besucht das Crossfit in Lenzburg. «Apropos Lenzburg. Frag ihn mal, wo er jetzt wohnt», stichelt Pascal. Vor Kurzem zog der ältere Bruder Philip mit Freundin Noelle zusammen – und zwar weg aus seiner Heimat Sarmenstorf. Er wohnt nun in Lenzburg. «Hey, das müssen wir nicht an die grosse Glocke hängen. Ich bin und bleibe ein Freiämter.»