«Der Wald braucht uns nicht»
01.10.2024 Mutschellen, RudolfstettenVerantwortliche feierten 25 Jahre Waldlehrpfad Buholz
Von welcher Pflanze der Mutschellen seinen Namen hat, oder welche Baumart ohne den Eingriff von Förstern im Schweizer Mittelland eine Monokultur bilden würde? Solche Fragen werden auf dem Waldlehrpfad Buholz ...
Verantwortliche feierten 25 Jahre Waldlehrpfad Buholz
Von welcher Pflanze der Mutschellen seinen Namen hat, oder welche Baumart ohne den Eingriff von Förstern im Schweizer Mittelland eine Monokultur bilden würde? Solche Fragen werden auf dem Waldlehrpfad Buholz in Rudolfstetten beantwortet. Am Samstag feierte man sein 25-jähriges Bestehen.
Vor genau einem Vierteljahrhundert rief der Natur- und Vogelschutzverein Berikon und Umgebung den Waldlehrpfad Buholz ins Leben. Zur Feier des Jubiläums wurde ein geführter Rundgang organisiert. Trotz des schlechten Wetters stapften zahlreiche Naturbegeisterte am Samstag gemeinsam in den Wald. Noch bevor dieser erreicht wurde, gab es bereits die ersten spannenden Fakten. Die Teilnehmer erfuhren, dass der Name Mutschellen von den Pfaffenhütchen stammt. Diese werden im Volksmund «Mutschle» genannt und kommen hier auf dem Mutschellen in grosser Zahl vor.
Alter bestimmen
Geführt wurde der Anlass von Maurus Landolt, der bei der Abteilung Wald des Kantons Aargau arbeitet. «Ich bin kein Baumflüsterer», antwortete dieser lachend auf die Frage, ob er mit den Bäumen spreche. Dann erklärte er anhand einer Eschenstammscheibe, wie man das Leben eines Baumes mittels seiner Ringe rekonstruieren kann. Jedes Jahr produziert der Baum einen Ring. In guten Jahren sind diese dick. Wenn der Baum jedoch zu wenig Licht bekommt oder mit Trockenheit zu kämpfen hat, sind diese nur noch ganz dünn, und von Auge fast nicht mehr erkennbar.
Für diejenigen, die im Wald gerne selbst Hand anlegen und Efeu von den Bäumen schneiden, gibt es auch interessante Erkenntnisse. Zum Erstaunen der Teilnehmenden ist der Efeu nämlich nicht schädlich für den Baum und deshalb auch keine Todesursache. Der Efeu gewinnt erst die Oberhand, wenn der Baum von selbst stirbt. Obendrein ist er auch noch ökologisch, da er Nistmöglichkeiten für Vögel bietet.
Oft das Todesurteil
Sorge bereitet, wenn man von Phänomenen wie dem Eschentriebsterben hört, das den Eschen in ganz Europa zu schaffen macht. «Verursachen importierte Schädlinge aus Europa in Asien auch so viel Probleme?», fragte ein interessierter Teilnehmer. «Nein, das ist nicht der Fall. Dies liege daran, dass es im Schweizer Mittelland eine Eiszeit gegeben habe», erklärte Maurus Landolt. Dies hatte zur Folge, dass gewisse Bäume ausstarben. In der Schweiz gibt es rund 35 bis 40 Baumarten. In Asien, wo es nie zu einer Eiszeit und folgendem Artensterben kam, gibt es über 600. «Deshalb sind die Ökosysteme in Asien vielfältiger und deshalb resistenter gegen verschiedene Arten von Schädlingen», so Landolt
Auch der Klimawandel macht dem Wald zu schaffen. «Vor allem alte Bäume sind davon betroffen, da sie nicht mehr so anpassungsfähig sind», erläuterte Landolt. «Junge Bäume adaptieren sich besser an die Umwelt. Sie legen ein Wurzelgeflecht an, das zur Krone passt und diese mit genügend Wasser versorgen kann.» Ein alter Baum habe dieses Verhältnis bereits festgelegt und könne sich nicht mehr so leicht allfälliger Trockenheit oder Lichtmangel anpassen. «Das ist, als würde man eine Pflanze in einen kleineren Topf umpflanzen», so Landolt. «Oft ist das ihr Todesurteil.»
Viel Wasser benötigt
Der am weitesten verbreitete Baum im Schweizer Mittelland ist ohne Zweifel die Rotbuche. «Sie ist so konkurrenzfähig, weil sie wenig Licht braucht und bis zu 50 Meter hoch wird. In dieser Höhe bildet sie ein Dach, welches anderen Arten das Licht raubt», wusste der Waldexperte. «Ohne den Eingriff der Förster würden die Rotbuchen deshalb eine Monokultur bilden. Jedoch setzt der Klimawandel auch ihnen zu, weil sie verhältnismässig viel Wasser benötigen.» Dies werde das Aufkommen anderer Arten ermöglichen, prophezeite Landolt.
Auf die Frage, ob er sich Sorgen um die Zukunft des Waldes mache, meinte Landolt: «Der Wald braucht uns nicht und wird auch ohne das menschliche Einwirken weiter bestehen. Ich mache mir mehr Sorgen um die Menschheit.» Den Wald zu erhalten und zu pflegen, bedeute, uns etwas Gutes tun. «Was man kennt, das schützt man schliesslich auch», hielt er fest. Das findet auch Petra Frey, die mit der ganzen Familie im Wald unterwegs war und die Begeisterung für den Wald an ihre Kinder weitergab. Zum Schluss wurde eine warme Verpflegung angeboten und so bei Gesprächen der spannende Nachmittag ausgeklungen. --gum