Der Vater übergibt dem Sohn
06.10.2023 Bettwil, Region OberfreiamtUrs Meyer gibt bald die Leitung des Forstbetriebs Lindenberg ab – an Sohn Silvan
Noch bleiben rund zwei Jahre bis zur Pension. «Etwas kürzertreten» will Urs Meyer. Zudem stehen die Betriebspläne vor der Revision. Eine Arbeit, bei der die ...
Urs Meyer gibt bald die Leitung des Forstbetriebs Lindenberg ab – an Sohn Silvan
Noch bleiben rund zwei Jahre bis zur Pension. «Etwas kürzertreten» will Urs Meyer. Zudem stehen die Betriebspläne vor der Revision. Eine Arbeit, bei der die Bewirtschaftung des Waldes für die nächsten 15 Jahre geregelt wird. «Das soll der Neue machen», meinte Meyer. Und dieser Neue ist sein Sohn Silvan.
Annemarie Keusch
Urs Meyer und Silvan Meyer lachen. Nein, Zufall sei es nicht, dass der Sohn in die Fussstapfen des Vaters tritt. Vorbestimmt war der Weg aber auch nicht. Und erst recht nicht war es so, dass der Vorstand des Forstbetriebs sich für Silvan Meyer entschied, ohne andere Bewerbungen anzuschauen. «Wenn es Gründe gegeben hätte, die für andere Personen gesprochen hätten, würde ich das natürlich akzeptieren», sagt Urs Meyer. Aber er freue sich, dass sein Sohn nun sein Nachfolger wird. «Irgendwie fühlt es sich an wie auf einem Landwirtschaftsbetrieb, wenn der Sohn das Lebenswerk des Vaters weiterführt», sagt er. Meyer spricht von «seinem» Wald, von «seinen» Bäumen. Dass sich künftig sein Sohn um diese kümmert, ist entsprechend speziell für ihn.
Speziell ist es auch für Silvan Meyer. «Ich kenne diese Wälder von Kindesbeinen an», sagt der 33-Jährige. Denn seit er denken kann, ist sein Vater in diesen Wäldern unterwegs, seit Februar 1990, seit über 33 Jahren. Vieles hat sich in dieser Zeit verändert. Anfangs gehörten Bettwil und Fahrwangen zum Forstbetrieb, im ersten Jahr kam Meisterschwanden dazu, 2011 Sarmenstorf, 2022 Büttikon und Uezwil. «Die gesamte Organisation hat sich gewandelt», sagt Urs Meyer. Er spricht die Technisierung an, die auch im Forst Einzug hielt. Er meint aber auch, dass der Forstbetrieb mittlerweile verschiedene Dienstleistungen einkaufe. «Darum und dank der effizienteren Technik ist der Personalbestand nicht höher als damals.» Überhaupt seien die vier Leute, verteilt auf 300 Stellenprozent, plus ein, maximal zwei Lehrlinge, im Vergleich zu anderen Forstbetrieben wenig.
Förster sind es gewohnt, sich anzupassen
Verändert hat sich noch einiges mehr. «Die vielen Anforderungen an den Wald nehmen laufend noch weiter zu», sagt er. Fast gänzlich verschwunden seien hingegen die lokalen Holzverarbeiter, die Dorfsägereien. Und natürlich nennt Urs Meyer auch den Klimawandel, die Trockenheit, die das Leben des Borkenkäfers vereinfacht. «Wir sind auch betroffen, aber weniger stark als andere Betriebe. Vermutlich liegt es an der Höhe», mutmasst Urs Meyer. Eine Folge des vielen Käferholzes: der tiefe Holzpreis. «Mittlerweile ist dieser wieder stark im Sinkflug», sagt Meyer. Die Lager seien voll. Ist es denn überhaupt noch möglich, einen Forstbetrieb rentabel zu führen? «Ja, der Holzerlös ist längst nicht mehr die einzige Einnahmequelle», betont der Betriebsleiter. Hinzu kommen Dienstleistungen an Dritte, etwa auch für Werkdienstarbeiten in den Verbandsgemeinden.
Sich weiterentwickeln, neuen Gegebenheiten anpassen, das ist für die Forstleute nichts Neues. «Das wird auch in Zukunft nicht anders sein», sagt Silvan Meyer und spricht Ergebnisse aus Forschungen an, die klimatische Bedingungen und Baumarten, die diesen gewachsen sind, beleuchten. «Unsere Wälder werden künftig vermehrt bestückt sein mit Roteichen, Douglasien, Schwarznuss oder Edelkastanien», sagt er. Vielseitigkeit sei aber auch in Zukunft wichtig, damit der Wald weniger anfällig für Parasiten oder klimatische Veränderungen ist. «Das werde ich weiterhin anstreben.»
Zuerst Lehre als Landmaschinenmechaniker
Wie der Wald in den Verbandsgemeinden aussehen soll, damit befasst sich Silvan Meyer ab dem neuen Jahr intensiv. Die Revision der Betriebspläne steht an. Es war mit ein Grund, weshalb Urs Meyer schon zwei Jahre vor seiner Pensionierung kürzertritt. Zwar wird er noch bis Ende 2024 den Betrieb leiten, aber nur noch zu 50 Prozent arbeiten. «Ich freue mich darauf, es etwas ruhiger nehmen zu können.» Urs Meyer spricht von mehr Freizeit, mehr Ferien, längeren Ferien, spontaneren Ausflügen. Das ist ein Aspekt, jener der Betriebsplanrevision ein anderer. «Damit wird geplant, in welche Richtung der hiesige Wald in den nächsten 15 Jahren gehen soll. Eine aufwendige Tätigkeit», weiss Urs Meyer. Aber auch eine ideale Möglichkeit für den neuen Betriebsleiter, um «seinen» Wald kennenzulernen. Denn jeder Baum, der ganze Bestand wird taxiert.
Dass Silvan Meyer auch Forstwart werden würde, das war lange nicht klar. «Es wäre auch kein Problem gewesen, wenn er bei seinem ersten Beruf geblieben wäre», sagt sein Vater. Landmaschinenmechaniker lernte er zuerst. Über die Energieholz-Branche fand er zum Wald, war schnell total begeistert. Es folgte eine Zweitlehre beim Forstbetrieb Zufikon – «dass ich diese hier im Betrieb des Vaters mache, das wollten wir beide nicht» –, Weiterbildungen bis zur Försterschule. «Heute bin ich froh, diesen Weg gewählt zu haben», sagt er. Der Stolz ist in den Augen des Vaters abzulesen, Worte braucht es dafür keine.
Das eigentliche Holzen kommt etwas zu kurz
Bedenken, loszulassen, hat Urs Meyer keine. «Das hätte ich auch bei anderen Nachfolgern nicht», sagt er und lacht: «Der Wald ist auch nachher ein Stück weit meiner.» Zu Fuss oder mit dem Velo wird er nach wie vor dort unterwegs sein. Umgeben von Natur arbeiten, dabei sein, wenn die Bäume gross werden, wachsen, das war Urs Meyers Traum. Diesen hat er sich verwirklicht. «33 Jahre sind es nun, ein Viertel bis ein Drittel eines Baumlebens. Da wird man schon demütig», sagt er. Diese Langlebigkeit, dieses Denken weit über Generationen hinaus, das fasziniert auch Silvan Meyer. «Das tut gut in unserer schnelllebigen Welt.» Was ihm auch gefällt, ist die Vielseitigkeit der Arbeit. «Im Büro administrative Arbeit erledigen, im Wald Holzschläge anzeichnen, Bäume ausmessen, Stämme verkaufen.»
Einzig etwas kommt als Betriebsleiter zu kurz: der Umgang mit der Motorsäge. «Ab und zu lasse ich mir das aber weiterhin nicht nehmen.»

