Der Traum von Gold
02.06.2023 WohlenEine Delegation des BSC Wohlen-Lenzburg bereitet sich auf die Special Olympics World Games in Berlin vor
Was für «normale» Sportler die olympischen Spiele darstellen, sind für diese Athleten mit Beeinträchtigungen die World Games. In Berlin ...
Eine Delegation des BSC Wohlen-Lenzburg bereitet sich auf die Special Olympics World Games in Berlin vor
Was für «normale» Sportler die olympischen Spiele darstellen, sind für diese Athleten mit Beeinträchtigungen die World Games. In Berlin kämpfen sie nicht nur um Gold, sondern auch um Anerkennung. Auch die Delegation aus dem Freiamt.
Chregi Hansen
Die Special Olympics World Games sind die weltweit grösste inklusive Sportveranstaltung. Vom 17. bis 25. Juni treten mehr als 7000 Athleten und Athletinnen mit geistiger und mehrfacher Beeinträchtigungen in Berlin in 26 Sportarten an. Aus der Schweiz reisen 70 Sportler und Sportlerinnen nach Berlin. Mit dabei auch eine grosse Delegation des BSC Wohlen-Lenzburg.
Die Vorfreude bei den Athleten und den Coaches ist riesig. Ebenso die Motivation und der Wille, die beste Leistung zu zeigen. Darum wurden die Trainings in den vergangenen Wochen nochmals intensiviert. «Die meisten trainieren zwei- bis dreimal pro Woche. Nicht nur in der Gruppe hier auf den Niedermatten, sondern auch privat», weiss Marlis Meier, die zusammen mit Ehemann Jürg und Irene Heinrich das Betreuerteam bildet. Wie der Grossteil der Athleten sind es auch für sie nicht die ersten World Games, sie weiss daher genau, was auf sie zukommt. «Es sind wunderbare Erlebnisse, aber auch eine anstrengende Zeit. Es ist gar nicht so einfach, eine solch grosse Gruppe bei Laune zu halten und zu schauen, dass immer alle zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind», schmunzelt sie.
Einteilung ist Glückssache
Dass die Freiämter Delegation so gross ist, das ist alles andere als selbstverständlich. Spricht aber für die gute Arbeit, welche der BCS Wohlen-Lenzburg leistet. «Wir haben in den letzten Jahren das Training professionalisiert. Wir arbeiten heute mit individuellen Trainingsplänen und sehen, wie sich die Sportler und Sportlerinnen steigern. Zudem haben wir hier auf den Niedermatten ideale Verhältnisse», erklärt Jürg Meier. Doch auch wenn man so normal wie möglich trainiere, so müsse man immer auch auf die Befindlichkeiten der Athleten Rücksicht nehmen. Auch bei der Einteilung in die verschiedenen sportlichen Levels. An den World Games werden nicht zwingend alle Niveaus und Disziplinen angeboten, wie es im Sportreglement definiert ist. «Die Einteilung ist manchmal auch ein bisschen Glückssache», weiss Jürg Meier aus Erfahrung. Ziel sind darum weniger eine möglichst grosse Zahl an Medaillen, «sondern dass möglichst alle ihre Bestleistung erreichen oder gar übertreffen».
Dies umso mehr, als sich auch die Auswahl der Disziplinen immer mal wieder ändert. Mit Patrick Nöthiger, Patrick Schweiger und Matthias Keller haben sich gleich drei Freiämter intensiv auf den Triathlon vorbereitet. «Leider findet dieser jetzt doch nicht statt. Jetzt müssen sie auf andere Disziplinen ausweichen», erklärt Irene Heinrich. «Das gehört dazu, das kann man nicht ändern», zückt der erfahrene Patrick Nöthiger die Schultern. Er startet nun eben über 10 000 Meter und im Kugelstossen. Auch der Fünfkampf ist nicht im Programm, sehr zum Bedauern von Sascha Meier. «Mehrkämpfe sind doch die Königsdisziplin der Leichtathletik», findet er.
Zusammensein im Team gefällt
Sich immer wieder auf neue Disziplinen einzustellen, das kennen die meisten der Athleten und Athletinnen. Für Fabienne Wälti sind es beispielsweise bereits die dritten World Games, aber die ersten, bei denen sie in der Leichtathletik startet. Sie freut sich, nach Berlin zu reisen. «Ich war schon früher da, es ist eine schöne Stadt», sagt sie. Auch über sehr viel Erfahrung verfügt Patrick Schweiger, er erlebte seine ersten World Games bereits 2007 in Shanghai. Ein Neuling ist hingegen Adrian Thomann, für ihn sind es die ersten Wettkämpfe im Ausland. «Ich bin schon etwas nervös, aber wir haben eine tolle Truppe», sagt er. Das Zusammensein im Team, das gefällt auch Anja Van Helden, die eigentlich eine gute Tennisspielerin ist, jetzt aber auf die Leichtathletik setzt. Auch Anita Scherrer betont den guten Zusammenhalt, sie ging schon 2015 in Los Angeles auf Medaillenjagd und hat den Vorteil, dass ihr Arbeitgeber, die Integra, ihr frei gibt für den Wettkampf. Die meisten anderen müssen hingegen Ferien beziehen. Aber das tun sie alle gerne. Auch Matthias Keller, der eigentlich aus Zürich stammt, aber mit den Wohlern trainiert.
Alle Freiämter haben in drei Disziplinen Medaillenchancen
Zwei Wochen werden die acht Sportler und die drei Betreuer zusammen verbringen. Nicht alle Menschen mit Beeinträchtigungen halten das aus – auch das musste bei der Selektion berücksichtigt werden. Los geht es am 11. Juni. «Wir verbringen erst drei Tage mit der gesamten Schweizer Delegation in Karlsruhe und reisen dann von da nach Berlin, wo am 17. Juni die Eröffnungsfeier stattfindet», erklärt Marlis Meier. Auf diese freuen sich alle extrem – schliesslich soll sie live im TV übertragen werden. Überhaupt wollen die deutschen Medienunternehmen sehr umfangreich von den World Games berichten. Eine Allianz aus ARD, Bild, DAZN, Deutsche Telekom, Meta, Prime Video, ProSiebenSat1, RTL, Sky, Sport1 und ZDF berichtet gemeinsam von den Weltspielen. «Das ist für uns natürlich extrem motivierend», freut sich Jürg Meier.
Was die drei Coaches aber besonders freut: Weil die Delegation des BSC Wohlen-Lenzburg aus genau acht Sportlern besteht, kann man zwei vollständige Staffeln bilden – was einen weiteren Einsatz bedeutet. So haben alle Freiämter in drei Disziplinen Medaillenchancen. «Wir sind selber gespannt, wie oft unsere Athleten auf dem Podest stehen», sagt denn auch Irene Heinrich. Spätestens an der Schlussfeier vom 25. Juni geht es dann ans Medaillenzählen. Das Freiamt drückt jedenfalls allen jetzt schon die Daumen.