Dächer optimal nutzen
01.09.2023 Berikon, MutschellenStromnetz ist gefordert
Der Beriker Gemeinderat lud zur Veranstaltung «Ech ha Gmeind» ein. Hauptthema waren die Herausforderungen rund um die vielen Solaranlagen auf den Hausdächern und deren Auswirkungen auf das Stromnetz. Energieberater Johannes Aebli ...
Stromnetz ist gefordert
Der Beriker Gemeinderat lud zur Veranstaltung «Ech ha Gmeind» ein. Hauptthema waren die Herausforderungen rund um die vielen Solaranlagen auf den Hausdächern und deren Auswirkungen auf das Stromnetz. Energieberater Johannes Aebli betonte, dass diese Anlagen zunehmend weitere Trafostationen nötig machen, für welche die Gemeinde entsprechende Parzellen finden müsse. --rwi
Beim Anlass «Ech ha Gmeind» standen die Stromversorgung und das neue Verwaltungsmodell im Zentrum
Erfreulich viele Personen fanden den Weg zum Primarschulhaus in Berikon, um dem Gemeinderat und seinen Ausführungen zu verschiedenen Herausforderungen zu lauschen. Im Zentrum stand die lokale Stromversorgung.
Roger Wetli
«Was funktioniert heute im Haus noch ohne Strom?», fragte Gemeinderat Stefan Bieri in die Runde. Er gab die Antwort gleich selbst: «Nicht mehr viel. Wir sind abhängig von Strom. Der Weg aus der Abhängigkeit von fossilen Energien ist dabei nicht einfach. Als Gemeinde haben wir für eine lückenlose Stromversorgung zu garantieren.»
Eigenbedarf decken
Näher ins Detail ging Johannes Aebli, Energieberater für Berikon von der AEW Energie AG: «Eine grosse Herausforderung sind für uns die Solaranlagen auf den vielen Dächern. Das Stromnetz wurde einst als Einbahn aufgebaut. Jetzt fliesst Strom auch zurück. An sonnigen Tagen wie in der letzten Zeit laufen alle Solaranlagen gleichzeitig auf dem Maximum. Um eine Überlastung des Netzes zu verhindern, müssen wir dann die Einspeisung verhindern.» Gleichzeitig betonte der Energieberater: «Insgesamt sind es nur wenige Stunden im Jahr, in denen mit Solaranlagen derart viel Strom produziert wird. In der Regel ist der Sonnenstand bei uns tief, es regnet oder ist bewölkt. Deshalb erachte ich es als sinnvoll, möglichst ganze Hausdächer mit Solarzellen zu versehen. Damit kann man auch bei trüben Tagen den eigenen Bedarf decken und entlastet so generell das Gesamtnetz.»
Johannes Aebli sieht denn auch die Lösung darin, Überproduktionen bei Sonnenschein zu Hause abzufedern. «Dem Wasserboiler ist es egal, ob er in der Nacht geheizt wird oder am Tag. Nachts scheint aber die Sonne nicht. Also kann man an sonnigen Tagen das Wasser mit Solarenergie aufheizen. Boiler sind aktuell schlicht die besten Puffer.»
Schwierige Suche nach Standorten für Trafostationen
Das neuere Phänomen, dass auch Wohnhäuser Strom produzieren und nicht nur dezentrale Kraftwerke, führt dazu, dass die Stromnetze immer stärker an ihre Kapazitätsgrenzen gelangen. «Das ist zum Beispiel in Berikon an der Oberdorfstrasse der Fall, wo es sehr viele Solaranlagen gibt», gab Stefan Bieri Einblick. «Deshalb benötigen wir dort eine Trafostation. Diese braucht aber rund 10 m¦ Platz. Und diesen Platz zu finden, ist sehr schwierig.» Ein Anwesender wollte wissen, ob man diese Stationen nicht in den Boden verlegen könnte. «Das ist möglich. Allerdings braucht es für solche Unterflurstationen noch mehr Platz, da ein Einstieg gewährleistet sein muss», so Aebli. Er und Stefan Bieri stellten klar, dass diese Herausforderungen nicht nur die Oberdorfstrasse betreffen, sondern das ganze Gemeindegebiet. «Wir behalten die Situationen im Blick und werden entsprechend nach Lösungen suchen», versprach Bieri. Und Johannes Aebli gab zu bedenken: «Ab 2025 könnte es sein, dass Berikon als Gesamtdorf immer wieder während mehreren Stunden mehr Strom produziert, als es selber verbraucht. Wir suchen aktuell nach Lösungen, wie wir mit solchen Situation werden umgehen können.»
Preisspitze vermeiden
Beleuchtet wurden am Anlass auch die Strompreise: «In Berikon halten wir ihn in den Jahren 2024, 2025 und 2026 wohl deutlich unter 30 Rappen», stellte Stefan Bieri in Aussicht. «Wir konnten Ende Mai für die Jahre 2025 bis 2027 bereits den Strom einkaufen. Die Preise setzten wir so fest, dass wir 2024 einen Verlust einfahren werden, welchen wir in den darauffolgenden Jahren wieder reinholen. Damit wollen wir die Spitze im Jahr 2024 brechen und stabilere Preise für die Haushalte schaffen.»
Entlastung in Aussicht
Zu gross empfindet aktuell der Gemeinderat seinen Aufwand für sein Amt. «Wir laufen am Anschlag», erklärte Gemeindeammann Stefan Bossard. «Entlastung erhoffen wir uns durch das Verwaltungsleitungsmodell, das wir noch dieses Jahr einführen.» Dieses sieht vor, dass sich der Gemeinderat künftig nur noch um strategische Belange kümmert und die operativen Tätigkeiten durch die Gemeindeverwaltung erledigt werden. Deshalb stellt der Gemeinderat Patrick Vogel aus Bergdietikon auf Anfang November als Verwaltungsleiter an. Er war an diesem Anlass ebenfalls vor Ort. «Patrick Vogel wird sich um abteilungsübergreifende Projekte und das Personal kümmern, den Gemeinderat unterstützen und weitere Aufgaben übernehmen», so Bossard. «Noch suchen für eine 50-Prozente-Stelle als Gemeindeschreiber eine passende Person. Wir sind eine attraktive Gemeinde, weshalb wir sicher jemanden finden werden.»
An der nächsten Gemeindeversammlung wird der Gemeinderat zudem den Antrag stellen, die Stellenprozente im Bereich Soziales zu erhöhen. «Wir haben heute doppelt so viele Flüchtlinge als vor einem Jahr. Die Grundlast für das Personal ist dadurch deutlich höher. Diese möchten wir mit eigenen Angestellten abdecken. Für Spitzen greifen wir auf externe Firmen zurück», betonte der Gemeindeammann. «Wie gross diese Stellenprozenterhöhung sein wird, klären wir aktuell aber noch ab.»
Die Anwesenden schätzten den Austausch mit dem Gemeinderat. Damit wurde die Fragen, welche Anlässe künftig noch beibehalten werden sollen, zumindest für «Ech ha Gmeind» beantwortet.