Buch als Warnung
17.02.2023 Rudolfstetten, MutschellenDer 75-jährige Hansjörg Anderegg veröffentlicht heute seinen Thriller «Die Schatten»
Es ist das 22. Buch, das Hansjörg Anderegg in den letzten 15 Jahren geschrieben hat. Im Politthriller «Die Schatten» vermengt er die ...
Der 75-jährige Hansjörg Anderegg veröffentlicht heute seinen Thriller «Die Schatten»
Es ist das 22. Buch, das Hansjörg Anderegg in den letzten 15 Jahren geschrieben hat. Im Politthriller «Die Schatten» vermengt er die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz und die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung zu einem spannenden Krimi.
Roger Wetli
«Dieses Buch kann man auch als Warnung sehen. Es braucht gar nicht mehr so viel», erklärt Hansjörg Anderegg. Seit er mit dem Schreiben begonnen hat, verarbeitet er in seinen Büchern immer ein Thema, das ihm gerade wichtig und spannend erscheint. Darum herum baut er eine fiktive Geschichte. «Die Schatten» handelt von künstlicher Intelligenz (KI) und der zunehmenden politischen Polbildung in der Gesellschaft. «Im Zentrum steht die Frage, wie man KI einsetzen kann, um politische Macht auszuüben und um politische Gegner durch Mobbing, falsche Anschuldigungen und falsche Beweise im wahrsten Sinne des Wortes auszuschalten», erklärt Anderegg.
Der Autor spinnt den Faden der heutigen Möglichkeiten weiter in die Zukunft, betont aber, dass sein Buch nur teilweise Science-Fiction sei. «Viele der von mir erwähnten Entwicklungen stehen kurz vor dem Einsatz oder werden bereits genutzt. Ich hoffe, sie sind noch nicht so ausgereift, wie ich sie beschreibe.» Das Gefährliche an KI sei, dass sich diese heute selber weiterentwickeln würden, ohne dass der Weg für die Programmierer nachvollziehbar ist. «Ein Problem erscheint mir, dass die KI sehr schnell und bequem Resultate auf Fragestellungen liefert, man aber die Ergebnisse zu wenig hinterfragt. Wenn man nicht weiss, wie eine KI zu den Resultaten kommt, können die darauf umgesetzten Massnahmen möglicherweise verheerende Auswirkungen haben.»
Brennende Städte
In «Die Schatten» ermordet ein Serientäter einflussreiche Politiker in Deutschland und Österreich. Erfolgreiche neue Parteien schont er zunächst, bis sich das Blatt auch für diese wendet. In der Folge gibt es gewaltsame Proteste und brennende Städte, was Europas Demokratien gefährdet. Hansjörg Anderegg baut seinen Politthriller um die fiktive Hauptkommissarin Chris Roberts auf, die den Autor seit 14 Büchern begleitet. «Ihre Lebensgeschichte spinne ich von Buch zu Buch weiter. Die Handlungen sind aber immer in sich geschlossen», erklärt er. Er sei bei diesem Roman wohl unbewusst vom Sturm auf das Capitol in den USA im Januar 2022 beeinf lusst worden. «Dabei frage ich mich, wie man einen Haufen Leute so manipulieren kann, dass sie gegen politisch Andersdenkende hetzen», so der pensionierte Computerfachmann und Software-Manager.
«Mein beruf licher Hintergrund macht es mir einfacher, zu recherchieren und strukturiert zu arbeiten. Beides liegt mir im Blut. Das gilt auch für das Hartnäckigbleiben», gibt Hansjörg Anderegg Einblick. Er mache sich jeweils ein Konzept, Skizzen von angedachten Szenen und eine Auflistung, was wann passiert, bevor er mit dem Schreiben beginnt. «Die Handlung ergibt sich jeweils aus dem Thema und den Lebensläufen seiner Figuren, wobei die Protagonisten zwar erfunden sind, aber realistisch sein sollen», so der Autor.
Alles von Hand geschrieben
Beginnt er nach zwei bis drei Monaten zu schreiben, ändert sich die Handlung praktisch nicht mehr. Einzelne Szenen würde er nur selten vertauschen «Manchmal entwickeln die Figuren aber eine Art Eigenleben, was mich dann selbst überrascht», lacht er. Pro Tag schreibt Hansjörg Anderegg mehrere Seiten von Hand und diktiert diese anschliessend jeweils in sein Tablet, wo er diese Texte dann überarbeitet. Ist das Skript fertig, wurde es bereits etwa sieben Mal gelesen, bevor seine Frau als Erstleserin zum Zug kommt. «Sie erfährt erst dann, um welches Thema sich der Thriller diesmal dreht.» Obwohl er sich während der Recherche und des Schreibprozesses derart vertieft in eine Materie, hat Hansjörg Anderegg nicht das Bedürfnis, in dieser Zeit sein neues Wissen gegen aussen zu tragen.
Nur durch Themenwahl geprägt
Der Rudolfstetter betont, dass seine Bücher ausschliesslich durch seine Themenwahl, nicht aber durch seine persönliche Biografie geprägt sind. Wobei das nicht zu 100 Prozent stimmt: «Ich baue jeweils Orte in die Bücher ein, die ich gut kenne. Diesmal ist es zum Beispiel Wien, eine alte Liebe von mir.» Hansjörg Anderegg ist bereits am Schreiben seines 23. Buches, er hat die Konzeptphase hinter sich. «Um was es geht, verrate ich nicht. Mir macht es schlicht Spass, solche Geschichten zu schreiben. Ich könnte mir keine schönere Sache vorstellen und habe nach meiner Pensionierung meine Berufung gefunden. Zumal die Rückmeldungen der Leser jeweils sehr positiv sind.» Aus seinen Büchern öffentlich vorgelesen habe er bisher nur sehr selten, weil er sich das lang nicht zugetraut hätte. «Jetzt weiss ich aber, dass es geht, und bin offen dafür.» Mit dieser Neugier wird Hansjörg Anderegg wohl auch künftig spannende Themen für seine Bücher finden.
«Die Schatten» erscheint im XOXO-Verlag Bremen.

