Baustelle wird zum Theatersaal
14.04.2023 Region UnterfreiamtIn drei Wochen feiert das neue Stück der Theatergesellschaft Villmergen in Wohlen Premiere
Die Villmerger Theatermacher haben ihr Exil im Chappelehof Wohlen bezogen. Noch gibt es viel zu tun, damit sich Ensemble und Gäste wohlfühlen. Doch nach und nach ...
In drei Wochen feiert das neue Stück der Theatergesellschaft Villmergen in Wohlen Premiere
Die Villmerger Theatermacher haben ihr Exil im Chappelehof Wohlen bezogen. Noch gibt es viel zu tun, damit sich Ensemble und Gäste wohlfühlen. Doch nach und nach verwandelt sich der Rohbau in einen temporären Kulturpalast.
Chregi Hansen
Ein wenig sind sie ja selber schuld. Mit der letzten Produktion «Der Kammerdiener», aufgeführt im ehemaligen Gasthof Rössli, haben sie die Latte in Sachen Bühne und Restaurant so hoch gelegt, dass eine Rückkehr in die biedere Mehrzweckhalle schwerfällt. Und darum haben sie wieder nach einem besonderen Produktionsort gesucht. Und ihn im Wohler Chappelehof gefunden.
Dieser wird aktuell totalsaniert. Und erinnert darum mehr an eine Baustelle als an ein Theater. Noch ist der Zugang erschwert und es fehlt die ganze Restaurant- und Küchenausstattung. Trotzdem sind die Verantwortlichen überzeugt, dass die Besucher und Besucherinnen in drei Wochen in den Genuss eines wunderbaren Abends kommen werden. «Wir haben in den letzten zwei Wochen enorm viel geschafft. Wenn man weiss, wie es vorher ausgesehen hat, ist das eindrücklich», sagt Niklaus Meyer.
Einzigartige Stimmung schaffen
Er ist auch dieses Jahr sowohl als Schauspieler wie auch als Bauchef mit von der Partie. Aufgeführt wird das neue Stück mit dem Titel «Underem Milchwald» im Saal des Wohler Chappelehofs, der sich derzeit noch im Rohbau befindet. Ein Glücksfall, können sich die Bühnenbauer hier so richtig austoben. Eine spezielle Herausforderung ist die Beleuchtung. An der Decke hängen rund 150 Scheinwerfer mit einem Gewicht von rund 1300 Kilogramm. «Das hat den Verantwortlichen der Baustelle schon etwas Bauchweh bereitet. Aber wir brauchen so viele Lichter, weil jedes Haus im Dorf individuell beleuchtet wird», erklärt Meyer. Zusammen mit den schwarzen Wänden entsteht eine einzigartige Stimmung eines Freiämter Dorfes mitten im Wald. «Die Zuschauer sollen sich als Teil des Dorfes fühlen», sagt Präsidentin und Darstellerin Hildegard Hilfiker.
Apropos Zuschauer: Bei dieser Aufführung ist alles anders. Die Tribüne befindet sich auf der Bühne, gespielt wird auf Stufen, dort, wo im alten Saal die Zuschauer sassen. Die Stufen kommen übrigens schon zu ihrem zweiten Theatereinsatz. Sie dienten letztes Jahr bereits als Tribüne bei der Produktion «Grabenstorf». Fertig sind auch die vielen Häuser, mit denen das Dorf dargestellt wird. «Under em Milchwald» soll ein visuelles Fest werden, Nebel inklusive. «Das gehört doch zum Freiamt», lacht Meyer. Aber auch akustisch bietet der Saal gute Voraussetzungen. «Es braucht nur ganz wenige Mikrofone», sagt der Bauchef.
Für fünf Wochen ein Restaurant einrichten
Auch im Untergeschoss wird tüchtig gearbeitet. Hier, wo sich früher der Jugendraum Plattform befand, wird in den kommenden Tagen das Restaurant «Zur Bettlertanne» eingerichtet. «Wir haben hier Platz für 84 Gäste pro Abend», erklärt Manuela Meyer-Mäder, welche den Gastrobereich leitet. Sie ist froh, wurden die sanitären Anlagen im Rahmen der Chappelehof-Sanierung bereits erneuert. In den Nebenräumen wird jetzt eine komplette temporäre Küche eingebaut. Samt Platz zum Vorbereiten, für Lagerräume und für den Abwasch. «Zum Teil können wir Geräte aus der früheren Chappelehof-Küche nutzen, zum Teil haben wir sie von anderen Orten ausgeliehen», erklärt die Gastro-Leiterin.
Viel Unterstützung erfahren über die Region hinaus
In der Küche wird das gleiche Team herumwirbeln wie bei der letzten Produktion. Küchenchef ist Hugo Weibel, ehemaliger Chefkoch im «Palace» in Gstaad, der auch für den Einkauf zuständig ist. Unterstützt wird er abends durch Peter Meyer. Die beiden bieten jede Woche drei verschiedene Menüs an. «Das Restaurant ist den Besuchern des Theaters vorbehalten. Einfach nur zum Essen kann man nicht vorbeikommen», schmunzelt Meyer. Beim «Kammerdiener» habe es das zum Teil gegeben. Hier aber fehlt der Platz. Auch so ist der Gastrobereich ein Grossprojekt im Grossprojekt. Schliesslich wird zusätzlich noch ein Apérozelt neben dem Eingang betrieben. «Wir benötigen 20 Helfer pro Abend nur im Restaurantbereich. Bei 17 Vorstellungen kommt da einiges zusammen. Und die meisten Mitglieder des Vereins stehen ja auch auf der Bühne. Zum Glück erfahren wir so grosse Unterstützung von ausserhalb», freut sich Manuela Meyer-Mäder.
Dem kann sich Präsidentin Hildegard Hilfiker anschliessen. Auch in Sachen Sponsoring erlebe man dies. «Wir haben noch nie so viele Beiträge erhalten wie diesmal», strahlt sie. Das Geld ist nötig, beträgt das Budget doch rund 250 000 Franken. Gerade von Stiftungen erfahre man viel Unterstützung, und zwar nicht nur von solchen aus Villmergen. Überhaupt: Haben anfangs noch einige Villmerger geschnödet, weil «ihre» Theatergruppe ausgerechnet in Wohlen spielt, so sind inzwischen praktisch alle begeistert und kommen trotzdem vorbei. «Der Vorverkauf läuft gut, einige Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Aber es hat noch genug Tickets», so Hilfiker. Zudem habe der Chappelehof als Aufführungsort auch einen besonderen Vorteil. «Man kann mit dem ÖV hinund später am Abend auch wieder zurückfahren», macht Niklaus Meyer deutlich.
Auf und neben der Bühne an den Details feilen
Noch gibt es einiges zu tun, um den Baustellen-Groove zu vertreiben. Auch am Stück selbst wird intensiv gefeilt. «Die einzelnen Szenen klappen schon gut, jetzt geht es um das Zusammenfügen der einzelnen Elemente, um den Feinschliff», erklärt Meyer. Dafür wird an den kommenden drei Wochen intensiv geprobt. «Wir sind vor allem froh, dass die bitterkalten Proben im Holzschopf vorbei sind», lacht Pascal Meier, der im OK für die Kommunikation zuständig ist. Da nimmt man den derzeit erschwerten Zugang in den Saal noch gern in Kauf. «Vor fünf Jahren haben wir an einem Fest auf den Erfolg des Kammerdieners angestossen», schaut Pascal Meier zurück. «Da wurde der Samen gelegt. Dass wir aber jetzt wieder an einem solchen Grossprojekt arbeiten, das hätte damals niemand für möglich gehalten.» In drei Wochen kommt es nun aber doch zur Fortsetzung. Nicht im «Rössli». Aber im Chappelehof.
Weitere Informationen und Tickets: www.theater-villmergen.ch.